Schtraworski. John Otis
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Schtraworski - John Otis страница 6
Sammy joggt, „komm doch mit joggen“, sagt er, „sonst schimmeln dir die Teile noch ab“, ich glotz immer noch auf meine Hände, sterb ich gleich an Unterkühlung? Das wär ein ziemlich bekloppter Tod.
„Stopf sie dir in die Hose und halt deine Klöten fest“, schlägt er vor.
Klingt gut. Jetzt steh ich da, meine Arme versunken in meiner Hose und knabber an meiner Unterlippe.
„Und sonst so?“ Frag ich.
„Naja, läuft läuft.“ Kurze Stille, dann: „muss dann auch mal weiter“, sagt er. Wir verabreden uns für morgen zum Laufen.
Ich schmeiß Kleider durch die Luft. Knie vor meim Schrank, da ist nur Scheiße drin. Ganz viel altes Zeugs von meinem Vater. Ist da auch Scheiße drauf? Kleiner brauner Fleck auf meiner einzigen kurzen Sporthose. Das wär ja nochmal ne Spur härter, wenn mir mein Vater immer auf die Klamotten kackt, wenn ich schlafe. In dem Tangar hier kann ich eh nicht raus. Meine Eier hängen schon tiefer, als der Stoff geht. Und zu kalt ists sowieso. Ich wag mal was.
„Vater, kauf mir ne neue Jogginghose“, sag ich.
„Jetzt werd hier mal nicht frech“, sagt er, er ist halbwegs gut gelaunt.
„Ich brauch aber eine.“
„Was ist mit meiner alten kurzen?“
„Da fällt mir immer der Schwanz raus, wenn ich zu schnell laufe.“
„Dann lauf doch nicht so schnell...“
„Aber ich will draußen laufen...“, sag ich kleinlaut.
„Wenn du zeigst, dass du wirklich ernsthaft Sport betreiben willst, kauf ich dir nen Trainer, ne chice Ausrüstung und einen von diesen verfickten Startblöcken!“ Mein Vater lacht. Er lacht mich aus. Das kriegst du nie hin, denkt er, nur weil er selbst so fett ist. Ich geb auf. Und jetzt?
Ich hab bloß eine richtige Hose und wenn ich die kaputt oder dreckig mach, lässt mich mein Vater bestimmt nackt in die Schule gehen...
Die Bärchenhose? Ich zieh lange Unterwäsche an, drüber die gefütterte, alte Pyjamahose mit zwei, drei grinsenden Bären-Fressen drauf. Eigentlich doch scheiß egal? Sammy wird wohl kaum auf meine Hose glotzen? Sicherheitshalber mal ich den Bären grimmige Edding-Augenbrauen und Spitze Zähne an. Das wird meinen Coolness-Faktor bestimmt steigern...
Und Sammy wird mich respektieren, weil er mich fürchten wird!!!
Es klingelt.
„OH MEIN GOTT DAS IST ER, OH MEIN GOTT DAS IST ER!“ Kreische ich schrill, hüpfe hysterisch umher. Zum Glück ist mein Vater irgendwo anders, er hätte mir wohl, während ich noch am Hüpfen bin, einfach in die Eier getreten.
Ich öffne die Tür, sage möglichst gelangweilt:
„Hi.“
„Na, kanns losgehen?“ Fragt Sammy.
„Ich bin immer bereit“, sage ich ein bisschen verschwörerisch.
„Hast du so was schon mal gemacht?“
„Ich“, sag ich noch ein bisschen verschwörerischer, „mach so was immer.“
„Hä? Das ergibt doch jetzt gar keinen Sinn?“
„Tut es das?“
„Hm... aufwärmen?“
Ich mache Knie-Bäugen wie bekloppt. Sammy dehnt sich. Ich will endlich losrennen, damit er nicht merkt wie nervös ich bin und dass ich ein bisschen zittere. Wir joggen los. Der Schnee knarzt unter unsren Schritten. Die kalte Luft schnürt mir die Kehle zu. Speichel sammelt sich auf meiner Zunge, ich spucke aus.
„Bäh!“ Sagt eine Passantin, die uns beim Laufen zuguckt, „bäh bäh bäh!“ Wie wir an ihr vorbei sind, dreh ich mich kurz um, sie schaut mich noch immer angeekelt an. Sammy zuckt mit den Schultern. Ich hätte ihr den Finger zeigen sollen.
Am Stadtrand kann ich nicht mehr. Ich wechsle über in einen flotten Power-Walk. Sammy zeigt sich nicht sonderlich beeindruckt. Er ist wirklich verflucht athletisch, zieht an, springt über den verschneiten Feldweg. Ich bleib stehen, keuche, setz mich in den harten Schnee. Ich dampfe wie ein gegrilltes Spanferkel. Mein Kopf ist klar und leer. Sammy macht seine Runde, holt mich wieder ab.
Bei ihm schlürfen wir blaues Gatorade, ich bin zu kaputt, um nervös zu sein.
„Power-Riegel?“ Fragt er, gibt mir son Dings mit viel Zeugs drin. Wir machen sie super stark, nein ehrlich, steht da auf der Verpackung und man sieht einen pervers muskulösen Mann, der sich so nen Riegel in den Mund stopft. Da sind alle Vitamine von A-Z drinnen. Und noch ganz viel Brokkoli. Schmeckt aber wie Schokolade.
„Wie gefällts dir hier eigentlich? Bist ja neu hergezogen“, frag ich, ein bisschen leise.
„Kenn hier noch kein Schwein.“
Ich nicke. Ich auch nicht, will ich sagen, aber lieber nicht.
„Morgen mal die Schule anschaun...“, sagt er.
„Bist aufm Gymi?“
„Ja ja.“
„Da bin ich auch.“
Joggen war leichter. Da muss man bloß rennen und nicht riskieren zu zeigen, dass man jemanden interessant findet.
„Ich muss gehen“, sag ich. Sammy guckt mich überrascht an.
„Schätze sehn uns in der Schule“, sagt er. Ich stapf den Weg zurück nach hause.
3
Er hat ihr eine gelangt. Am Frühstückstisch seh ichs. Sie versteckts nicht mehr. Weiß nicht, ob das eine Verbesserung ist. Das nächste mal muss ich was dagegen machen. Ich bin alt genug. Oder zerstöre ich damit unsre Familie? Vielleicht ist es gar nicht so schlimm für sie. Sie ist ja noch hier. Und naja, 95 % ihrer Interaktionen verlaufen gewaltfrei, manchmal schlägt sie auch zurück.
Samstag morgen. Physik. Ich berechne dies und das. Der Wind weht Schneeflocken gegen mein Fenster. Ich schmeiss das Physikbuch in die Luft. Es landet offen und der fette Mann mit Zwirbelschnauzer von Seite 64 schaut mich fordernd an: „Bitte berechnen Sie...“, sagt er.
Ich mal ihm einen Penis ins Gesicht. Bitte berechnen Sie … diesen Penis, vervollständige ich den Satz. Ich krieg mich nicht mehr. Ich grunz wie ein Schwein, benetze das Buch mit Spuckefäden. Scheiße, fällt mir ein, das war mit Kulli. Das kann man nicht mehr weg radieren... Das war schon drin, werd ich sagen. Herr Geyer wird mir glauben.
Ich geh spazieren, zieh meine Halbschuhe an, die sich bald mit gelb gefärbtem Schnee füllen. Jeder Schritt sticht. Ich geh zum Waldsee. Kein Schwanz hier. Das Eis ist wohl zu dünn, um Schlittschuh zu laufen. Mal austesten. Meine profillosen Schuhe gleiten über das gefrorene Wasser. Es knackt hier und da, aber geht noch. Nur am Rand krach ich ein. Aber bloß bis zum Knöchel. Da isn Fisch. Im Eis gefroren. Ich leg mich auf den Bauch,