Schtraworski. John Otis
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„Was ist Licht?“ Fängt Herr Geyer an.
„Das ist Licht“, sagt Martin und zeigt auf die Leuchtröhren an der Decke.
„Sehr gut, Martin“, sagt Herr Geyer. Er befeuchtet den Tafel-Schwamm, hält ihn unters Wasser des Spülbeckens, klatscht ihn in Martins Gesicht. Das hätte er eigentlich kommen sehen müssen. Herr Geyer liebt es, seine Schüler zu taufen. Normal sagt er dann immer so Sachen, wie: und ich taufe dich auf den Namen: Schwammfresse. Heute hat er da keinen Bock drauf. Martin legt beschämt den Schwamm vor sich auf den Tisch. Zurück schmeißen traut er sich dann doch nicht. Herr Geyer kann ein verrückter alter Drecksack sein.
„Was ist Licht?“ Fragt er nochmal.
Wellen, Wellen, WELLEN Meine Gedanken werden scheiß laut. Ich kann sie kaum noch in meinem Kopf behalten.
„Fitzssss“, ein seltsamer Laut bricht aus meinem Mund aus, das klang auch für mich selbst merkwürdig. Alle glotzen mich an. Martin lacht mich aus.
„Ja?“ Sagt Herr Geyer.
„Licht besteht aus Wellen!“ sag ich.
„Setzen, 1 plus mit Bärchen-Sticker“, sagt Herr Geyer. Ich werde rot. In einer nervösen Selbstvergessenheit verbeuge ich mich sogar ein bisschen. Zwei, drei mal, beim dritten mal tu ich so, als wollte ich eigentlich nur meinen Kopf auf den Tisch legen, knall dabei ein bisschen gegen das harte Holz. Durch eine Drehung des Halses versuche ich meiner Bewegung doch noch die nötige Eleganz zu verleihen. Ich starr Caroline Hintermeyer auf ihre Pausbäckchen. Sie starrt zurück. Ich dreh mein Kopf in die andere Richtung. Ich wäre gerne einer von diesen Krebsen. Ja, die in den großen Muscheln leben. Immer wenn ich dann kein Bock mehr hab, krabbel ich einfach in das Haus zurück, das irgendwie an meinem Rücken klebt. Und wenn du dann irgendne Scheiße von mir willst, dafür gibt’s nen Briefkasten, der vorne an dem Häuschen hängt, da kannste dann deine Postkarte reinstopfen.
Aber is nich drin, was würden denn die Menschen denken? Krebs-Nick... Ich bin meiner Zeit weit voraus.
„Genau, schlaf ein bisschen, kannst es dir ja leisten, Nicklas“, sagt Herr Geyer. Ich säusel vor mich hin.
Die Leute gehen, ich wache auf. Herr Geyer will noch was von mir. Er lobt wieder meine Arbeit.
„Immer fleißig weitermachen“, sagt er, „ja und wenn du mal erwachsen bist, dann könnte all das hier dir gehören.“ Mit einer feierlichen Geste breitet er seine Hände über dem Lehrerpult aus, als wollte ers mir, inklusive seiner beknackten Einstein-Mini-Statue, die er immer am Anfang seines Unterrichts aufstellt, übergeben.
„Dann bist du Lehrer und alle werden sagen: Seht, da ist Nicklas Stäufer und er ist ist ein Lehrer, er ist bestimmt ziemlich cool.“
„Mh hm“, sag ich. Da ist nicht mehr zu sagen, ich weiß nicht, was das sollte.
Sport am Nachmittag. Noch ne halbe Stunde. Ich hol mirn Apfel, ne Leberkässemmel und Müllermilch, bleib draußen am Zaun stehen und guck den kleinen Kindern beim Spielen zu. Die Zigarette danach schmeckt mir ordentlich. Ich sollte öfter rauchen. Die Passanten schaun mich an und schütteln die Köpfe. Weil ich ausseh wie 14. Kleines süßes Mädchen glotzt mich von unten an. Wird keine 8 sein.
„Nimmst du Crystal Meth, Motherfucker?“ Fragt sie. Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Sie läuft die Treppe hoch, steht neben mir, zieht an meiner Hose. Läuft dann hysterisch kreischend zu den anderen Kindern runter, brüllt: „jetz hab ichs, jetzt hab ichs und es ist ansteckend!“ Die Kinder stoben panisch auseinander, die Kleine rennt ihnen hinterher und putzt ihre Hand an jedem ab, den sie erwischt. Ja, jetzt haben sies alle. Jetzt haben sie Nicklas Stäufer. Die Kleine bleibt stehen. Schaut kurz verwirrt. Kurz aber zu lange. Mein Apfelbutzen trifft sie an der Schläfe. Knock-Out. Ich geh jetzt besser. Die Müllermilch läuft mir in Strömen aus der Nase und ich grunz vor Lachen.
Ich zieh mich um. Beschämt von all der Nackheit starr ich auf den Boden. Klatsch klatsch machts, irgendwer haut sein Teil auf die Bank. Ich setz mich, zieh meine Sportschuhe an. Jemand furzt mir ins Gesicht. Ich schau auf. Thomas!!! Mein Häscher. Martin und Thomas, ihr Schwuchteln, ich weiß genau, dass ihr euch eigentlich regelmäßig gegeneinander in den Arsch fickt. Wir rennen im Kreis. Herr Dröge macht sein Nazi-Quatsch.
„Und eins und zwei und drei und vier, schneller, höher, weiter!“ Sagt er, der professionelle Homo, klatscht den hübschen Jungs auf die Arschbacken, brüllt die hässlichen an. Manchmal ist es gut scheiße auszusehen.
Hochsprung. Ne, keine Lust. Ich versuch unter der Stange durchzusegeln. Is nich drin. Ich knall mit dem Kopf gegen dieses scheiß Brett, reiß es runter, wir liegen nebeneinander auf der Matte. Mein Schädel pocht.
„Mann, bist du hardcore“, sagt Thomas, sah wohl so aus, als hätte ich auf die Latte gezielt.
„Weiter weiter“, brüllt Dröge. Sie springen um die Wette, ich leg mich auf den Boden. Die Welt dreht sich. Bei den Ringen muss ich wieder ran, ich pendle wie ein Sandsack, jetzt schon im 45 Grad Winkel, Herr Dröge feuert mich an, ich kann nicht mehr, lass die Ringe los, knall auf den Boden und dazwischen, zwischen mir und dem kalten harten PVC: der hässliche Gunnar. Ich danke Gott für diesen Fettsack. Er dämpft meinen Sturz, ächzt, piepst. Für einen Moment verharre ich, wir schaun uns tief in die Augen, zwanzig Zentimeter trennen uns.
„RUNTER!“ Piepst Gunnar.
Ich versuch aufzustehen, will mich am Boden abstützen, aber Gunnar ist überall. Irgendwie schaff ichs dann doch, roll mich runter. Da klebt was an meinen Händen. Scheiße, das ist Pisse. Der hässliche Gunnar hat sich angepisst. Bin wohl unsanft auf seiner Blase gelandet. Ich wisch meine Hand an Gunnars Shirt ab. Er liegt immer noch aufm Boden, steht langsam umständlich auf.
„WÄÄÄÄÄ!“ Brüllt Martin, Thomas lacht sich einen ab. Herr Dröge hat keine Ahnung, was er sagen soll. Gunnar wird rot und läuft davon. Direkt raus, ohne Umwege über die Umkleide, lässt sein Zeug liegen. Er wär wohl am liebsten bis nach Mexiko gelaufen. Ist nich drin. Morgen würde er wiederkommen. Als Gunnar? Ne, kannste vergessen. Als Pipimann.
Auf dem Weg nach Hause treff ich Sammy.
„So kreuzen sich unsre Wege wieder einmal“, sag ich mit tiefer, verheißungsvoller Stimme.
„Wassis?“ Fragt er.
„Nichts nichts“, sag ich kleinlaut, „und... äh... du so?“
„Nicht viel, Schule und so, hab mir grad die Innenstadt angeschaut, Mann, sieht das alles hier scheiße aus.“ Ja ja, für jemanden, der aus Hamburg kommt gibt das hier nicht so viel her. Hamburg! Landungsbrücken, Musicals, Fisch Fisch Fischi Fisch Fisch.
„Gibts in Hamburg nicht zu viel Fisch? Ich mein, …Da gibt’s doch nicht wirklich was, was nicht aus Fisch ist“, sag ich. Bekloppt! Was red ich hier eigentlich? Hab den Satz angefangen, begriffen, dass er Bullshit ist, aber was hätte ich machen sollen? Ich musste ihn zu Ende reden.
„Magst kein Sushi, hö?“ Fragt Sammy.
„Nich so wirklich“, sag ich, „nein.“
„Echt nich?“ Fragt er nochmal, grinst, seine Zungenspitze tanzt aus seinem Mund raus und schnellt dann wieder zurück. Ist das jetzt obszön oder ist der Typ gestört? Sushi, Muschi? Gibt es da einen Zusammenhang?
„Grüß Gott“,