PISHTACO. Peter Splitt

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PISHTACO - Peter Splitt

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      Mit einem Zug leerte er sein Weinglas und stellte es demonstrativ vor Elias auf den Tresen. Mittlerweile waren die ersten Musiker aufgetaucht und schleppten Instrumentenkoffer, Notenständer und diverse musikalische Utensilien in den Schankraum. Wie an jedem Abend bot Elias seinen Gästen ein ständig wechselndes Musikprogramm. Heute war Jazz an der Reihe.

      „Na dann wünsche ich dir einen angenehmen Flug.“

      „Danke Elias, ich kann`s gebrauchen. Damit überließ er Elias seinen Musikern und deren erste Akkorde.

      Am Tag darauf stand er zeitig mit seinem Flugticket in der Hand vor dem Abfertigungsschalter der LAN Airlines und wartete darauf, dass sein Flug aufgerufen wurde. Plötzlich hörte er, wie jemand seinen Namen rief. Die Stimme gehörte Peter Baumann, den er nicht sofort erkannte, weil er eine Sonnenbrille trug.

      „Hallo Claudio“, sagte er. „Gut, dass ich dich hier noch antreffe. Staatssekretär von Sanden ist mächtig nervös geworden. Er hat von mir verlangt, dass ich dich noch einmal in die Pflicht nehme und dich an die delikaten Umstände deiner Aufgabe zu erinnern.“

      „Und deshalb bist du extra nach Frankfurt gekommen?“

      „Unter anderem.“

      „Da kann ich dich voll und ganz beruhigen. Mir ist schon klar, dass ich in einer südamerikanischen Großstadt einen Mörder suchen soll, ohne dass dabei die wesentlichen Details an die Öffentlichkeit geraten dürfen.“

      „Nicht gerade ein Traumjob, was?“

       Baumann sah ihn mit einem mitleidsvollen Lächeln an. „Und bitte denk immer daran: Diskretion, Diskretion und nochmals Diskretion! Und vertrauen darfst du nur deinem unmittelbaren Kontaktmann. Er heißt Garcia und ist der leitende Capitan bei der PIP.“

      „Ist ja nett, dass ich auch schon davon erfahre.“ Claudio zog eine Grimasse, als wollte er grinsen, aber Baumann wusste, dass er es ernst meinte.

      „Natürlich hast du in Lima einen Kontaktmann! So ganz alleine wollen wir dich da unten nun doch nicht herumhantieren lassen. Und hüte dich vor allem vor den Journalisten. Zu niemandem ein Wort, hörst du?“

      Statt einer Antwort zuckte Claudio nur mit den Achseln. So langsam fragte er sich, auf was er sich da überhaupt eingelassen hatte. Baumann blickte auf seine goldene Armbanduhr. „Ich sehe, dein Flieger geht gleich. Ich denke ich habe dir alles gesagt und möchte dich nun nicht länger aufhalten. Viel Glück und grüß Lima von mir.“ Claudio klopfte Baumann auf die Schultern, dann drehte er sich um und ging langsam auf die Passkontrolle zu. Bald konnte Baumann nur noch seinen Rücken sowie den schwachen Abdruck seines Spiegelbildes in der Glasscheibe ausmachen. Schließlich war er ganz verschwunden und mit ihm die Aussicht auf einen schnellen Erfolg. „Hoffentlich mute ich ihm nicht zu viel zu.“

      Als Claudio den Abflugbereich betrat, wurde seine Maschine bereits aufgerufen. „LAN Peru nach Lima, Gate 29.“

      Eine hübsche Blondine, die augenscheinlich beim Bodenpersonal arbeitete, nickte ihm freundlich zu und riss gleichzeitig den Kontrollabschnitt seines Tickets ab. Unmittelbar danach trabte er durch die Gangway bis zum Eingang des Flugzeuges. Eine freundliche Stewardess wies ihm ein Sitzplatz im vorderen Drittel der Maschine zu. Das kam ihm sehr gelegen, somit würde er in Lima als einer der ersten Passagiere aussteigen können. Er schob sich langsam vorwärts und wartete geduldig bis ihm die Mitreisenden, die noch in aller Ruhe ihre Kleinigkeiten im Gepäckfach verstauen wollten, Platz boten.

      Reihe fünf, Fensterplatz, alles Bestens. Er lehnte seine Stirn an die Fensterscheibe und glaubte in der Ferne die Umrisse des Airport-Hotels erkennen zu können. Ein Sonnenstrahl blitzte kurz in das ovale Fenster und er schloss hastig das Plastikrollo. Wenig später fingen die Motoren an zu brummen und die Türen wurden geschlossen. Erst jetzt fühlte er, wie die Anspannung langsam von ihm ab lies. Direkte Flugangst hatte er keine, aber trotzdem war ihm das Fliegen nicht so ganz geheuer. Und dann ging es los: Der stählerne Vogel wurde auf die Rollbahn manövriert, der Pilot bekam die Freigabe, drückte den entsprechenden Hebel nach unten und schon sausten die ersten Häuser an ihnen vorbei, während der Koloss langsam nach oben stieg. Fast unmerklich lichteten sich hinter dem Rollo draußen die Wolken und ein sanfter Lichtstrahl beförderte Hügel und Täler aus einem tiefen Schatten. Kleine Seen leuchteten wie silberne Scheiben, aber diese Schönheit der Natur sah Claudio nicht. Er befand sich irgendwie in einem Zustand der Schwerelosigkeit. Ohne ein Gewicht, welches ihn am Boden hielt, schien er zwischen gestern und morgen hin und her zu pendeln, für einen Moment losgelöst von seinem Leben und den Dingen, die ihm noch bevor standen.

      „Bitte anschnallen, wir überfliegen jetzt den atlantischen Ozean und es könnte zu Turbulenzen kommen“, ertönte die verzerrte Stimme des Co-Piloten durch die Bordlautsprecher. Das Geräusch ließ Claudio zunächst zusammenzucken, er fing sich jedoch schnell wieder und versuchte nicht darüber nachzudenken. Der silberfarbene Airbus befand sich bereits unmittelbar über dem riesigen Ozean, als er zum ersten Mal das Plastikrollo wieder nach oben schob. Das dunkelblaue Meer versank unter ihm im bleichen Dunst der Ferne, dann zog die Maschine eine Schleife und drehte in westliche Richtung ab. In etwas weniger als zehn Stunden würde sie auf dem internationalen Flughafen Jorge Chavez in Lima landen. Vielleicht sollte er doch versuchen ein wenig zu schlafen.

      Kapitel 5

      Der große Airbus A 320 der peruanischen Fluggesellschaft LAN verlor langsam an Höhe und war im Begriff sich dem Flughafen Jorge Chavez zu nähern. Claudio drückte seine Nase an dem ovalen Fenster platt und beobachtete die Umgebung Limas in der prallen Sommersonne. Es kam ihm alles irgendwie fantastisch vor und er freute sich sehr auf die Rückkehr in ein Land, dass er ganz besonders mochte. Die Räder des enormen Jets berührten den Boden und verursachten eine leichte Erschütterung in der Kabine. Einige der Passagiere applaudierten, froh wieder festen Boden unter ihren Füßen zu wissen. Das Flugzeug blieb nach einem letzten Rütteln endlich stehen und der Lärm der Motoren verstummte. Sofort machte sich eine allgemeine Mobilität unter den Passagieren breit, während das Bordpersonal versuchte, sie für das Verlassen der Maschine vorzubereiten. Claudio blieb noch sitzen und beobachtete die leichten Wolken über dem Himmel der peruanischen Hauptstadt. Später stand er auf und folgte einfach der Menge auf dem schmalen Gang bis zur Gepäckausgabe, wo er seinen Koffer einsammelte und sich danach brav in die Schlange vor der Migrationskontrolle stellte. Weitere Menschen sammelten sich um ihn herum, aber keiner schien etwas anderes zu sein als einfach ein Reisender ohne Eile. „Willkommen in Südamerika!“

       Und dann geschah doch noch etwas Unvorhergesehenes. Ein Unbekannter mit einem schwarzen Aktenkoffer wurde vor seinen Augen festgenommen und abgeführt. „Sachen gibt`s…“ Und trotzdem zeigte er keine Gefühlsregung, als er vor der Passkontrolle stand.

      „Auf Urlaubsreise?“, fragte ein neugieriger Beamte. Claudio nickte zustimmend und murmelte das Wort Cuzco. Das erklärte alles. Im gleichen Augenblick bekam er den ersehnten Einreisestempel in sein Dokument gedrückt. „Buen venidos a Peru!“ Er war angekommen.

      Draußen vor dem Flughafengelände wartete das wahre Leben auf ihn. Unzählige Taxifahrer priesen ihren Service an. Dazu traf ihn die Hitzewand wie ein Schlag. Rasch setzte er seine Sonnenbrille auf, jetzt fühlte er sich besser. Ohne zu zögern stieg er in das Taxi, welches in der ersten Reihe stand.

      „Miraflores“, sagte er. Der Fahrer nickte mit dem Kopf, fingerte ein wenig an seinem Taxameter herum und verlangte 50 soles.

      

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