Flammenreiter. Thomas Riedel

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Flammenreiter - Thomas Riedel

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Es lief ihr kalt über den Rücken hinunter. »Möge Gott Erbarmen mit Ihnen haben und ihnen gnädig sein.«

      Die gläubige Frau begann zu beten. Sie empfand es als ein großes Geschenk beten zu können. Im Gegensatz zu ihrem Mann. Den hatte sie nie wirklich davon überzeugen können. Ihm war es immer schwergefallen, weil er ihrer Meinung nach zu wenig vom Gebet erwartete. Zumindest vermutete sie das. Leise konnte man Wortfetzen aus dem allen Christen vertrauten Vaterunser vernehmen.

      »Vater unser im Himmel ... dein Name ... Wille geschehe, wie im H ...«

      Callum Cavanaugh vernahm es mit halbem Ohr. Er hörte nicht genau hin. Mit seinen Gedanken war er bei den O’Sullivans. Er stürmte zur Tür, schlüpfte in seine Gummistiefel, riss seine Jacke vom Kleiderhaken und warf sie sich über.

      Erschrocken drehten sich seine Eltern zu ihm um.

      »Wo willst du hin!«, rief sein Vater. »Du kannst jetzt auf keinen Fall da hinaus!«

      »Bleib hier!«, reagierte seine Mutter panisch. »Das überlebst du nicht, mein Junge!« Sie hastete zu ihm und versuchte ihren Sohn am Ärmel festzuhalten. »Du kannst nichts tun, Callum! Gegen diese Dämonen bist du machtlos! Geh‘ bitte nicht!«

      Der junge Cavanaugh schüttelte sie ab. Seine Mutter begann zu schluchzen.

      »Bitte, Callum!«, bettelte sie voller Verzweiflung. Tränen liefen ihr über das Gesicht. »Bitte! Sei vernünftig!«

      »Fünf Menschen schweben in Lebensgefahr! Ich kann doch nicht einfach still dasitzen und zuschauen!«

      Ohne eine Antwort abzuwarten riss Callum Cavanaugh die Haustür auf, trat auf die Veranda und rannte in die finstere Nacht hinaus.

      Er schaffte knapp sechzig Yard, da packte ihn bereits mit unvorstellbarer Kraft eine erste Sturmbö und drückte ihn heftig zu Boden. Der junge Mann rang nach Luft. Mühsam stemmte er sich wieder nach oben und stolperte weiter.

      Callum Cavanaugh hatte die herrschenden Naturgewalten völlig unterschätzt. Aber nicht nur die, auch die Wildheit und Skrupellosigkeit der Flammenreiter. Er hatte nicht den Hauch einer Vorstellung wie wild und skrupellos sie waren. Noch gab er sich der Auffassung hin, sie würden den Menschen nur einen gewaltigen Schrecken zufügen. Wieviel Brutalität und Grausamkeit sie an den Tag legten, überstieg seine Fantasie um ein Vielfaches.

      Beklommen und mit einem unguten Gefühl sahen ihm seine Eltern dabei zu, wie er auf dem Weg zum Waldstück vorwärtskämpfte, langsam, Schritt auf Schritt. Hollie O’Sullivan gab sich keiner Hoffnung hin, ihren Sohn noch einmal lebend wiederzusehen. Sie weinte bitterlich.

      Der junge Cavanaugh hatte die halbe Strecke zum Waldrand geschafft. Am liebsten wäre er umgekehrt, aber ihm war bewusst, dass er das auf keinen Fall tun durfte. Konnte er sich mit seinen Eltern auf Laoghaire verkriechen, während die O’Sullivans um ihre Zukunft oder schlimmer noch, um ihr Leben kämpften? Er konnte es nicht. Auf keinen Fall wollte er deswegen sein Leben lang mit einem schlechten Gewissen herumlaufen.

      Er machte seinen Eltern daraus keinen Vorwurf, dass sie sich nicht aus dem Haus wagten, auch wenn er seinen Vater gern an seiner Seite gehabt hätte. Aber Callum Cavanaugh wusste auch, dass sein alter Herr nicht mehr so kräftig war, es mit einem Ansturm entfesselter Gewalten aufzunehmen. Letztlich war es auch besser so, denn jetzt konnte sich sein Vater um seine Mutter kümmern.

      Endlich hatte der junge Cavanaugh den Rand des Waldes an den Hügel erreicht. Die Situation wurde zunehmend gefährlicher. Losgerissene Zweige flogen wie gefährliche Geschosse durch die Luft. Der Sturm trieb sie vor sich her.

      Mehrfach wurde Callum Cavanaugh von dünnen Zweigen im Gesicht getroffen. Er fühlte es warm über die Finger rinnen, als er sich an die Wange griff. Er blutete. Er wollte nicht darüber nachdenken, was passiert wäre, hätten sie seine Augen getroffen.

      Der junge Mann hatte ein ungutes Gefühl. Nie zuvor hatte er ein derartiges Unwetter in dieser Gegend erlebt. Und er fragte sich unweigerlich, wer diese höllischen Gewalten entfesselt hatte? Waren es diese Flammenreiter? Und was suchten sie hier? Kamen sie von allein? Hatte sie jemand geschickt? Und wenn ja, wer? Verzweifelt suchte er nach Antworten.

      Einem inneren Gefühl folgend machte er einen gewaltigen Sprung nach vorn. Keine Sekunde zu spät, wie er gleich darauf feststellte. Er hatte die Gefahr nicht erkannt. Er hatte sie instinktiv erahnt und rechtzeitig reagiert. Haarscharf war er einem abgebrochenen Baumwipfel entgangen, der unmittelbar hinter ihm auf dem Boden aufschlug, und die Erde leicht erbeben ließ.

      Callum Cavanaugh drehte sich um und hielt die Luft an. Er hatte unendliches Glück gehabt. Hätte ihn der abgebrochene Wipfel des riesigen Baumes getroffen, er wäre auf der Stelle tot gewesen, schoss es ihm durch den Kopf und lie0 ihn erschauern. Er versuchte nicht weiter darüber nachzudenken und lief weiter. Vom naturbelassenen, recht verwilderten Wald erhoffte er sich einen gewissen Schutz. Er ging davon aus, dass die Bäume hier so dicht wuchsen, dass abgebrochene Äste und Baumkronen im Geäst der anderen Bäume hängenbleiben würden.

      Dann hatte er es endlich geschafft. Er befand sich im Windschatten des Waldes. Callum Cavanaugh konnte seine eigene Hand vor Augen nicht erkennen. Er ärgerte sich darüber keine Taschenlampe mitgenommen zu haben. Andererseits kannte er den Weg ausgezeichnet und so kam er rasch voran.

      Längst hatte der junge Mann jedes Zeitgefühl verloren. Nach einer gefühlten Ewigkeit hatte er den Wald schließlich durchquert und näherte sich dessen Rand. Als er aus den dicht beieinanderstehenden Baumreihen heraustrat, sah er überrascht nach oben.

      Das Unwetter war verschwunden. Groß und weich stand der mild strahlende Mond in seiner ganzen Pracht am jetzt wolkenlosen Himmelszelt. Unzählige Sterne funkelten am dunklen Firmament. Der zuvor herrschende orkanartige Sturm hatte sich im Nichts aufgelöst. Alles wirkte friedlich. Stille war eingekehrt ... eine merkwürdige, gespenstische Ruhe.

      Als Callum Cavanaugh seinen Blick abwandte und in Richtung des Farmhauses der O’Sullivans sah, zeigte sich, dass dieses Bild des Friedens so gar nicht zu dem grauenhaften Anblick passte, der sich ihm bot. Er brauchte mehrere Sekunden, um das entsetzliche Szenerie in sich aufzunehmen.

      Gellend schrie er auf.

      Einem unheimlichen Echo gleich, wurde sein Schrei von der schweigenden Wand des Waldes zurückgeworfen.

      Die Farm der O‘Sullivans, beziehungsweise das, was davon noch übrig war, erinnerte Callum Cavanaugh an Bilder von Kriegsschauplätzen. Es sah aus, als hätte eine Bomberflotte ihre todbringende Fracht über dem Stück Land entladen, um vorrückenden gepanzerten Einheiten Platz zu schaffen. Bizarr zeichneten sich die Ruinen der Gebäude im fahlen Mondlicht ab. Wie mahnende stählerne Finger erhoben sich die weggebrochenen Freimasten der Strom- und Telefonleitungen in den Himmel. Sie wirkten wie geknickte Streichhölzer und ihre Leitungen bildeten ein unentwirrbares Knäuel.

      So weit wie er sehen konnte, waren die Drahtzäune, die die Weiden begrenzt hatten, aufgerollt und zerfetzt. Er konnte kaum glauben, als er sah, dass sie förmlich um die Baumstümpfe, nicht mehr vorhandener Bäume, geschlungen waren. Alle Bäume waren dicht über dem Boden abgeknickt. Wie die Leitungsmasten streckten sich die noch frischen, hellen Stümpfe anklagend dem schwarzen Himmel entgegen.

      Einem inneren Impuls folgend ging Callum Cavanaugh wie betäubt auf die Farm der Nachbarn zu. Es fiel ihm schwer das Grauen auch nur Ansatzweise zu erfassen. Aus den Augenwinkeln heraus registrierte er die zahllosen Tierkadaver auf den Weiden. Nicht ein Tier war von den entfesselten Gewalten verschont geblieben.

      Von der Scheune

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