Die Servator Verschwörung. Jürgen Ruhr

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Die Servator Verschwörung - Jürgen Ruhr

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es sich um Listen von Namen und deren Verbindungen untereinander. Einige kannte er, andere wiederum waren ihm völlig unbekannt. Auch die Namen, auf die verschiedene Querverweise zeigten, kamen ihm teilweise bekannt vor. Es handelte sich um Industrielle oder Firmen, von denen er schon gehört hatte. Es war unschwer daraus zu lesen, dass es sich hier um eine Auflistung vermutlich korrupter Politiker und deren ‚Sponsoren‘ handelte. Ron musste an seine Kollegen denken, die sich ja mit dieser Thematik befassten. Die Zettel würden ihnen bei ihren Recherchen bestimmt helfen können. Sorgfältig packte er alles wieder in den Umschlag zurück.

      Anschließend warf er einen Blick auf das Foto. Viel war nicht zu erkennen, da der ganze obere Teil des Bildes fehlte. Jemand musste das Foto in der Mitte durchgerissen haben, das vermutlich eine Porträtaufnahme gewesen war. Jetzt konnte er lediglich noch die untere Gesichtshälfte bis zur Nase erkennen. Einer plötzlichen Eingebung folgend, suchte Ron im Internet nach einem Foto des Generalstaatsanwaltes. Es gab nicht viele davon, aber nach einiger Zeit wurde er fündig. Man hatte ein recht brauchbares Bild auf einer Presseveranstaltung der Staatsanwaltschaft geschossen. Ron druckte das Foto aus, dann verglich er die beiden Bilder. Mit ein wenig Phantasie könnte es sich um die gleiche Person handeln, resümierte er dann. Rasch schob er die Unterlagen zusammen. Es wurde Zeit für das Bett, wollte er noch ein paar Stunden Schlaf bekommen.

      IV. Das Geheimnis der Karte

      Obwohl Ron die Nacht über wenig Schlaf bekommen hatte, erwachte er schon recht früh und fühlte sich topfit. Den Rucksack mit dem Einbruchswerkzeug deponierte er in dem kleinen Safe, dessen Nummer er zuvor eingestellt hatte. Ebenso verfuhr er mit einer Kopie der handschriftlich verfassten Zettel und seiner Notizen, die er auf seinem Kopiergerät und Drucker anfertigte. Den Umschlag mit den Zetteln steckte er anschließend ein. Er freute sich schon auf die Gesichter seiner Kollegen Meizel und Changa, wenn er ihnen diese Unterlagen geben würde. Hiermit bekamen die beiden schließlich eine Menge Informationen über die Verbindungen der Politiker zur Industrie. Vielleicht würden sie ja auch herausfinden, wer der Verfasser dieser Notizen war.

      Zurück in der Redaktion sah Ron seinen Arbeitsplatz wieder von dem jungen Mann besetzt, der offensichtlich seinen Weg aus der Kaffeeküche zurück gefunden hatte. Ron überlegte, dass es vielleicht sinnvoller sei, ihn an einen der anderen verwaisten Schreibtische zu setzen. Aber das hatte Zeit. Zunächst drängte es ihn, mit Meizel und Changa wegen der gefundenen Unterlagen zu sprechen. Auch Egon Müller schien wieder gesund zu sein, denn er kam gerade mit einem Kaffeebecher aus der kleinen Küche.

      Ron nickte dem Mann freundlich zu: „Guten Morgen Herr Müller. Geht es ihnen wieder besser?“

      „Danke, ja. Und ihnen auch einen guten Morgen.“ Müller schob sich an ihm vorbei und verschwand in Richtung seines Schreibtisches. Ron warf einen kurzen Blick in die Kaffeeküche und begrüßte Maike, die ihrer Kaffeekochaufgabe nachging. Kurz angebunden grüßte sie zurück.

      Zinad Changa fand er an dessen Schreibtisch, wo der Inder heftig auf seiner Tastatur herumtippte. Changa maß vielleicht ein Meter achtundsechzig und war eher von gedrungener Statur. Der Sechsundfünfzigjährige trug eine dicke Brille und verfügte nur noch über spärliche Haare. Ron sah über dessen Kopf hinweg auf den Text am Bildschirm und stellte fest, dass es sich um einen Artikel über irgendein Fußballspiel handelte.

      „Morgen Zinad. Alles klar?“, grüßte er den Kollegen.

      Der hob nur kurz den Kopf und sah Ron mit ausdruckslosen Blick an. „Ja, alles klar.“ Dann tippte er wieder wie wild an seinem Artikel.

      Ron, der ein feines Gespür dafür hatte, wenn etwas so gar nicht stimmte, legte Zinad die Hand auf die Schulter. „Nichts ist klar. Was ist los, Zinad? Ich habe etwas für euch.“ Er hielt den Umschlag hoch. „Äußerst brisante Informationen, die ihr für euren Korruptionsfall bestimmt gebrauchen könnt.“

      Zinad schüttelte den Kopf: „Es gibt keinen Korruptionsfall mehr“, brachte er dann leise hervor. Und noch leiser fügte er hinzu: „Und mich bald auch nicht mehr. Jedenfalls nicht hier.“

      Ron meinte sich verhört zu haben. Was hatten die Worte Zinads zu bedeuten? „Das musst du mir erklären. Wieso gibt es keinen Korruptionsfall mehr, ihr habt doch schon ziemlich umfangreich recherchiert. Und was soll das bedeuten: dich gibt es bald auch nicht mehr? Bist du krank? Was ist los, Zinad?“

      Zinad Changa nahm die Hände von der Tastatur und wandte sich zu Ron um: „Der Artikel über die Korruption ist gestorben. Ausdrückliche Anweisung von Fellger. Meizel ist jetzt deswegen beim Chef drin. Er will versuchen, noch etwas zu retten, da unsere Recherchen doch schon sehr weit gediehen sind. Uns fehlt eigentlich nur noch ein letzter kleiner Beweis.“

      Ron grinste und schüttete den Inhalt des Umschlages auf Zinads Schreibtisch. „Und den habe ich hier für euch.“

      Changa blickte auf die Zettel und hob einen davon hoch. Er betrachtete ihn eingehend und las schließlich die wenigen Notizen darauf. Dann wandte er sich an Ron: „Was soll das sein?“

      „Das sind handschriftliche Vermerke über Verbindungen verschiedener Politiker zur Industrie. Quasi eine Auflistung, wer wen geschmiert hat. Nur die Beträge fehlen noch.“

      Zinad betrachtete die Papiere halbherzig. „Gestorben, alles gestorben“, seufzte er dann und schob sie zu Ron zurück. Der aber winkte ab. „Warum eigentlich? Welchen Grund hat Fellger genannt, den Artikel nicht zu bringen?“

      „Keinen Grund. Er sprach nur von ‚Entscheidungen an höherer Stelle‘. Was er aber damit meinte, ist mir schleierhaft. Vielleicht bezieht er sich auf eine Anordnung vom Mutterhaus in New York.“

      Ron schüttelte den Kopf: „Niemals. Die würden sich nur einmischen, wenn es sich um unmoralische oder ethisch verwerfliche Dinge handeln würde. Aber nicht bei so etwas. Nein, da muss etwas anderes dahinterstecken. Behalte die Papiere, ich werde mit dem Chefredakteur sprechen. Den Artikel werdet ihr schreiben können!“

      Zinad sah Ron verzweifelt an: „Ich wohl kaum. Am Fünfzehnten ist für mich Schluss.“

      Ron blickte den Kollegen ungläubig an: „Du willst hier aufhören? Hat man dir ein besseres Angebot gemacht?“

      Der Inder schüttelte traurig den Kopf: „Nein, nein. Fellger hat mir zum Fünfzehnten gekündigt.“

      Ronald Nayst war entsetzt: „Sag‘ das doch bitte noch einmal! Ist Fellger jetzt völlig übergeschnappt? Er kann dich nicht so einfach kündigen. Es gibt Fristen, an die er sich halten muss. Außerdem: Gute Leute lässt man nicht einfach gehen!“

      „Doch kann er.“ Zinad klang ganz kleinlaut und schien am Boden zerstört.

      Ronald sah den Kollegen scharf an: „Und warum? Da ist doch noch etwas ...“

      Zinad nickte: „Er hat mich mit Maike in der Kaffeeküche erwischt.“

      „Und? Ich war auch schon oft dort und für Maike ist es das zweite Zuhause.“

      „Ich wollte mir einen Kaffee holen“, begann Zinad stockend. „Maike hatte wohl gerade frischen aufgebrüht. Als ich mir eine Tasse aus dem Schrank nehmen wollte und den Arm hochhielt, schlüpfte sie darunter hindurch und stand direkt vor mir. Zwischen der Anrichte und mir. Ich konnte gar nicht so schnell reagieren und versuchte sie wegzustoßen, als sie plötzlich anfing zu schreien. Da wurde ich auch schon von hinten gepackt und der Chefredakteur stieß mich gegen die offene Tür. Anschließend teilte er mir in seinem Büro mit, dass ich als Mitarbeiter nicht mehr zu halten sei. Sexuelle Nötigung am Arbeitsplatz.

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