Andrea – Liebe ist nicht heilbar.. V. A. Swamp

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Andrea – Liebe ist nicht heilbar. - V. A. Swamp

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wo wir uns mit französischem Nougat, diesem mit Nüssen und Mandeln gefüllten weißen weichen Konfekt, gründlich den Magen verdarben. In Avignon aßen wir die köstlichste Bouillabaisse unseres Lebens. Das wussten wir allerdings damals noch nicht – es war unsere erste Bouillabaisse! Zu der Fischsuppe wurden wir übrigens quasi gezwungen. Wir bekamen das Zimmer nur mit der Zusicherung, in dem Gasthof auch das Abendessen einzunehmen. Eigentlich hatten wir vor, die restliche Zeit an der spanischen Costa Brava zu verbringen. Schlecht gekleidete und stark alkoholisierte Deutschmassen demonstrierten uns in Lloret de Mar die hässliche Fratze des damals zur Hochform auflaufenden teutonischen Massentourismus. Nach zwei Tagen suchten wir das Weite. In Barcelona begeisterten wir uns an den Werken Gaudis und nach zwei Tagen Barcelona beschlossen wir, das Auto im Parkhaus am Hafen stehen zu lassen und die Fähre nach Ibiza zu nehmen.

      Andrea war todunglücklich, als sie herausfand, dass die Schlafkojen nach Geschlechtern getrennt waren. Sie hatte auf Sex in einem, die Wellen in rasanter Fahrt teilenden, Schiff gehofft. In dieser Zeit war das, wenn überhaupt, nur Schwulen und Lesben vergönnt, denn Männlein und Weiblein waren im Spanien Francos auf dem Schiff streng getrennt. Auch war von rasanter Fahrt nichts zu spüren. Das Schiff war ein langweiliger Seelenverkäufer, der meines Erachtens nur noch vom Rost zusammengehalten wurde. Nachdem Andrea sich in ihren Schlafsaal zurückgezogen hatte, war ich zum Oberdeck Deck gegangen, wohl auch, um den Gerüchen des Männerschlafsaales zu entkommen. Man brauchte keinerlei Sachverstand, um festzustellen, dass von den Rettungsbooten kaum so etwas wie „Rettung“ zu erwarten war. Überall an den Schiffswänden blätterte die Farbe ab, was einen freien Blick auf die rostige Konsistenz des Schiffsleibes ermöglichte. Ich habe es immer vermieden, Andrea von meinen Beobachtungen zu erzählen und war froh, als wir am nächsten Morgen tatsächlich den Hafen von Ibiza erreichten. Wir blieben drei Tage auf Ibiza, dann hatten wir Discos und Partyrummel und das ganze drum herum gründlich satt. Spanien war bis dahin so ganz anders, als wir es uns erträumt hatten. Wir hatten auf ein Paradies gehofft mit kristallklarem Wasser und herrlichen weißen Sandstränden. Das fanden wir auf Ibiza definitiv nicht. Schließlich kam Andrea auf die Idee, vor unserer Rückreise noch kurz der Nachbarinsel von Ibiza, Formentera, einen Besuch abzustatten. Gleich am Hafen empfing uns Paco mit einer Schubkarre, in der er ohne lange zu fragen unser Gepäck und das von zwei weiteren Mitreisenden verlud, um uns dann zu seinem Hotel zu bringen. Die Bezeichnung „Hotel“ war zwar nach heutigen Maßstäben sehr hoch gegriffen, aber das einfache, weiß gekalkte, Zimmer mit einem brauchbaren Bett und einem weniger brauchbaren Kleiderschrank gefiel uns, auch was den Preis anging. Die Preise waren zu jener Zeit ohnehin fix, dafür sorgten die Kontrollbeamten des Generalissimus. Wir hatten drei Tage eingeplant und blieben drei Wochen. Es war eine der herrlichsten Zeiten meines Lebens.

      Die Tage verbrachten wir am türkisfarbenen Meer hinter den Salinen in der Nähe einer alten Salzmühle. Das Meer wird dort durch eine Landzunge geteilt, sodass zwei kleine Buchten und die mit makellosen weißen Sandstränden entstanden waren. Die Einheimischen nannten die Strände Ost- und Illetas-Strand. Niemand nahm daran Anstoß, dass der eigentliche „Illetas-Strand“ auf Mallorca liegt, und es dort zu einer Berühmtheit unter den Touristen gebracht hatte. Je nach Windrichtung war das Meer in einer der Buchten spiegelglatt, während es in der anderen Bucht bisweilen stürmisch zuging. Je nach Gusto wählten wir also die eine oder die andere Bucht zum Baden. Hier hatten wir endlich unser Paradies gefunden: Weiße Sandstrände, türkisblaues kristallklares Meer und eine Sonne, vor der wir häufig in dem nahen Pinienwald Schutz suchen mussten. Andrea interessierte sich intensiv für die Vegetation der Insel. Weiß der Teufel, wo sie das gelernt hatte. Plötzlich hielt sie mir Vorträge über Mandel-, Oliven-, Johannisbrot- und Feigenbäume. Sie ersetzte dabei oft Sachkenntnis durch überzeugende Rhetorik, glaube ich zumindest. Weiterhin faszinierten sie die unterschiedlichen Farben der Drillingsblume. Mit großer Begeisterung zeigte sie mir violette, rosafarbene und rote Exemplare. Sie kannte sogar deren lateinische Namen, ich habe so was immer sehr schnell wieder vergessen. Andreas war eben in mancher Hinsicht ganz anders gepolt.

      Zu Pacos Hotel gehörten ein kleines Restaurant und eine gut sortierte Bar. Na ja, die Bezeichnungen „Restaurant“ und „Bar“ sind vielleicht etwas hoch gegriffen, aber geschmeckt hat es uns dort immer und auch unsere Mägen und Därme haben nicht revoltiert. Wir hatten uns schon bald nach unserer Ankunft eine Art Moped gemietet und waren so leidlich mobil. Dadurch konnten wir auch die anderen Etablissements der Insel erkunden, zumindest die in den Hauptorten der Insel. Hier machten wir tolle Erfahrungen mit der spanischen Küche. Es gab ja damals noch eine Menge Fische im Mittelmeer, die die Spanier auf herrliche Weise zuzubereiten wussten. So sehr Andrea diese Fischgerichte liebte, für „Formenteraschwein“ im Restaurant „La Tortuga“ konnte ich sie nicht begeistern. Vielleicht lag das auch daran, dass aus dem Blätterdach über der Patio gelegentlich alles mögliche (und unmögliche) Getier auf die Tische und manchmal auch ins Essen fiel.

      Viele späte Abende verbrachten wir in der Fonda Pepe. Eigentlich ein Hippie-Treffpunkt, aber mit einem einzigartigen Ambiente. Auch wenn viele Hippies nicht das Geld hatten, hier ausgiebig zu essen oder zu trinken, die Fonda war ihre Verbindung zur Außenwelt. Hierher ließen sie sich ihre Post schicken, hier hinterließen sie an der Säule in der Lokalmitte ihre Nachrichten: „Billige Finca gesucht.“ „Hi, Rosa, bin mit Andie und Mona bei John in San Francisco“ und so ähnlich, lauteten die Nachrichten. Die Kneipe, einem ungemütlichen Wartesaal nicht unähnlich, war manche Nacht dermaßen voll, dass die Drinks von der Zapfstelle durch mehrere Reihen dicht gedrängt vor der Theke stehender Gäste gereicht werden mussten. In der Fonda wurde bis weit nach Mitternacht gebaggert, gesoffen, gedealt, geschnorrt...

      Hinter der Fonda war eine winzige Terrasse mit einer niedrigen Mauer. Diese Mauer wurde später sogar eine Touristenattraktion. Bei uns hieß sie damals die „Philosophenmauer“. Einige der Typen, die hier scheinbar Tag und Nacht hockten, waren so stoned, dass sie wirklich aussahen wie versteinerte Denker. Die meisten Gäste der Fonda in jener Zeit waren unvermögende, dafür aber umso durstigere Gestalten, die hier ihren Traum vom ungebundenen Leben wahr machten, und sei es auch nur für ein paar Wochen. Hier hatte man für die Goldkettchenträger, Ballermänner, der Begriff war damals, glaube ich, noch nicht erfunden, die entsprechenden Typen aber schon, und Discobräute, die die Nachbarinsel Ibiza bevölkerten, nur pure Verachtung übrig. Andrea und ich gehörten eigentlich nicht zu diesem edlen Kreis ausgestiegener Nichtsnutze, aber wir fühlten uns hier pudelwohl. Gelegentlich, das heißt fast immer, leisteten wir uns eine, o.k. ich gebe zu, meistens wurden es mindestens zwei, Flaschen spanischen Sekt, wobei uns schon damals die Marke „Freixenet“ am besten schmeckte. Weiß der Teufel, wie wir das alles bezahlten. Denn in einem waren wir den Typen der Fonda nicht unähnlich, Geld war bei uns ebenfalls sehr knapp…

      Wir sind von da an jeden Sommer nach Formentera gefahren und konnten nicht genug bekommen von dieser einmaligen Mischung aus Sonne, Sand, Meer, urigem spanischen Essen und Trinken und der lebendigsten Meute lebenslustiger Nichtsnutze, die ich je auf einem Haufen getroffen habe. Ach ja, Andrea. Ich habe dieses Mädchen sehr geliebt, und wir haben eine wunderbare Zeit miteinander verbracht. Dann haben wir sogar geheiratet. Das war, glaube ich, der Anfang vom Ende. Auf einmal fühlte ich mich eingeengt. Vielleicht war ich mir auch meiner Sache zu sicher. Jedenfalls folgte ich irgendwann allen Verlockungen, die von anderen Mädels ausgingen. Ich hatte eben das Gefühl, dass man etwas Wichtiges versäumt, wenn man nicht weiß, wie sich andere Pussys anfühlen. In der ersten Zeit konnte ich das noch vor Andrea verheimlichen. Irgendwann muss sie das dann mitgekriegt haben. Sie weigerte sich, mit mir weiter zu schlafen. Das war mir zunächst egal, da ich ja auch aushäusig gut ausgelastet war. Dann war sie eines Tages verschwunden. Ohne Szenen, ohne Aussprache, ohne irgendwas hat sie sich von mir getrennt. Ob sie inzwischen einen anderen Typen gefunden hatte, weiß ich nicht. Dann ließ sie von einer Freundin ihre Sachen abholen. Ich muss heute noch schmunzeln, wenn ich daran denke, wie präzise sie dabei vorging. Die Freundin hatte eine vollständige Liste all der Sachen, die Andrea beanspruchte. Ich habe alles sofort rausgerückt und noch etliche Bücher, Schallplatten und so ein Zeug dazu gepackt, von dem ich annahm, dass ihr diese Dinge lieb und wichtig waren. Als alles weg war, bekam ich auf einmal ein verdammt mieses Gefühl. Schlagartig wurde mir bewusst, dass mein Egoismus und meine Leichtfertigkeit eine

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