Andrea – Liebe ist nicht heilbar.. V. A. Swamp

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Andrea – Liebe ist nicht heilbar. - V. A. Swamp

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beiden Typen sind bei der letzten Station ausgestiegen. Die anderen Mitreisenden in meinem Blickfeld sind nicht so interessant. Ich kann mich jetzt auf das vor mir liegende Event konzentrieren. Wie wird Andrea aussehen? Ist sie auseinandergegangen wie eine Hefekuchenteig? Haben sich die Falten ihres gesamten Gesichtes bemächtigt? Sieht ihr Mund aus wie ein Faltenrock und ihr Hals wie der eines Truthahnes? Ich bemerke, dass ich mich unwillkürlich mit dem Rücken ganz fest in den Sitz presse, so als wollte ich auf diese Weise vor den schrecklichen Bildern ausweichen, die auf einmal vor meinem geistigen Augen vorbeiziehen. So ein Blödsinn. Vielleicht wird es ein netter Abend und falls nein, dann bringt mich die U-Bahn ganz schnell von Britz nach Kreuzberg. Da gibt es inzwischen jede Menge angesagter Kneipen, hat man mir zumindest erzählt. Kreuzberg steht schon lange auf meiner Agenda, aber aufgerafft zu einem Besuch habe ich mich seit Ritas Tod noch nicht.

      Das Haus macht von außen richtig Eindruck. Tatsächlich ist es ein ganz schöner Klotz. Seine Fassade erinnert mich an ein Haus im alten Süden der USA, in dem Rita und ich vor langer Zeit einmal einen wundervollen Urlaub verbracht haben. Mir fällt der Name des Ortes nicht ein, aber der Bundesstaat war bestimmt Louisiana. Gut, die Säulen rechts und links vom Eingang waren in den USA noch wesentlich eindrucksvoller, aber die Fenstersimse und die Haustür weisen eine gewisse Ähnlichkeit auf. Ein solches Haus in Britz? Das ist schon reichlich ungewöhnlich. Ich habe wohl Britz unterschätzt. Für mich war das bislang eine eher groß gewordene Laubenpieperkolonie und nichts, wo man wohnen möchte. Schon die Entfernung zur City hat mich bislang davon abgehalten, mich mit Britz zu beschäftigen. Ich muss erst gar nicht nach einer Klingel suchen, das Eisentor vorne an der Straße und die Haustür stehen weit offen. Mich empfängt moderater Partylärm. Im Eingangsbereich stehen ein paar Gäste eher gelangweilt herum. Ich sage höflich „Guten Abend“ und frage mich, ob einer der Gastgeber darunter ist. Andrea ist es vermutlich nicht. Die würde ich doch erkennen, oder?

      Im Haus selber scheint es keine Aktivitäten zu geben, aber hinter dem Haus erstreckt sich ein riesiger Garten. In der Mitte befindet sich eine große Rasenfläche, die lediglich durch ein paar Obstbäume unterbrochen wird. Den Rasen hat man wohl erst kürzlich geschnitten, aber die Bäume machen einen eher ungepflegten Eindruck. Dort, wo der Rasen aufhört, stehen hässliche Büsche und etwas, was wie verwildertes Gemüse aussieht. In diesem Garten hat schon lange kein grüner Daumen mehr gewirkt. Eine Menge Leute stehen in kleinen Grüppchen herum und quatschen. Ich habe schon eine Menge Geburtstagsfeiern miterlebt, aber das hier übertrifft, was die Anzahl der Gäste angeht, wohl alles bislang Erlebte. Hinten nahe der Grundstücksgrenze hat ein Discjockey seine Technik aufgebaut. Derzeit kommt von dort moderate Hintergrundmusik, wahrscheinlich will man zunächst den Gästen Gelegenheit geben, sich kennenzulernen, ohne dass die sich anbrüllen müssen. Sehr rücksichtsvoll! Ich gehe an den Besuchergrüppchen vorbei in der Hoffnung, irgendwo Andrea oder sonst ein bekanntes Gesicht zu sehen. Als ich bei dem Discjockey angekommen bin, stelle ich fest, dass dieser ein Mädchen mit sehr kurzen Haaren ist. So was nennen die Freaks heute „DJane“. Habe ich von meinem Sohn gelernt. Da fällt mir ein, dass ich schon länger nichts von ihm gehört habe. Das ist allerdings nicht weiter verwunderlich. Seine Frau kann mich nicht ausstehen. Das wäre nicht schlimm, wenn sie nicht den Kontakt zwischen meinem Sohn und mir vergiften würde. Na, scheiß der Hund drauf. Wir hatten bis zu seiner Hochzeit ein tolles Verhältnis. Die Erinnerung daran muss eben reichen.

      Links und rechts der DJane hat man zwei Open-Air-Bars aufgebaut. Die linke bietet Schnäpse, Liköre und Cocktails an. An der rechten Bar gibt es ausschließlich Champagner. Mann, hier ist wirklich alles vom Feinsten. Allerdings ist es mir für Schnäpse und Liköre noch zu früh und von Champagner kriege ich leicht Sodbrennen. Ich bin unschlüssig, was ich trinken möchte, da kommt ein hübsches Mädchen mit einem Tablett voll Getränken vorbei. Champagner, Orangensaft und Campari hat sie im Angebot. Champagner kommt nicht infrage. Orangensaft trinke ich nur zum Frühstück. Ich entscheide mich für einen Campari Soda. Auf der rechten Seite des Rasens steht ein Partyzelt. Es ist ein schöner Sommerabend, deshalb hat man die Seitenwände geöffnet. Meine Neugier lässt mich das Zelt betreten. Geizig scheinen die Gastgeber auch hier nicht zu sein: Jumbo-Shrimps-Spieße nach Cajun-Art, Platten mit Graved Lachs, Red Atun, Sushi und viele andere Leckereien werden dort auf kleinen Schildern in goldener Schrift angepriesen. Neben dem Buffet steht ein Kerl mit einer großen Kochmütze vor einem dampfenden Spanferkel und wartet anscheinend auf Hungrige. Nicht schlecht, aber Hunger habe ich derzeit noch keinen.

      Ich schlendere mit meinem Campari an den Besuchergrüppchen vorbei. Dann sehe ich, dass man neben dem Haus einen kleinen Bierwagen aufgestellt hat. Dort füllt ein Kerl mit einer großen Lederschürze, die seinen riesigen Bauch nur unvollständig bedeckt, Bier in hübsche Keramikkrüge. Also, verdursten wird hier keiner. Verhungern wohl auch nicht. Wo ist Andrea und wer sind die anderen Geburtstagskinder? Nirgends kann ich jemanden entdecken, der mich an Andrea erinnern würde. Allerdings habe ich auch nur noch eine ganz blasse Vorstellung von ihr. Meine bisherige Gästebilanz fällt nicht gut aus, zumindest was Aussehen und Zustand der Gäste angeht. Die Mehrzahl der Leute hat ihr Verfallsdatum schon längst überschritten. Gehöre ich eigentlich auch dazu? Irgendwie komme ich mir hier vor, wie auf einer Geriatrieversammlung. Dabei habe ich keinerlei Grund, mich über die anderen lustig zu machen, oder? Ich entdecke niemanden, mit dem ich in näheren Kontakt treten möchte. Da tippt mir jemand unvermittelt auf die Schulter.

       »Raimar, Mensch alter Junge, was machst Du denn hier?«

      Ich zucke zusammen, drehe mich um und blicke in ein rotes Arschgesicht, an dem ein feister Körper hängt. Ich bemühe mich, nicht unhöflich zu sein, obwohl es mich reizt, dem Kerl etwas Freches zu antworten. Und obwohl das den Typ ja nun wirklich nichts angeht, sage ich ihm spontan die Wahrheit.

      »Ich war einmal mit einem der Geburtstagskinder verheiratet,« und dann füge ich noch hastig hinzu »vor gefühlt hundert Jahren.«

      Der Typ grinst. Dieses Grinsen macht ihn noch unangenehmer. Ich beschließe, ihn von jetzt ab „Schweinchen Schlau“ zu nennen, nur zu mir natürlich.

       »Wer war es denn, Andrea oder Annegret?«

      Ich brauche einen Moment, um überhaupt die Frage zu verstehen. Dann quetsche ich mir ein »Andrea« heraus, was der Typ mit einem spöttischen »Aha!« quittiert und dann ergänzt er noch schnell:

       »Gefühlt hundert Jahre muss es auch schon her sein, dass wir zusammen studiert haben.«

      Jetzt ist die Katze aus dem Sack. Mein Personengedächtnis ist ohnehin nicht das Beste, und es fällt mir partout nicht ein, wo ich Schweinchen Schlau hintun soll.

      »Ach das Studium,« ist alles, was ich entgegnen kann, »wir hatten damals eine tolle Zeit.«

      »Dass Du Dich daran erinnerst, finde ich super!« ist seine Antwort. Ich kann mich allerdings nicht im geringsten an ihn erinnern und mein einziger Gedanke ist, den Kerl schnellstmöglich loszuwerden. Aber so einfach scheint das nicht zu sein. Der Typ quasselt weiter auf mich ein.

       »Wir sollten uns unbedingt einmal treffen und über die alten Zeiten reden. Es ist ja seitdem so ungeheuer viel passiert. Ich gehe übrigens schon eine Weile mit dem Gedanken schwanger, alle unsere ehemaligen Kommilitonen zu einem Treffen einzuladen.«

      »Zu einem Treffen? Wie meinst Du das?« ist alles, was ich entgegnen kann.

       »Na ja, ich kenne da eine wunderbare Kneipe, wo wir uns treffen könnten und über die alten Zeiten plaudern können. Ich sammel derzeit Kontaktdaten und habe schon einiges beisammen.«

      Ich schaue ihn an und merke, dieser Typ ist nicht zu bremsen. Plötzlich hält er mir sein Handy unter die Nase. Es zeigt auf dem Display eine Telefonnummer.

      

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