Andrea – Liebe ist nicht heilbar.. V. A. Swamp

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Andrea – Liebe ist nicht heilbar. - V. A. Swamp

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und schmeckt extrem... Verflucht, was reime ich mir da zusammen? Was erwarte ich von einem 60-jährigen Mädchen? Nichts, aber auch rein gar nichts habe ich zu erwarten!

      Das Löwenhardt ist um diese Zeit schon gut gefüllt. Überwiegend Geschäftsleute, die ihr Mittagessen hier einnehmen. Nach einem großen Essen ist mir nicht zumute. Falls ich mittags esse, werde ich schnell schläfrig. Deshalb habe ich während meiner Berufszeit meistens auf das Mittagessen verzichtet. Andrea ist noch nicht da. Ich frage nach einem Tisch für zwei Personen und erhalte einen dieser kleinen Tische am Fenster. Gut so, denke ich. Von hier aus kann ich auf die Straße schauen und gegebenenfalls auch sehen, wenn sie draußen am Fenster vorbeigeht, vorausgesetzt, sie kommt aus dieser Richtung. Ich bestelle mir einen Pinot Grigio und eine kleine Flasche Wasser. Das sollte für das kommende Gespräch reichen. Ich beobachte die Straße. Dort ist eine Menge Betrieb, das Löwenhardt liegt mitten im Geschäftsviertel, und viele Beschäftigte nutzen ihre Mittagspause zu einem Spaziergang oder für kleinere Besorgungen. Direkt am Straßenrand vor meinem Fenster hält ein riesiges braunes UPS-Fahrzeug. Hier ist doch Halteverbot, oder? Na ja, diese Auslieferungsfahrer scheren sich um nichts. Kann man ihnen allerdings ihnen auch nachsehen, bei dem Zeitdruck, den die haben. Ich habe gottseidank selten ohne Zeitdruck arbeiten müssen. Ich bin nicht faul gewesen, aber Zeitdruck geht oft auf Kosten der Qualität. Meine ich jedenfalls. Nach einer halben Stunde ist Andrea immer noch nicht da. Um diese Zeit ist dichter Verkehr und in dieser Gegend sind die Parkplätze knapp, da kann man sich schon einmal verspäten. Nach weiteren dreißig Minuten Wartens überlege ich, ob ich die Getränkebestellung noch einmal erneuern soll. Ich entscheide mich dagegen, bezahle und verlasse das Löwenhardt. Eigentlich bin ich froh, dass Andrea nicht gekommen ist. Das erspart mir, die Geschichte persönlich zu beenden. Welche Geschichte? Na ja, wer weiß, was noch alles gekommen wäre.

      In den folgenden Tagen wende ich mich all jenen Dingen zu, die so ein Witwerdasein bestimmen. Ich lasse eine kleine, aber notwendige Reparatur am Auto ausführen, bringe meine Oberhemden zur Wäscherei und meine Hosen und Pullover zur Reinigung. Ich mache ein paar Dinge in meinem Haushalt, zeichne einige Fernsehsendungen auf, die ich mir später einmal anschauen möchte und lese in dem Roman, den ich mir vor Kurzem gekauft habe. Es ist eine ziemliche Schmonzette von einem 18-jährigen Mädchen, die von einem Punk aufgrund einer Wette verführt wird. Normalerweise lese ich nicht so ein Zeug, aber das Buch hatte eine gute Besprechung und da habe ich es halt gekauft. Das nächste Buch wird mit Sicherheit anspruchsvoller.

      Andrea hat sich nicht mehr gemeldet. Ich weiß nicht, ob ich darüber froh sein soll oder ein wenig sauer. Auch in meinem Alter wird man nicht gerne versetzt. Wann bin ich überhaupt einmal versetzt worden? In den letzten Jahrzehnten bestimmt nicht. Ich glaube, es war noch vor meiner Zeit mit Andrea. Aber das Mädchen, was sich das damals geleistet hat, ist dafür böse bestraft worden. Der Typ, dessentwegen sie mich hat sitzen lassen, hat sie diverse Male übel verprügelt. Hat mir damals ein Freund erzählt. Woran man sich manchmal so erinnert. Das muss doch mindestens vierundvierzig Jahre her sein, oder so. Warum meldet sich Andrea nicht? Die Nummer am Tisch war doch nicht schlecht, auch wenn wir die nicht zu Ende bringen konnten, oder? Ich werde es mir heute Abend vor dem Fernseher gemütlich machen. Ich nehme mir vor, ab heute meinen Alkoholkonsum in Grenzen zu halten. Mehr als zwei Flaschen Bier am Abend sollten nicht drin sein. An den letzten Abenden wurde es meistens noch eine dritte Flasche! Nicht zu vergessen das „Obendräufchen“. Ein gut eingeschenkter Himbeergeist oder so etwas Ähnliches. Das ist nicht gut. Nein, das ist alles überhaupt nicht gut.

      Es läuft nicht rund.

      Irgendetwas stimmt mit mir heute Morgen nicht. Ich bin aufgewacht und fühle mich wie gelähmt. Nicht, dass ich normalerweise jubilierend aus dem Bett springe. Das habe ich übrigens noch nie gemacht. Auch nicht, als ich jünger war. Im Gegenteil, ich habe immer gerne lange geschlafen und mir Zeit genommen beim Aufstehen. Die wenigen Male, als ich die Nacht durchgemacht habe, hatten immer zur Folge, dass mindestens der nächste Tag scheußlich war. Ich habe dann immer ziemlich lang gebraucht, bis mein Motor wieder richtig rund lief. Deshalb gehörte ich gewöhnlich immer zu den Ersten, die eine Party verließen. Rita hat das genervt, da sie selten ein Ende fand. Wie war das eigentlich mit Andrea? Schon die Frage ist irgendwie dämlich. Mit Andrea habe ich eine ganz andere Zeit verbracht. Wir haben studiert und konnten in aller Regel ausschlafen, wenn wir über die Stränge geschlagen haben. Habe ich das so richtig in Erinnerung? Ist ja auch egal. Es ist alles schon so lange her. Jedenfalls geht es mir heute Morgen nicht gut. Ich schleppe mich ins Bad und selbst das Rasieren bereitet mir Mühe. Dabei kann ich mein Unwohlsein gar nicht einordnen. Schmerzen habe ich keine. Aber eine seltsame Antriebslosigkeit hat meinen ganzen Körper befallen. Ich habe schon seit Langem keinen Arzt mehr aufgesucht. Brauche ich auch nicht. Ich bin stark und mein Körper verfügt über fantastische Selbstheilungskräfte.

      Als ich die Küche erreiche, um mir mein Frühstück zuzubereiten, haut es mich mir nichts dir nichts von den Beinen. Einfach so. Im Zeitlupentempo sacke ich zusammen. Dabei gelingt es mir immerhin so auf den Fliesenboden zu fallen, dass ich mir nicht ernsthaft wehtue oder gar irgendetwas breche. Ist das jetzt der Anfang vom Ende? Ich fühle immer noch keine Schmerzen, nur ein wenig Panik. Das iPhone habe ich auf dem Nachttisch liegen lassen und jetzt liege ich hier hilf- und fast bewegungslos auf den kalten Küchenfliesen. Na, so eine Scheiße, denke ich. Dann geht das Licht aus…

      Als ich wieder zu mir komme, ist schon früher Nachmittag. Wie viele Stunden habe ich hier gelegen? Immerhin kann ich meine Arme bewegen und auf meine Armbanduhr schauen. Fünf Stunden errechne ich. Ich drehe mich im Zeitlupentempo auf die Seite und dann auf meine Knie. Tot bin ich demnach noch nicht. Irgendwie kriege ich die Tischkante zu fassen und so bewege ich mich langsam wieder in die Vertikale. Was für ein Wochentag ist heute? Dienstag, das ist gut. Vielleicht kann ich jemanden in der Arztpraxis in der Nähe meiner Wohnung erreichen? Wie ein Schlafwandler schlürfe ich langsam zum Schlafzimmer, wo ich mein iPhone vermute. Es liegt tatsächlich auf dem Nachttisch. Ich habe Glück. Die Sprechstundenhilfe stellt mich gleich zu einer der Ärztinnen durch. Ich erkläre ihr, was mir passiert ist. Sie versucht mich zu beruhigen und das beunruhigt mich in hohem Maße. Immer, wenn Ärzte sagen, das sei vermutlich nicht so schlimm, läuten bei mir die Alarmglocken. Die Ärztin fragt mich, ob ich mich stark genug fühle, sie in ihrer Praxis aufzusuchen oder ob sie mir einen Krankenwagen schicken soll. Ich bin mir nicht sicher, ob ich es alleine dorthin schaffe. Aber ich will mich nicht hängen lassen und erkläre ihr so kraftvoll wie möglich, dass ich es schon schaffen werde.

      Die Praxis ist kaum zwei Kilometer von meiner Wohnung entfernt, aber es sind gefühlt sehr lange Kilometer. Ich bin froh, als ich endlich im Wartezimmer angekommen bin. Noch froher bin ich, als ich endlich der Ärztin gegenübersitze. Sie macht die üblichen Untersuchungen wie Blutdruck messen, Lunge abhören und so weiter. Sie findet nichts Auffälliges und tippt auf eine vorübergehende Kreislaufschwäche. Diese Diagnose stimmt mich fast schon euphorisch. Ich bedanke mich für den schnellen Untersuchungstermin. Die Ärztin empfiehlt die Einnahme eines Medikamentes zur Stärkung oder so. Das Rezept soll ich mir bei der Sprechstundenhilfe anholen. Ich bedanke mich nochmals, erhebe mich von dem Stuhl und steuere die Tür an…

      Das Paradies ist tatsächlich so, wie ich es einst im Konfirmandenunterricht beschrieben bekommen habe. Es ist hell, fast gleißend und weiß. Der Engel, der sich mir nähert, hat zwar keine Flügel, soweit ich das in dieser strahlenden Helligkeit ausmachen kann, aber ansonsten passt er prima ins Bild. So wie mein Zustand. Es fühlt sich alles sehr leicht an, fast schwerelos. Falls ich in diesem Zustand die nächsten paar tausend Jahre verharren darf, ich habe nichts dagegen. Der Engel nähert sich meinem Gesicht und ich bin sicher, dass er mich gleich küssen wird. Das machen Engel üblicherweise immer. Woher ich das weiß? Ist mir entfallen. War es dieser blöde Pfarrer aus dem Konfirmationsunterricht, der manchmal aus Wut seine Bibel in unsere Richtung geschmissen hat, wenn wir ihn nicht ernst genug genommen haben? Nein ich denke nicht, der hat sicher nicht von küssenden Engeln, sondern nur von den Qualen der Hölle erzählt. Ich hoffe, dass wenn es eine Hölle gibt, was ich mir natürlich nicht vorstellen kann, dass er dann darin schmort.

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