Die Ei-Geborenen. Michael H. Schenk

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Die Ei-Geborenen - Michael H. Schenk

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Sonnenlicht und blendete Olud, während er seinen Blick über die Stadt gleiten ließ. Die inneren Nickhäute schoben sich vor und dämpften das Licht, versahen die schwarzen Augäpfel, mit ihren gelben, geschlitzten Pupillen, mit der notwendigen Feuchtigkeit.

      Die Stadt ähnelte einem stumpfen Kegel, der äußerlich nur durch seine enorme Größe beeindruckend wirkte. Um den Kegel zog sich spiralförmig eine Rinne, deren Oberfläche von den Sha sorgfältig geschmolzen und geglättet worden war. Zahlreiche Öffnungen mündeten vom Inneren des Kegels an dieser Rinne. Diese Öffnungen waren Teil des komplizierten Belüftungs- und Temperaturregelungssystems des Geleges. Im Alarmfall boten sie den Kriegerinnen zudem die Möglichkeit, die Rinne rasch zu erreichen und über sie blitzartig zum Boden hinabzugleiten, um einem Angreifer zu begegnen. Für einen Feind war es hingegen unmöglich, sie zu ersteigen, er musste die beiden großen Tore am Stumpf des Kegels einnehmen, um in das Gelege vorzudringen.

      In unregelmäßigen Abständen erhoben sich kaminartige Schlote, die ebenfalls der Belüftung galten. Als Reptilien waren die Raan ursprünglich nur in der Tageshitze aktiv gewesen, und in der Nacht, wenn die Temperaturen in der Wüste unter den Gefrierpunkt von Wasser fielen, waren sie förmlich erstarrt. Erst die Fähigkeit, Werkzeuge und Hilfsmittel zu entwickeln, hatte sie von den Temperaturen unabhängiger gemacht. Auch wenn sie es bevorzugten nackt zu bleiben, so konnten sie nötigenfalls warme Bekleidung tragen, um Nachtaktiv sein zu können.

      Der Stadtkegel wurde von einer Unzahl von Gängen und Kammern durchzogen. Ihre Wände bestanden, wie der gesamte Bau der Stadt, aus dem Sand der Wüste. Der Speichel der Raan enthielt eine Substanz, mit welcher sich der reichlich vorhandene Rohstoff fermentieren und härten ließ. Generationen hatten an der Stadt gewirkt, um dem Gelege die jetzige Größe zu geben.

      Einst waren die Gänge und Kammern nur Zweckgebunden gewesen, aber mit seiner steigenden Intelligenz begann das Volk, einen Sinn für die Schönheit zu entwickeln. Mineralien und die in der Wüste wachsenden Kugelkakteen wurden genutzt, um die Wände mit farbenfrohen Motiven zu versehen. Die Raan lebten nach Männchen und Weibchen getrennt. Es gab einige besondere Räume, in denen die Geschlechter sich begegnen konnten, um sich der Brunst und Vermehrung hinzugeben. Ansonsten ging man sich aus dem Weg. Die weiblichen Raan dominierten das Bild der Stadt und übten sich in ihren Räumen in der Kunst des Tötens, die sie mit Perfektion beherrschten. Ihre Krallen und Kiefer waren stärker ausgeprägt, als die der Männchen, und inzwischen kamen noch jene Waffen hinzu, welche in den Schmieden entstanden. Die Schmieden wurden von Männchen betrieben, die sich auch um die Brutpflege und Klimatisierung des Geleges zu kümmern hatten.

      Oben, in der Spitze des Kegels, befanden sich die Gemächer der Herrin von Sha, der Großen Mutter Shanaii-Doras-Sha, tief unten lagen die Bruthöhlen, in denen die Männchen, unter der Aufsicht wachsamer Kriegerinnen, die Eier pflegten. Einst hatte man dies nicht riskieren können. So selten es auch Regen in der Wüste gab, so waren die Wasserstürme zu Recht gefürchtet. Früher hatte man die Eier in den oberen Ebenen lagern müssen, da die unteren Räume zu schnell vom Wasser bedroht wurden. Da die Eier zu ihrer Reife jedoch eine bestimmte Temperatur benötigten, waren die Männchen gezwungen gewesen, sie ständig im Gelege hinauf oder hinab zu transportieren. Inzwischen hatten die Raan gelernt, ihr Gelege mit einem System von Schächten und Balgpumpen gleichmäßig zu klimatisieren.

      Das Gelege der Sha war nicht die einzige Stadt der Raan, aber mit Sicherheit das größte Gelege des Volkes. Mehr als zwanzigtausend Köpfe zählte die Bevölkerung, darunter knapp zweitausend Männchen. Männchen, von denen Olud-Sha das unscheinbarste war.

      „So, du siehst also das Gelege der Sha.“ Shanaii-Doras-Sha entblößte ein Stück ihrer Fänge. Ihr Blick wirkte verärgert, als sie Olud musterte. „Wärst du ein gewöhnliches Männchen, so würde ich die Antwort gelten lassen. Aber von dir, Olud-Sha, erwarte ich eine intelligentere Antwort. Also, nochmals, Olud, was siehst du?“

      Olud grub die oberen Reißzähne in seine untere Lefze und kratzte sich unbewusst mit einem Vorderlauf am Kehlsack. „Das Land der Raan?“

      Die Große Mutter schnaubte und stieß ihren Schützling ärgerlich an. „Olud!“ Sie schüttelte missbilligend den langen Schädel. „Besinne dich auf deine Fähigkeiten! Was meinst du, warum ich dich das Buch der Bücher studieren ließ? Nur wenige Kriegerinnen haben diese Ehre und du bist ein Männchen!“

      Um die Stadt der Sha erstreckte sich die Wüste. Sie wirkte unendlich und, auf den ersten, flüchtigen Blick, nahezu leblos. Der Sand bedeckte den Boden in sanften Kuppen und Mulden. Oft strich Wind über ihn hinweg und brachte ihn in Bewegung. Es gab ausgedehnte Wälder der Kugelkakteen, die sich mit ihren langen Stacheln verankerten, um den Böen zu widerstehen. Die Kakteen ernährten sich von Mineralien und kleinen Insekten, die im Boden lebten. Zwischen ihnen huschte gelegentlich einer der kleinen Wüstennager umher. Die Pflanzenfresser suchten nach kranken oder abgestorbenen Kakteen und fanden zwischen den Pflanzen Schutz vor den seltenen Raubvögeln, die in den warmen Luftströmungen über der Wüste kreisten oder vor den noch seltener gewordenen Sharaks, die den Kampf gegen die Raan verloren hatten. Einst gefürchtete Raubtiere und die Herren der Wüste, waren die sechsbeinigen Räuber nun selber Bestandteil der Nahrungskette, und sie standen nicht mehr an ihrem oberen Ende.

      Um den Stadtkegel herum erstreckten sich ausgedehnte Kakteenfelder. Die Raan hatten ein System ersonnen, mit dem sie die Bewegungen der Kugelpflanzen kontrollieren konnten. Auf dieselbe Weise, mit der sie die Räume und Gänge ihrer Gelege formten, hatten sie niedrige Wälle errichtet. Diese sperrten einige Areale der Wüste ab. Hatten die Pflanzen einen Bereich nach Nahrung abgesucht, wurden sie von den Ei-Geborenen mit langen Stachelstäben in einen anderen getrieben. So konnte sich der ausgelaugte Wüstenboden erholen. Die Raan förderten dies, indem sie ihn gelegentlich bewässerten und düngten. Pragmatisch, wie sie eingestellt waren, nutzten sie hierfür auch die Leiber ihrer Verstorbenen.

      Olud konnte von der hohen Aussichtswarte mehrere Gruppen von Raan erkennen, welche in den Kakteenfeldern arbeiteten. Die Raan waren Allesfresser. Sie vertilgten Insekten, Sharaks, Schlangen und Pflanzen gleichermaßen, und je mehr das Volk wuchs, desto größer wurde sein Nahrungsbedarf. Das wenige Wasser, welches die Kugelpflanzen speicherten, reichte längst nicht, den Durst der Raan zu stillen. Daher standen ihre Gelege stets über einer der seltenen unterirdischen Quellen und bei einem Wassersturm wurde der willkommene Regen über die Klimaschächte in die Speicher der Stadt geleitet.

      Olud-Sha knurrte leise. „Ich sehe das Land der Raan und seine Gelege.“

      „Und was siehst du noch, Olud-Sha? Was?“

      „Ein wachsendes Volk.“

      „Richtig.“ Die Große Mutter nickte zufrieden. „Ein wachsendes Volk.“ Sie sah ihn auffordernd an und überragte ihn dabei um fast die Hälfte seiner Größe. „Nun?“

      „Einst haben wir Kriege untereinander geführt“, erwiderte Olud nachdenklich. Er bemerkte ihren kritischen Blick und fuhr hastig fort. „Das hielt die Gelege klein. Nun sind wir geeint, unter dem Großen Ei der Göttin, und die Gelege wachsen.“

      „Und?“

      Olud war sich nun sicher, worauf die Große Mutter hinauswollte. „Die Gelege wachsen, aber nicht das Land, nicht die Menge an Nahrung, die es uns liefern kann.“

      „So ist es.“ Shanaii schlug dem kleinen Männchen anerkennend auf den Schädel und Olud wäre fast vornüber gestürzt. „Wir wachsen, aber wir können es uns nicht mehr erlauben, zu wachsen.“ Sie wies über die Wüste. „Es gibt genug Raum für unsere Gelege, aber nicht genug Nahrung und Wasser.“

      Olud kratzte sich am Kehlsack. „Dann dürfen wir keine Eier mehr legen.“

      „Das wäre gegen die Natur der

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