Die Ei-Geborenen. Michael H. Schenk

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Die Ei-Geborenen - Michael H. Schenk

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Krieg?“ Olud sah sie schockiert an.

      „Nicht gegeneinander“, wandte Shanaii ein. „Die Kriege der Gelege sind beendet. Aber unser Volk braucht neuen Lebensraum und es kann sein, dass wir darum kämpfen müssen.“

      „Ich verstehe.“ Olud blickte unwillkürlich um sich. „Aber im Süden und Westen ist nur das große Wasser. Im Osten erheben sich die Gebirgszüge und im Norden…“

      Das kleine Männchen stockte und die Große Mutter sah ihn aufmunternd an. „Sprich weiter, Olud-Sha.“

      „Im Norden leben die zweibeinigen Säuger.“

      „Ja, im Norden leben die zweibeinigen Säuger.“ Die Große Mutter schnalzte mit der dunklen Zunge. „Was wissen wir von ihnen, Olud?“

      „Nicht viel.“ Olud runzelte die Stirn und seine kleinen Ohrlappen legten sich dabei eng an den Schädel. „Sie gehen, wie wir, auf zwei Beinen und haben zwei Vorderläufe, mit denen sie Dinge anfassen. Sie sind ganz weich und nicht gepanzert und sehr schwächlich.“ Er überlegte kurz. „Und sie haben nur wenige Waffen.“

      „Woher weißt du das?“

      Olud schnaubte verächtlich. „Weil die Kriegerinnen der Gelege in den vergangenen Jahren drei Gruppen der Säuger in der Wüste fanden und sie kaum Gegenwehr leisteten.“

      „Sie waren geschwächt, von Durst und Hitze“, wandte die Große Mutter ein. „Ich habe dir in meinen Gemächern einige der Säugerwaffen gezeigt. Was hältst du von ihnen?“

      „Ich bin nur ein Männchen“, knurrte Olud. „Von solchen Dingen verstehe ich nichts. Du solltest eine erfahrene Kriegerin fragen, Große Mutter.“

      Olud pfiff schmerzerfüllt, als Shanaii ihn in die Flanke biss. Es war ein kurzer und ungefährlicher Biss, der ihn kaum verletzte, aber den Ärger der Großen Mutter zum Ausdruck brachte.

      „Sei kein dummes Männchen“, stieß sie hervor. „Meinst du, ich hätte die Kriegerinnen nicht längst gefragt? Nun aber will ich deine Meinung hören, Olud. Also, sprich!“

      „Ihre Waffen sind besser, als die unseren“, sagte er unbehaglich. „Ihr Metall ist sehr viel härter und schärfer. Sie sind schlauer als wir.“

      „Unsinn.“ Die Große Mutter bellte lachend. „Sie mögen mehr wissen, aber deshalb sind sie nicht unbedingt schlauer. Was weißt du sonst noch über die Säuger?“

      „Nur, dass sie ein großes Reich im Norden bewohnen.“ Oluds Kehlsack gewann wieder etwas an Farbe. Auch wenn die Große Mutter ihn nicht ernsthaft angegriffen hatte, so war die rasche Attacke für ihn doch erschreckend gewesen. „Die wir in der Wüste fingen, haben nicht viel gesagt. Wir kennen nur wenig von ihrer Sprache und noch viel weniger von ihrem Leben.“

      „So ist es.“ Die Große Mutter stieß ihn besänftigend an. „Eigentlich wissen wir nichts über die Säuger. Aber da sich unser Volk nur nach Norden ausbreiten kann, müssen wir auch mehr über die Säuger erfahren. Wir müssen in Erfahrung bringen, ob sie zu einer Gefahr für die Raan werden können.“ Sie sah Olud-Sha nachdenklich an. „Und das, Olud aus dem Gelege der Sha, wird deine Aufgabe sein.“

      Das Männchen sah die Herrin der Raan an. Seine Schlitzpupillen wurden vor Überraschung rund. „Meine Aufgabe?“

      „Deine Aufgabe, Olud-Sha.“ Sie blickte über die Wüste und nickte langsam. „Du kommst aus einem großen Ei, Olud, und wer aus einem großen Ei stammt, erweist dem Volk der Raan auch immer einen großen Dienst. Deiner wird es sein, nach Norden zu gehen und die Säuger zu beobachten. Du wirst in Erfahrung bringen, wie sie leben, wie sie denken und…“, sie lachte leise auf, „welche Gefahr sie darstellen, wenn wir nach Norden gehen.“

      Olud schluckte nervös. „Es wird also Krieg mit den Säugern geben?“

      „Nur, wenn es sein muss.“ Die Große Mutter streichelte seine Flanke. „Du bist nun der Beobachter, Olud-Sha, und du wirst mir sagen, ob es Krieg geben wird.“

      Das kleine Männchen sah benommen nach Norden, dorthin, wo sich das Reich der Säuger befand. „Warum ich? Ich bin nur ein Männchen. Ein sehr kleines Männchen.“

      „Gerade deshalb. Du bist klein wie ein junger Zögling und wirst auf die Säuger weit weniger bedrohlich wirken, als eine ausgewachsene Kriegerin. Du hast das Buch der Bücher gelesen und bist intelligent. Du wirst es schaffen, dich unter ihnen zu bewegen und sie zu beobachten, bis du genug von ihnen weißt.“

      Die Große Mutter war beruhigt, das Oluds Kehlsack eine tiefrote Farbe aufwies. Das Männchen zeigte keine Angst, was sie insgeheim befürchtet hatte. Nein, sie hatte die richtige Wahl getroffen und das beruhigte die Herrin der Raan. „Ich werde dich nun mit einigen Dingen vertraut machen, die deine Aufgabe betreffen, Olud-Sha, Beobachter der Raan.“ Sie stieß ihn sanft an. „Komm jetzt mit mir in meine Räume. Ich habe dir noch einiges zu sagen, denn Morgen wirst du deiner Bestimmung folgen.“

      Olud zögerte nicht, ihr zu folgen.

      Er empfand keine Furcht, obwohl er sich in den unbekannten Norden wagen musste. Im Gegenteil, er war neugierig, was er im Land der Säuger erleben würde. Er, Olud-Sha, das bislang unbedeutendste Männchen des Geleges, hatte nun eine Aufgabe, die ihn aus der Masse der anderen Männchen, ja, aller Raan, erhob. Er, Olud, würde der Beobachter des Volkes sein und, wenn auch nur zu einem kleinen Teil, zu seiner Zukunft beitragen.

      Olud hörte den mahnenden Pfiff der Großen Mutter und wandte sich um. Zum ersten Mal seit Langem fuhr sein muskulöser Schwanz vergnügt von einer Seite zur anderen. Olud-Sha, Beobachter der Raan – das hatte Klang. All die Jahre hatte er den mehr oder weniger verborgenen Spott der Weibchen ertragen müssen, selbst die anderen Männchen hielten sich für etwas Besseres. Gelegentlich erhielt Olud auch Bisse und Schläge. Natürlich nur, wenn die Große Mutter dies nicht bemerken konnte, und im Vertrauen darauf, dass Olud noch immer genug Stolz besaß, nicht bei seiner Mentorin Schutz zu suchen. Olud hatte all das erduldet, in der Hoffnung, sich eines Tages beweisen zu können. Nun schien der ersehnte Augenblick gekommen. Vielleicht würde man sogar einmal im Buch der Bücher über ihn lesen können? Die Weibchen würden nicht mehr die Schnauze kräuseln, wenn er in ihre Nähe kam, sie würden um ihn buhlen…

      „Olud!?“

      Er seufzte leise. Vor der Brunst kam die Erfüllung der Aufgabe. Er würde sie gut erfüllen, so wahr er nun der Beobachter war.

      Kapitel 2 Die Sorge eines Kaisers

      Das Arbeitszimmer maß rund zwanzig mal zwanzig Meter im Quadrat und war einer der bescheidenen Räume im Palast. Ihre Imperialität, Kaiser Donderem-Vob, wäre auch mit einem kleineren zufrieden gewesen, aber die Größe des Arbeitszimmers hatte praktische Gründe, denn auch das Imperium war groß. Ein guter Teil des Bodens war mit winzigen Farbsteinen ausgelegt, welche die Karte des Reiches bildeten. So konnte der Imperator gleichermaßen seine Schritte über die Karte führen, wie er auch die Geschicke der Provinzen lenkte.

      Der Boden des Raumes war in blauem Marmor gehalten, ebenso die Decke. Für den Kaiser symbolisierten sie die Unendlichkeit des Meeres und des Himmels. Die Wände waren schmucklos und wirkten in ihrem strahlenden Weiß nüchtern. An einer Seite bot ein riesiges Fenster einen grandiosen Ausblick auf die Stadt, an der gegenüberliegenden Wand befand sich das überlebensgroße Wappen des Imperiums, das geflügelte Einhorn.

      Donderem-Vob

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