Erinnerungen. Sarah Preisler
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„Gehämmert trifft es wohl eher, nicht?“, feixte er belustigt und seine raue, rasselnde Stimme jagte Chris einen Schauer über den Rücken. Warum wich er seiner Frage aus? Der junge Mann wollte zu einer Antwort ansetzen, als er von dem Alten unterbrochen wurde. „Du stellst die falschen Fragen, Jungspund.“, meinte dieser und ein mahnender Ton war in die sonst so warme Stimme getreten.
Chris sah ihn nur verdutzt an und suchte krampfhaft nach Worten. Doch er fand keine und gab sich deshalb ganz dem Alten hin, der immer näher an ihn heran trat.
„Das Erste, was man wissen muss, ist der Name. Danach die Analyse der Tätigkeiten, der Situation.“ Dieses Rasseln klang wie eine Münze, die gegen ein Stück Blech geworfen wurde und trostlos zu Boden fiel.
Es breitete augenblickliche Entspannung aus und der Lärm schien in die Ferne zu rücken, als der Alte wieder sprach. Chris versank wie in eine Art Trance, klammerte sich mit den Augen an die Lippen seines Gegenübers und lauschte jeder Silbe, die er zu hören bekam.
„Hier.“, war das einzige Wort, was er sagte und ein wenig enttäuscht sah Chris nach unten. Die sehnige Hand des Alten hielt ihm das Päckchen hin. Voller Vorsicht nahm er es an sich und sah dem Alten wieder in das eingefallene Gesicht.
Und schon wieder schien er zu glauben, das Feuer zu sehen. Doch nach einem Blinzeln war es wieder das belustigte, weise Funkeln, das in den sternenklaren Augen des Alten tanzte und ihn nur so dazu einlud in eine andere Welt zu verschwinden. Doch Chris schüttelte kaum merklich den Kopf und sah wieder nach unten. Er wollte wissen, was sich in diesem Päckchen befand und führte deshalb seine andere Hand zu dem Band, das die alten Zeitungen zusammenhielt.
Doch da knallte der Gehstock des Alten auf den Boden und ließ Chris erschrocken zusammenfahren. Sein Herz fühlte sich so an, als wollte es aus seiner Brust springen, als er die nun erzürnte Miene des Alten sah.
„Analyse bezieht sich nicht immer nur auf Situationen. Sie kann auch Gegenstände beinhalten.“, murmelte er grimmig und wandte sich keuchend von Chris ab. Dieser brauchte einige Minuten, ehe er sich von dem Schock erholt hatte.
Nun sah er dem Alten hinterher. Er wollte nicht, dass er ging. Er fühlte sich zu diesem Alten hingezogen, wie ein unheimlicher Fluch, der über ihm schwebte. Also ging er immer noch benebelt hinter dem Humpelnden her und wollte ihm die Hand auf die Schulter legen. Aber der Alte blieb stehen, sah nach hinten und meinte nur mit verächtlicher Stimme:„Man bettelt nicht wie ein Hund!“
Und damit schloss er mit einem gewaltigen Knall die Türen des Rathauses und Chris stand da, mit dem Päckchen in den Händen.
Sein Gehirn versuchte das gerade abgelaufene Geschehen zu verarbeiten, doch seine Erinnerungen trieben ihm immer wieder dieses Feuer vor die Augen.
Kapitel 2
„Eine weitere Frau ist verschwunden. Der Kommissar Lainer mit den aktuellen Ergebnissen der Ermittlungen:...“
Chris schaltete den Fernseher aus und legte die Hände wieder auf die Knie. Die Nachrichten interessierten ihn nicht. Ihn interessierte der Inhalt des kleines Gegenstandes, der vor ihm auf dem Tisch lag. Sein Blick huschte zur Seite, auf einen zerknitterten Zettel.
Nachdem der junge Mann in seine Wohnung gekommen war, hatte er sich einen Kaffee zubereitet und pfeifend eine Dokumentation über die Antarktis angesehen.
Doch seine Gedanken hatten sich einfach nicht von dem Gespräch mit dem Alten lösen wollen, egal was er für tatkräftige Ablenkungsmanöver unternommen hatte. Darum hatte er mit aller größter Vorsicht das Päckchen auf den Tisch abgelegt und es eine geschlagene halbe Stunde lang angestarrt.
Dann war ihm der Zettel wieder in den Sinn gekommen. Was verbindet diese beiden Gegenstände? Was hat das alles mit mir zu tun?, hatte er sich gefragt und war dabei immer wieder über sein Kinn gefahren.
Chris wollte sich selbst nicht eingestehen, dass er Angst vor dem Inhalt des Päckchens hatte. Welcher Mann hatte denn Angst vor so einem kleinen Ding? Doch es war kein einfaches kleines Ding, dass wusste er. Es war nicht die Größe, die die wachsende Abscheu in ihm hervorrief, sondern die Art, wie es verpackt wurde. Es war mit aller größter Ordnung gefalten. So, wie als hätte jemand gewollt, dass es Eindruck erweckte. Und das tat es. Doch die Verpackung bestand aus alten, dreckigen Zeitungsartikeln und war teilweise mit Klebeband geflickt wurden.
Nein, Chris verstand den Macher dieses Päckchens nicht. Und in seinem tiefsten Inneren wollte er das auch ganz und gar nicht.
Darum schnappte er sich den Zettel und überflog ihn noch einmal.
Und da weiteten sich seine Augen und er spürte, wie sein Kopf das Puzzle zusammenfügte.
Nimm es mit, ohne es zu öffnen, stand da in dieser unvertrauten Handschrift geschrieben. Chris hatte es versucht zu öffnen. Aber er hätte es nicht tun sollen. Es wurde ihm in diesem Brief verboten.
„Analyse bezieht sich nicht immer nur auf Situationen.“, wiederholte der junge Mann die Worte des Alten. Hatte er von dem Brief gewusst? Warum sonst hatte er ihn davon abgehalten das Päckchen zu öffnen?
Ein Schauer fuhr dem jungen Mann den Rücken entlang. Was war das für ein Spiel? Und die wichtigste Frage: Wer war der Spielmacher? Chris Augen fixierten wieder das Ding auf dem Tisch. Ich muss es öffnen, wenn ich Antworten haben will.
Er atmete tief durch und in seinem Inneren rebellierte alles, als er den Gegenstand berührte. Er malte sich aus, was sich alles hinter der bedenklichen Verpackung befinden könnte. Darunter Dinge, die ihm den Mageninhalt nach oben trieben. Doch er wollte sich nicht so anstellen. Schließlich war er 25 Jahre alt.
„So ein Ding macht mir keine Angst!“, sagte er grimmig zu sich selbst und entfernte mit einer schnellen Bewegung das dreckige Papier.
Er war gerade dabei seine sieben Sachen zu schnappen und aus der Wohnung zu fliehen, als er sich den Gegenstand genauer ansah. Es war keine Bombe, so wie er vermutet hatte. Es war auch kein Scherzartikel oder irgend eine Art grausamer Gegenstand.
Chris setzte sich wieder und hob den Gegenstand auf, der ihm bei aller Eile auf den Boden gefallen war.
Es war ein Buch.
Der junge Mann sah es sich genauer an. Es hatte einen roten Einband, war eingerissen und kaputt. Das Buch sah so aus, als wäre es nach Jahren wieder ausgegraben wurden. Doch egal wie er es drehte und wendete, er fand keinen Namen. Auch keine Jahreszahl oder irgendetwas, dass etwas über die Vergangenheit des Buches verraten hätte. Voller Neugier klappte er das Buch auf. Doch im nächsten Moment schlug er es gleich wieder zu. Sein Gesicht war marmorweiß und das Blut verließ seine Hände und Füße. Kalte Angst kroch ihm unter die Haut und er sprang vom Sofa auf und zog alle Vorhänge zu, aber nicht ohne einen wachsamen Blick nach draußen zu werfen. Als er sich umdrehte, fühlte er sich verfolgt. Hinter jeder