Erinnerungen. Sarah Preisler

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Erinnerungen - Sarah Preisler

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      Hektisch schnappte er sich das Buch und raste wie ein Irrer in das Badezimmer, das bei Weitem das kleinste Zimmer in seiner Wohnung war. Seine zitternden Hände erlaubten es ihm nicht, das Schloss hinter sich zu verriegeln, so sehr rutschten sie von ihrem Ziel ab.

      Chris versuchte sich zu beruhigen. Er holte tief Luft und dachte an seine Mutter, die er schon im frühen Kindesalter verloren hatte. Und er dachte an seinen Vater, der ihm immer wieder gesagt hatte, dass Güte wichtig war, für ihn und für die anderen. Und er dachte daran, wie sie alle zusammen am See saßen und gelacht haben, glücklich waren und wie stolz sein Vater gewesen war, als Chris doch tatsächlich eine alte, verrostete Dose aus dem Wasser gefischt hatte. Es war ein wunderschöner Tag. Und er dachte daran, dass der Tag, an dem ihm sein Großvater das Feuer machen beigebracht hatte, auch ein schöner gewesen war.

      Als Chris wieder die Augen öffnete, fühlte er sich beschützt. Seine Mutter war bei ihm. Und wenn er seinen Vater jetzt anrufen würde, dann würde auch dieser sofort zu ihm fahren. Mit seiner Familie im Herzen trat eine sanfte Ruhe in ihn. Der junge Mann verschloss nun ruhig und langsam die Badezimmertür und setzte sich auf den Boden, neben das Waschbecken.

      Interessiert nahm er das Buch wieder in die Hände.

      In ihm war es still, nur in einer ganz kleinen Ecke in seinem Körper verspürte er Angst. Aber diese wurde zurück gedrängt. Von seinem Opa vielleicht? Oder eher von seiner lieben Oma, die ihm heute noch jeden Samstag einen Kuchen vorbeibrachte und ihm immer mit einem Lächeln das Lied sang, dass sie immer zu dritt mit seiner Mutter gesungen hatten?

      Ein liebevolles Grinsen huschte über sein Gesicht, als er an sie alle dachte.

      Doch nun schenkte er seine Aufmerksamkeit dem Buch in seinen Händen. Das was ihn so verrückt gemacht hatte, waren drei einfache Worte, auf der ersten Seite.

      Vielleicht war es ja auch nur Einbildung?, fragte er sich hoffnungsvoll. Doch als er das Buch erneut aufschlug, sah er, dass er sich nicht getäuscht hatte.

      Er betrachtete die Seite, die mit verschiedenen Farben verziert wurde. Es waren einfache Symbole, wie die Sonne oder Bäume zu sehen. Aber auch komplexe Bilder, wie zwei Menschen, die sich stützten und ein Hund, der in seiner Hundehütte saß und zufrieden in die Augen seines Betrachters sah.

      In der Mitte der Seite wurden drei Wörter mit goldener Farbe umrahmt und verliehen diesem ganzen Erscheinungsbild einen stimmigen, einladenden Charakter.

      Chris las die Worte nun immer wieder und wieder. Wiederholte alles, was er wusste. Versuchte den Zettel mit diesem Päckchen und dem Mann zu verbinden, doch für ihn gab es keine Verbindung. Für ihn gab es einen großen Zufall, doch er glaubte nicht an Zufälle und darum war es schwer für ihn, sich diese einfache Ausrede zu glauben. Nein, dass kann kein Zufall sein. Es hat etwas zu bedeuten, da bin ich mir ganz sicher, dachte er sich grübelnd.

      Und wieder las er die drei Worte. Doch es waren nicht nur Worte, nein. Sie verschmolzen und wurden zu einem Namen.

      Er schluckte, ehe er mit zitternder Stimme flüsterte:„Merlia Jäger. Tagebuch.“

      Kapitel 3

      Ella war eine kluge und etwas zu selbstsichere Frau, die ihre Ziele anvisierte, im perfekten Moment erreichte und mit einem siegessicheren Grinsen durch die Welt spazierte. Wohl wissend, dass sie als arrogant und ignorant rüber kommen könnte.

      Doch das kümmerte sie nicht. Die Meinungen der anderen waren ihr noch nie wichtig gewesen. Was zählte, war immer nur ihr Erfolg und ihr Glück.

      Doch nun schien ihr Glück weit entfernt, als sie die Augen aufschlug und feststellte, dass sie immer noch hier war. Immer noch in dieser Hölle gefangen, ohne Hoffnung auf einen Ausweg.

      Mühsam rappelte sich die Frau, mit den langen, hellbraunen Haaren auf die Beine und hielt sich angestrengt die Rippen. Wie tief war sie nochmal gefallen? Seufzend schaute sie nach oben, doch alles, was sie sehen konnte, war blauer Himmel. Es schien, als hätte sich dieses Bild seit Tagen nicht verändert, als würde der Himmel jeden Tag in den selben Farben erstrahlen.

      Unsinn!, dachte sie sich. Soll etwa jemand ein Stück bemalte Pappe über dieses elende Loch gehängt haben?

      Ella donnerte mit ihrer Hand auf die linke Wange und ein Schnaufen entwich ihr.

      „Ich werde hier sicherlich nicht verrückt. Ich meine, schön, ich bin seit zwei Tagen in diesem Loch gefangen, aber was soll's? Irgendwann wird schon der Förster vorbei kommen und mir hier raus helfen.“, sagte sie sich selbst und schob die Unsicherheit, die in ihren Worten mitschwang, beiseite. Ich bin eine selbstbewusste, attraktive Frau! Ich bin stark, ziemlich stark, um genau zu sein, dachte sie und ein Bruchteil ihres alten, scheinbar unermüdlichen Stolzes schien zurückzukehren.

      Mit neuer Zuversicht sah sich die Frau um. Es war wirklich ein Loch. Überall um sie herum roch es nach feuchter Erde und Moos und ihr ganzer Körper juckte von den Ästen und Zweigen, die an ihrem Körper schabten, wenn sie sich bewegte. Nicht zu vergessen die kleinen Krabbeltiere, die wahrscheinlich fröhlich über ihre seidenweiche Haut krochen und sich über Ellas Verzweiflung totlachten.

      Ella schüttelte sich angewidert und murmelte abwertend:„Wenn ich wieder zu Haue bin, dann nehme ich das längste Bad, das ich jemals hatte. Dieses ganze Zeug bekomme ich ja nie wieder von mir runter!“

      Ein plötzliches Knacken ertönte und mit einem Schlag waren alle Beschwerden vergessen. Die junge Frau sah panisch nach oben, doch nichts war zu sehen, nichts war zu hören. Trotzdem blieb sie noch länger als nötig wachsam stehen und lauschte den Geräuschen, die nicht existierten.

      Ihr Körper entspannte sich wieder und sie schmunzelte über ihr Verhalten. Wie ein Kleinkind, dachte sie nur und setzte sich auf den Boden.

      Sie würde garantiert nicht versuchen an den lockeren und nassen Wänden nach oben in die Freiheit zu klettern, zu groß war die Angst wieder nach unten zu stürzen. Schon allein bei dem Gedanken überkam sie eine Gänsehaut und sie zog unwillkürlich die Beine näher an ihren ausgekühlten Körper. Als Kleinkind war sie von einem Baum gefallen, der unter ihrem Gewicht bedrohlich zu schwanken begonnen hatte. Der Sturz erschien ihr damals als verlangsamt und neben ihr hatte sie deutlich dunkle, unheimliche Wesen gesehen, die sie boshaft angrinsten und begannen sie immer schneller nach unten zu zerren. Als sie dann auf dem Boden aufgekommen war, hatte sie eine tiefe, raue Stimme an ihrem Ohr vernommen. „Ich werde dich finden!“, hatte sie gesagt und Ella war daraufhin schreiend auf die Beine gekommen und in ihr Elternhaus zurückgerannt.

      Noch viele Tage und Wochen später hatte sie davon geträumt und jeder Blick nach unten hatte sie einen panischen Anfall bekommen lassen. Ihre Großeltern, bei denen sie aufgewachsen war, hatten sich immer nur verzweifelt angesehen und versucht ihre Enkelin wieder zur Vernunft zu bringen.

      Doch Ella würde immer diese angsteinflößende Stimme im Ohr, die boshaften Gestalten im Kopf und die Höhe vor den Augen haben. Die Frau zuckte bei dieser Erinnerung immer wieder unkontrolliert mir ihrem Körper. Sie hatte dieses Ereignis noch lange nicht vergessen. Es war immer präsent und es machte ihr wahnsinnige Angst.

      Sie wollte nicht von der Person gefunden werden, der diese Stimme gehörte und sie wollte auch niemandem erzählen, was sie erlebt hatte.

      Wie sie da so in Gedanken saß, bemerkte sie vorerst nicht, wie eine Strickleiter nach unten geworfen wurde. Erst, als sie ein erneutes Geräusch

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