Shandra el Guerrero. Rudolf Jedele

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Shandra el Guerrero - Rudolf Jedele

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gab es tausend Kleinigkeiten, die Shandra sofort sagten, wer da tot am Boden lag, denn es gab nur einen Menschen im ganzen Hochland, den er nahezu so gut kannte wie seinen Ziehbruder Rollo.

      Die Tote war Shira.

      Zum ersten Mal in seinem Leben spürte Shandra seine Knie weich werden, zum ersten Mal wurde er mit dem Tod in einer unmittelbaren Form konfrontiert. Zum ersten Mal stand er vor einem Toten, den er als Lebenden so sehr geliebt hatte, dass er gerne sein eigenes Leben für diesen Mensch gegeben hätte.

      Tarith kniete neben Shiras Leiche zu Boden, hatte den Kopf der jungen Frau in ihrem Schoß liegen und weinte. Shandra kniete sich neben Tarith in den Sand, fasste nach Shiras Hand, streichelte sie kurz und legte sie dann auf die Brust seiner Ziehschwester. Er sah hinauf zu ihrem Gesicht, er entdeckte die zwei tiefen Löcher mit den faulig schwarz verfärbten Rändern, wo die Giftzähne der Schlange in Shiras Wangenfleisch eingedrungen war und seine Stimme hatte nicht viel Ähnlichkeit mit der Stimme eines Menschen, als er wissen wollte:

       „Wie ist das geschehen?“

      Da war nur ein einziger Mensch, dem er diese Frage stellen konnte und Tarith weinte und weinte und weinte. Ihre Schultern wurden von Krämpfen geschüttelt, ihre Hände glitten immer wieder fahrig über Shiras Gesicht, ihr langes Haar lag wie ein schwarzer Schleier über ihrem Kopf, Tarith gab ein Bild der unsäglichen Trauer ab.

       „Wie ist das geschehen?“

      Immer noch bekam Shandra keine Antwort, obwohl seine Stimme beim zweiten Fragen einen gefährlichen Beiklang bekommen hatte. Tarith hatte sich so tief über Shiras Oberkörper gebeugt, dass man das blonde Haar der Toten nur noch unter Tariths schwarzer Flut ahnen konnte. Da zuckte Shandras rechte Hand vor, mit einem rohen Griff in Tariths schwarzes Haar riss er ihren Kopf nach oben, konnte jetzt ihr Gesicht sehen und blickte in eiskalte, blaue Augen, aus denen noch niemals, aus welchem Grund auch immer, Tränen geflossen waren.

      Ein kurzer Blick in diese blauen Augen genügte Shandra, dann knurrte er:

       „Du brauchst nichts mehr zu sagen, ich weiß was geschehen ist und ich sage dir, dafür wirst du teuer bezahlen. Du wirst dir wünschen, deine hässlichen Tricks für dich behalten zu haben und du wirst dich nach dem Biss von Vater Schlange sehnen. Nun steh auf und komm mit.“

      Shandra lud sich Shiras Leiche auf die Arme, er stand auf als trüge er nur eine Feder, nicht mehr und machte sich auf den Weg nach El Zahara. Tarith schlurfte hinter ihm drein und ihr ganzer Körper sprach aus, dass sie aufgegeben hatte. Sie stand unter einem Bann, unfähig noch zu kämpfen, sich zur Wehr zu setzen.

       „Wie ist es geschehen?“

      Rollo stellte genau dieselbe Frage wie Shandra sie gestellt hatte, auch für Ragnar und Sombra war die Beantwortung dieser Frage von großer Wichtigkeit.

       „Tarith hat etwas fertig gebracht, was vielleicht noch niemals einem Adepten gelungen ist. Sie hat es tatsächlich geschafft, mit Väterchen Schlange in einen Rapport zu treten und ihn so daran zu hindern, sie anzugreifen. Allerdings nur so lange, als sie sich absolut ruhig verhielt. Schon die kleinste Bewegung genügte um die Aggression der Schlange wieder aufwallen zu lassen und Tarith in Lebensgefahr zu bringen. Darauf hat Tarith reagiert, indem sie begann, ein anderes Opfer zu suchen und zu rufen. Allerdings konnte sie dazu keinen allgemeinen und öffentlichen Ruf aussenden, sondern musste einen intimen persönlichen Modus benutzen. Sie wollte ja verhindern, dass ich etwas bemerkte. Somit kamen für einen Ruf nur drei Menschen in Betracht, denn nur drei kannte sie gut genug, um im intimen Modus den Kontakt herstellen zu können. Ich war einer davon und natürlich der absolut ungeeignete. Blieben zwei, nämlich Rollo und Shira. Rollos mentalen Fähigkeiten sind etwas begrenzter als meine oder als es die Shiras waren, er hätte einen Ruf im intimen Modus vielleicht nicht erkannt oder aber einfach nicht verstanden, also blieb Shira. Der Zufall wollte es, dass Shira sich gerade auf dem Weg nach El Zahara befand und gar nicht so weit weg war. So konnte sie von Tarith zielstrebig in die tödliche Falle gelockt werden.“

       „Und weshalb ist sie dann bei Shiras Leiche geblieben, bis du wieder zurück warst?“

       „Aus purer Gehässigkeit. Sie wollte mich leiden sehen. Sie hat nicht damit gerechnet, dass ich so reagiere und vor allem nicht, dass ich so schnell herausfinde, was sie getan hat.“

      Rollo wandte sich ab, wie sich auch Ragnar und Sombra abgewandt hatten, auch er wollte mit seinen Gedanken allein sein. Shandra dagegen wurde nun richtig aktiv. Er hatte seinen ursprünglichen Plan etwas abgeändert und die Bewohner El Zaharas zum Tempel auf die Bergspitze berufen, anstatt zum Marktplatz. Neben dem Tempel hatten er und Torwald einen Scheiterhaufen errichtet und auf diesem Scheiterhaufen wartete Shiras Leiche darauf verbrannt zu werden, damit ihr Geist sich in die andere Welt, das nächste Leben bewegen konnte.

      Zwischen dem Scheiterhaufen und dem Tempel stand Shandra auf einem eilig errichteten Podest und zu seinen Füßen hockte Tarith auf der Kante desselben und starrte anteillos vor sich hin. Sie war von Shandra unter einen absoluten Ultrablock gezwungen worden, niemand, den Shandra kannte, wäre in der Lage gewesen, sie aus diesem Block heraus zu holen. Sie selbst am allerwenigsten.

      Sombra hatte diesen Block als brutal kritisiert und Shandra deswegen Vorhaltungen gemacht, selbst Ragnar hatte ihn nicht billigen wollen. Shandra hingegen blieb unerbittlich.

       „Sie hat den Menschen in eine hinterhältige Falle gelockt, den ich neben Rollo am meisten geliebt und respektiert habe. Shira hat Tarith niemals auch nur ein böses Wort gegeben und mit Shiras Hilfe hätte Tarith sich befreien können, ohne dass meine Schwester hätte sterben müssen. Ich kann mich bemühen wie ich mag, ich finde nirgendwo in mir Mitleid für sie. Dabei habe ich noch nicht berücksichtigt, was sie alles unternommen hat, um mich zu manipulieren. Was ich heute Nacht tun muss, habe ich ihr zu verdanken, denn sie zwingt mich auf ihre Lügen zu reagieren und mit einer erfundenen Ideologie meinem Volk zu erklären, dass nicht ich es bin, der als Legende verehrt und idealisiert werden darf, dass es da etwas anderes – besseres – gibt, an das ich eigentlich aber selbst nicht glaube.

       Ihr könnt mich nicht umstimmen, also hört auf, mich böse anzuschauen und behaltet auch eure Bemerkungen für euch. Tariths Block wird, wenn es denn in meinem Ermessen bleibt, nie mehr aufgelöst werden. Sie wird eines Tages sterben und ihr Leben wird das einer Pflanze gewesen sein.“

      Kurze Zeit später, die Einwohner von El Zahara hatten sich vollzählig am Tempel auf dem Gipfel des Zahara – Berges versammelt und schauten gespannt zum flachen Dach des Tempels hinauf, wo unter der hell leuchtenden Flamme zusammen mit der Priesterin Tarith ein Mann in einem weiten Umhang und einer über den Kopf gezogenen Kapuze stand.

      Tariths Blicke wirkten abwesend, ihre Augen ein wenig glasig, dennoch suchte sie jetzt die Versammlung ab und kam offenbar zu dem Ergebnis, dass alle Menschen der Stadt versammelt waren. Sie trat an die Kante des Dachs, hob die Arme bis alles Raunen und Murmel in der Versammlung verstummt war, dann begann sie zu den Menschen von El Zahara zu sprechen.

       „Menschen der Stadt, ich habe euch noch einmal zusammen gerufen, weil es etwas zu sagen gibt, das nicht weniger wichtig ist, wie das was ich euch vor einigen Tagen verkündet habe.

       So hört, was ich zu berichten habe.

       Als erstes muss ich euch mitteilen, dass ich mich in mehrfacher Hinsicht geirrt habe. Die Flamme, die über diesem Tempel brennt hat nichts mit Shandra el Guerrero zu tun und Shandra ist auch nicht der Mann, der als Legende in unseren Herzen leben muss, um eines Tages wiederkehren zu können, wenn die Not am größten ist.

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