Kümmer dich ums Kätzchen. Sara Jacob

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Kümmer dich ums Kätzchen - Sara Jacob

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      Nach dem Spiel sitzen wir vor unseren Zelten. Fabian und Maike versöhnen sich. Frank baut uns einen Joint, den wir jetzt kreisen lassen. Sogar Katja nimmt einen Zug, doch ich glaube, dass sie nur Gregor etwas beweisen wollte.

      Ich weiß nicht, warum Gregor auf einmal von einer entfernten Bekannten redet, die am Borderline-Syndrom krankt, aber ich denke, er spielt auf Katja an. Gregor sagt, die Person habe ein Problem mit Nähe und Distanz, würde zwischen übertriebener Zuneigung und Ablehnung schwanken. Natürlich meint er Katja. Borderline. Ein Name für eine dumme Nuss.

      »Du meinst sowas wie Klammern, obwohl die Beziehung schon zu Ende ist?«

      Gregor zuckt mit den Schultern. »Das auch. Das ist die irrationale Vergötterung einer Person.«

      Katja reißt die Augen auf wie ein erschrockenes Reh im Scheinwerferlicht.

      »Du hast versprochen, mich zu heiraten.«

      »So was sagt man halt als Mann«, sagt Fabian.

      »Wann hat er es denn gesagt?«, fragt Frank.

      »Spielt das ne Rolle?«, fragt Maike. Ich zuckte mit den Schultern. Gregor grinst, unsicher zum ersten Mal, und zugleich arrogant. So jedenfalls kam es bei Katja an.

      »Als wir miteinander geschlafen haben.«

      »Da sagt man eben solche Sachen«, sagt Fabian. Ob er sich da nicht ins Fettnäpfchen setzt? Er braucht Hilfe.

      »Ich kenn das. Als ich mit Judith zusammen war, habe ich ihr auch gesagt, ich würde sie lieben.«

      »Ach, und das stimmte nicht?«

      »Ich hab sie gemocht, mehr nicht. Aber in diesem Moment hatte ich das Gefühl, sie würde erwarten, dass ich ein wenig mehr sage als nur das.«

      Wind rüttelt sekundenlang ungestört am Zelt. In der Ferne ganz sicher Lachen. Vielleicht auch das Rauschen des Meeres.

      »Dann sagt man eben solche Dinge«, sagt Gregor. Und es ist das erste Mal, dass ich ihn verstehe. Katja sieht das natürlich anders.

      »Aber du hast es mir doch versprochen«, ruft Katja und springt auf. Ihre Stimme bricht sich in den ersten Tränen. Gregor holte Luft. Mir ist nach Lachen zumute. Borderline. Wie geil ist das denn?

      »Katja«, sagt Maike mit quengelnder Stimme, erreicht ihre Freundin damit jedoch nicht mehr. Sie steigt über mich hinweg. Unter ihrer Hose zeichnet sich ein schmaler Slip ab. Der Reißverschluss des Zeltes knarrt. Hoffentlich bleiben die Mücken draußen.

      »Ach Katja«, sagt Frank matt. In seinen Augen blitzt es. »Wer heiratet denn heute noch?«

      Ich lache in meinen Schoß. Draußen vor dem Zelt knirscht Sand. Das Schluchzen geht im Heulen des Windes beinahe unter und entfernt sich ebenso rasch wie die Schritte. Wind fährt zwischen die Zeltbahnen. Die Taschenlampe im Dachfirst schwankt.

      »Toll«, sagt Maike. »Und jetzt? Immer muss ich hinter ihr herlaufen.«

      »Du bist eben auch ne Frau«, sagt Fabian. In seiner Stimme liegt unverhohlener Sarkasmus. Oder ist es Unsicherheit? »Du verstehst sie halt am besten.«

      »Was gibt es denn da nicht zu verstehen?«

      Zum Beispiel die Tatsache, wie jemand so naiv sein kann? So schwer von Begriff? So irrational? Wie kann man mit einem Jungen unter der Bedingung schlafen, dass dem Sex die Heirat folgt? In welchem Jahrhundert lebt dieses Mädchen denn?

      »Los, Daniel«, sagt Maike unvermittelt. »Geh du doch.«

      Das sitzt. »Nee«, entfährt es mir erschrocken. Eine Sekunde lang will ich mich in meinem Schlafsack verkriechen. Dieses Problem geht mich nichts an. Der Impuls ist stark, doch ich bin nicht mehr zehn Jahre alt. Das zieht nicht.

      »Wieso ich?«, frage ich stattdessen. Bestimmt hockt sie ein paar Meter entfernt heulend in den Dünen und kommt zurück ins Zelt, sobald die ersten Tropfen fallen. »Die kommt doch eh gleich wieder.«

      Ich kann mich doch überhaupt nicht in Katja hineinversetzen. Viel zu tief das fremde Gefühl, viel zu ernsthaft. Und wo bin ich überhaupt in dieser Sache? Kann mir die Beschäftigung mit Katja bei der Lösung meiner Probleme helfen? Bestimmt nicht. Dennoch besteht Maike darauf. Fabian auch, und Gregor und Frank ebenfalls.

      Wenn ich ihr folge, ihr nachgehe und mich um sie kümmere, was dann? Was soll ich ihr sagen? Muss ich das überhaupt? Ist doch so klar. Er liebt sie nicht. Schluss. Aus. Dumme Nuss. Ächzend erhebe ich mich, theatralisch, unsicher. Ob es schon regnet?

      Die Nacht ist total. Nur von den Duschen im Kiefernwald dringen ein paar Lichter auf die Düne. Nach ein paar Metern schon verschluckt die Dunkelheit jedes Sandkorn. Der Wind rüttelt an meinen Shorts, am T-Shirt, zerzaust meine Haare. Das Meer rauscht in der Ferne. Ich folge den Spuren im Sand und bin mit wenigen Schritten schon in den Sandwällen. Mir peitschen die ersten Tropfen ins Gesicht. Der Sturm hat zugenommen. Am Horizont reißen Blitze die Wolken in Scherenschnitte. Sekunden später rollt Donner.

      Die Düne steigt noch leicht an und fällt dann steil ab bis zum Meer. Sand quietscht zwischen meinen nackten Zehen. Er ist bereits kalt und feucht. So ein Quatsch. Abgesehen davon, dass ich sie gar nicht finden werde in der Dunkelheit, hält sie es bestimmt nicht lange hier aus. Viel zu kalt. Viel zu stürmisch.

      Spät erkenne ich den Schatten auf dem hellen Sand und stolpere beinahe über die am Boden hockende Person. Katja hat die Hände auf die angezogenen Knie gelegt und den Kopf darin vergraben. Ihr Köper zuckt. Als der Wind urplötzlich dreht, weht mir Schluchzen entgegen. In der Dunkelheit sind ihre langen Haare schwarz statt braun.

      »Katja«, sage ich und hocke mich neben sie in den Sand. Wieder Blitz, noch schneller der Donner.

      »Hau ab.« Die Hälfte der Schärfe bleibt zwischen ihren Händen kleben.

      Obwohl dichte Regenwolken den Mond verdecken und uns kein Licht vom Campingplatz erreicht, ist es nicht mehr stockdunkel. In immer rascherer Folge blitzt es über dem Meer. Der Sturm peitscht den grauen Ozean unter uns schaumig. In der Ferne blinkt das Licht eines Leuchtturmes, rechts von der Düne schimmern die Lichter von Arcachon.

      Meine Hände fühlen sich an, als hingen an ihr mindestens fünfzehn Finger, steif wie Essstäbchen und unfähig, sich auf den Rücken eines weinenden Mädchens zu legen. Immer mehr Tropfen peitschen mir ins Gesicht. Meine Füße sind kalt.

      Noch immer vergräbt Katja ihr Gesicht in den Händen. Vorsichtig strecke ich die Hand aus. Vielleicht will sie tatsächlich in Ruhe gelassen werden? Der Fluchtreflex wird groß. Wo bin ich in dieser Sache? Ich? Nicht Katja. Ich will die Schule abbrechen und in die Kommune meines Vaters ziehen. Nicht Katja. Ich habe wirklich existenzielle Probleme. Katja hingegen ist einfach nur naiv. Dumme Nuss. Aber jetzt bin ich hier, und ich kann ohne eine gute Ausrede nicht zurück ins Zelt. Acht Finger legen sich auf ihren Rücken. Ihr T-Shirt ist feuchtwarm.

      Katja hebt den Kopf. Ihr Gesicht ist ein grauer Fleck in der Dunkelheit. Ein trauriger, grauer Fleck, von Tränen ausgewaschen. Ich nehme meine Hand zurück, erschrocken und unsicher. Sehr nahe zuckt ein Blitz, Donner rollt unmittelbar darauf. Dann kommt der Regen. In dicken, schweren Tropfen entlädt sich das Unwetter. Es prasselt, rauscht, peitscht auf uns herab. Von einer Sekunde auf die andere ist mein T-Shirt nass. Auch Katja klebt das rosa Hemd am Körper.

      Sie

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