Kümmer dich ums Kätzchen. Sara Jacob

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Kümmer dich ums Kätzchen - Sara Jacob

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Maike langweilig. Katja und Gregor nutzen den Moment der Stille, um sich vom quietschenden Bett zu erheben. In der Hand hält Katja den Zimmerschlüssel. Ich traue meinen Augen nicht, dann knallt die Tür ins Schloss.

      »So, und was machen wir?«, frage ich Frank.

      »Wir trinken erst mal ein Bier«, sagt er. Maike grinst.

      »Warum bist du nicht mit Katja zusammen?«

      »Was weiß ich?« Warum sollte ich. Katja ist ein dürres, naives Dummchen. Ihre Nase zu groß, ihre Fragen zu doof. Es muss alles stimmen. Jeder Makel ist ein Ausschlusskriterium. Immer geht es um das Optimum. Keine Kompromisse. Strebst du nach Perfektion, um Zweifel auszuschließen?

      Ich war schon einmal verliebt. In Claudia, die mich nicht wollte. Ihr jedoch war ich nicht cool oder nicht gutaussehend genug. Gibst du jetzt weiter, was du erfahren hast? Und welche Rolle spielt die Scheidung deiner Eltern? »Viel zu kompliziert«, sage ich und meine die Gefühle. Kein Gedanke kann klarer sein als der an das Alleinsein.

      »Und außerdem ist er nicht katholisch«, sagt Fabian.

      »Richtig«, sagt Frank. »Jetzt geht eigentlich nur noch der Papst.«

      »Ich bin ja nicht mal religiös.«

      »Besser so. Lieber Atheist als Kathole.«

      »Kann der Papst heiraten?«

      »Ach Mensch, Maike«, blafft Fabian. Großer Fehler. Sie äfft ihn nach, er haut verbal zurück, und Frank grinst zu mir herüber. Herrlich.

      »Erzähl doch mal von Judith«, sagt Maike. »Warum hast du mit ihr Schluss gemacht?« Judith. Blödes Thema.

      »Also?«, fragt Maike noch einmal. »Warum hast du Schluss gemacht?«

      »Sie sah ihm nicht gut genug aus«, spottet Fabian. Weiß er nicht, wie hoch die Messlatte liegt? Sie liegt so unerreichbar hoch, dass nur die Damen in meinem Bettkasten sie überspringen können.

      »Weil sie nicht das ist, was ich will«, sage ich. Mein Zwerchfell zittert.

      »So eine blöde Ausrede. Sie ist dir nicht hübsch genug.« Wieso ist Fabian deswegen sauer auf mich? An Judith kann es nicht liegen, die ist ihm egal. Was ist es dann? Weil ich ihm weiter vorjammere, wie schwer ich es mit den Frauen habe? Weil wir nicht mehr gemeinsam einsam sind?

      »Nein, ja, auch, aber sie hat mich viel zu sehr eingeschränkt. Ich war ja bis zum Stadtfest im Herbst ganz zufrieden alleine, aber der Kuppelvirus war gerade ausgebrochen, und ...«

      Erzähl nichts davon, dass dir Wichsen nicht mehr gereicht hat, erzähl nichts von der nie zuvor gefühlte Zerrissenheit, die plötzlich fast körperlich wehtat, erwähne nicht den Bahnübergang hinter der Schule, auf dem du eines Nachts alleine standst.

      Sie verstehen es sowieso nicht.

      Diese Sehnsucht nach Nähe und das Unvermögen, einen Teil von dir aufzugeben und in einer Beziehung Kompromisse einzugehen, die zu zwei Polen auf der Kompassnadel deiner Seele geworden sind, die immer um dich herum rotiert und nie zur Ruhe kommt.

      »Auf Jörgs Geburtstag hab ich total besoffen das erstbeste Mädchen umarmt, das mir nach dem Kotzen in den Weg kam. Und das war Judith. Mehr nicht. Als wir uns das erste Mal geküsst haben, weil sie mich am nächsten Tag nach der Schule unbedingt sprechen wollte, hat es sich falsch angefühlt. Judith hat mich umklammert, rief mich an, wollte mit mir ins Kino, zum Minigolf, knutschen.«

      Erzähl nicht, dass du nur Ja gesagt hast, weil du nicht Nein sagen konntest, weil du von der Situation überfordert warst und das Spiel einfach mitgespielt hast.

      Auf dem Sofa ihrer Eltern, nachts nach der Party, war sie die erste, der ich meine Hand unter das T-Shirt steckte und einen Finger in die Möse geschoben habe. Sag Möse, und Maike wird dich angewidert ansehen. Ich spüre die Feuchtigkeit in meinen Handflächen. Judiths Gesicht blitzt auf. Fabian ist ganz aufgeregt, fast wütend.

      »Aber wolltest du das nicht immer?«

      »Es hat sich nicht richtig angefühlt. Jeder Kuss war gelebter Abstand. Die Gefühle im Fernsehen waren realer, auch wenn es nicht meine waren. Fluchtreflex statt Zuneigung. Mir war unsere Beziehung bereits nach dem ersten Treffen zu viel. Als auf Sat.1 Spiel mir das Lied vom Tod lief, den ich unbedingt sehen wollte, tat ich das alleine. Rumgeknutsche bei Sergio Leone ist doch Blasphemie.

      Sie hat mich danach angerufen, das war total daneben. Sie wollte nicht auflegen, und ich wollte nichts sagen. In der Schule war mir ihre Anwesenheit auf dem Pausenhof peinlich, in ihrem Zimmer ihre Vorliebe für Jazzmusik. Ein paar Tage später hab ich Maike betrunken vor McDonald‘s getroffen, im Regen, und sie hat mir erzählt, Judith würde mich lieben.«

      »Du bist so doof«, wirft Fabian seiner Freundin vor. »Ich hab dir gesagt, dass ein Mann das nicht hören will.«

      »Ach, ich bin schuld, dass Daniel Schluss gemacht hat?«

      Jetzt kabbeln sie wieder. Ich höre das gerne. Aber selbst erleben?

      »Die Beziehung zu Judith hat plötzlich wie ein Stapel Schulbücher auf mir gelastet. Liebe? Nein. Zuneigung und Interesse, die hinter dem Wunsch nach Perfektion jedoch sehr weit zurückblieben. Ich hab sie ja noch nicht einmal als meine Freundin bezeichnet. Kurz danach holte sie mich von McDonald’s ab, das hat mir gar nicht gepasst. Ich war doch mit Fabian verabredet.

      Ich nahm sie mit nach Hause. Sie sah mir zu, wie ich mir im Stehen Brote schmierte. Sie hat den Fischmac als genial bezeichnet. Genial. So ein Wort hat sie vorher nie benutzt. Das klang so anbiedernd und falsch. Vor der Haustür hab ich sie stehen lassen.

      Eine Woche später fing sie mich nach dem Kunstunterricht ab. Ich wusste genau, was sie wollte. Ich war echt erleichtert, als sie sagte, wir sollten die Beziehung besser abbrechen, wenn ich nicht mit Frauen umgehen könne. Ich widersprach ihr nicht, nickte nur. Sie hatte ja Recht.«

      Eine kurze Pause. Vor dem Hotel keifen sich zwei Frauen an. Ich kann die Sprache nicht verstehen.

      »Das finde ich ganz schön heftig«, sagt Maike. Ihre Augen lasten auf mir, dem Teflon-Mann. Erwartet sie, dass es mir Leid tut? Nichts bleibt an mir haften. Gar nichts.

      »Dass ich ihr nicht widersprochen habe?«

      »Dass du so kalt bist.«

      Kalt? Wieso kalt? Judith passte eben nicht zu mir.

      »Er ist doch nur ehrlich«, wirft Frank ein, bevor ich antworten kann. Ehrlich. Eigentlich bin ich nur unsicher. Ich weiß nicht, wie ich mich verhalten soll in solchen Situationen, und dann sage ich, wenn überhaupt, immer nur das, was mir als erstes in den Sinn kommt. Dabei wünsche ich mir, ich könnte immer das Richtige tun.

      Ich habe stets und überall das Gefühl, meine Rolle nicht ausfüllen zu können, fühle mich immer zu klein für die Fußstapfen, in die ich treten soll. Obwohl meine Eltern aus Bayern nach Niedersachsen gezogen waren, meine Oma in Bayern lebt, meine ganze Familie, spreche ich nicht ein Wort Bayrisch. Ich kann mit den Worten nichts anfangen. Oachkatzlschwoaf – ein Wort wie aus einer anderen Welt.

      »Du sprichst kein Bayrisch?«, fragte mich einmal ein Bekannter meiner Großeltern, als wir wieder einmal im tiefsten Oberbayern zu Besuch waren.

      »Nein«,

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