Schatten und Licht. Gerhard Kunit

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Schatten und Licht - Gerhard Kunit

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Sylva starrte fasziniert in die abgründige Tiefe der magischen Augen, die eine unwiderstehliche Anziehung auf sie ausübten.

      „Wie schon gesagt: Das ist Harazzin“, sagte Magistra Feuerstaub. „Er ist ein junger Feuerdjinn. Er wird uns bei den heutigen Übungen unterstützen. Die Feuerlanze und den Kleinen Feuerball haben wir ausführlich erörtert und an den Puppen trainiert, aber heute wird Harazzin Euer Ziel sein. – Nein, ihr könnt ihn nicht verletzen, sofern Ihr Euch auf die genannten Feuerzauber beschränkt. Das Gegenteil ist der Fall: In seiner elementaren Struktur ist ihm jede Art von Feuer, magisch oder nicht, angenehm und letztlich ein unverzichtbarer Bestandteil seiner Entwicklung. Man könnte sagen, ihr füttert ihn. Für mehr als drei oder bestenfalls vier Versuche wird Eure Kraft nicht reichen, also zielt gut. Ihr habt es erstmals mit einem beweglichen Ziel zu tun.“

      Farin meldete sich sofort. In den theoretischen Fächern war der dunkelhaarige Novize der Klassenbeste und er ließ keine Gelegenheit aus, seine Überlegenheit zu demonstrieren. In den praktischen Zauberübungen tat er sich schwerer, konnte den Mangel aber durch intensives Studium der zugrunde liegenden Thesen ausgleichen. Heute stieß er jedoch an seine Grenzen. Sein erster, zaghafter Feuerball traf den noch still stehenden Djinn, aber als dieser in großen Kreisen und Schleifen über das Zielgelände glitt, verfehlten ihn die beiden folgenden Feuerlanzen. Schließlich war Farin so verunsichert, dass ihm ein weiterer Feuerball völlig misslang und verpuffte. Niedergeschlagen räumte er seinen Platz.

      Dann trat Satina vor. In ihrer Aufregung gelang es ihr anfangs nicht, den Feuerball zu formen, aber ihre Feuerlanze erwischte Harazzin im Flug. Freudig blies er eine stiebende Funkengarbe in die Luft, und die Magistra legte der Schülerin aufmunternd die Hand auf die Schulter: „So ist es recht. Selbst wenn es nicht gleich funktioniert: Zusammenreißen, konzentrieren, noch einmal versuchen. Bravo! Wer ist der Nächste?“

      Sylva machte sich bereit. Im Gegensatz zum theoretischen Unterricht, für den sie nach den vielen Jahren noch immer keine Begeisterung entwickeln konnte, war sie in den praktischen Übungen wirklich gut. Sie liebte es, von den freigesetzten Energien durchflutet zu werden, und die heute geforderten Zauber beherrschte sie einwandfrei. Würde sie auch treffen?

      Ihre Gedanken verdichteten sich. Der Feuerball nahm zuerst in ihrer Vorstellung Gestalt an. Der magische Fluss durchströmte sie und fokussierte sich zu einer kleinen Kugel oberhalb ihrer rechten Handfläche. Als sie die von rechts kommende Feuerspur Harazzins erfasste, gab sie das Geschoss frei. Schnell wie ein Pfeil jagte es auf den Djinn zu und explodierte direkt neben ihm. Er verschwand in einer feurigen Entladung magischer Flammen. Ermutigt schickte sie zwei Lanzen aus scharf gebündeltem Feuer hinterher, traf aber nur einmal.

      Das kannst du besser, sagte sie sich, während sie ihre Kraftreserve ergründete. Ein normaler Feuerball ginge sich leicht aus, aber sie wollte eine stärkere Aufladung versuchen. Das brächte sie an die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit. Wer die eigene Schwäche nicht kennt, weiß nicht um seine Stärke, pflegte Magister Reimer zu sagen: Also mit voller Kraft. Sie sammelte die schon deutlich geschwächten Ströme aus ihrer Mitte und lenkte sie in eine konzentrierte Feuerkugel. Dann wartete sie, bis Harazzin seinen Flug für eine enge Wende verlangsamte. Verlust, durchzuckte es sie schmerzhaft, als das letzte Quäntchen ihrer magischen Kraft in den Zauber floss. Dennoch konnte sie die Konzentration lange genug halten, um die weißglühende Feuerkugel erst an ihrem Ziel zu entfalten.

      Trotz der beträchtlichen Entfernung spürte Sylva die zurückschlagende Hitze, als der Djinn von weißem und blauem Feuer verschlungen wurde. Ein erschrockenes Raunen lief durch die Schüler, doch Harazzin flitzte knisternd aus der verglühenden Wolke. Das Flammenwesen nahm die Gestalt eines winzigen Drachen an, schlug zwei Loopings und, nach einer wilden Schraube, einen dritten. Es jagte in wilden Kurven über den Platz und sprühte vor Begeisterung, doch in seinem Fall war das wörtlich zu nehmen. Schüler und Lehrerin brachten sich vor seinem ausgelassenen Funkenregen in Sicherheit. Magistra Feuerstaub applaudierte begeistert und die Anderen fielen ein.

      Sylva war stolz. Die Anerkennung half über die Leere hinweg, welche die verbrauchte Magie in ihr hinterließ. Satina umarmte sie spontan und Nikki gratulierte ihr. Nur Farin wandte sich missmutig ab. Als er aufsah, erkannte sie unverhohlenen Neid in seinem Blick.

       * * *

      Zwei Wochen später vollendete Sylva einen sorgfältiger gearbeiteten Waffengürtel, aber sie trug den Dolch nur noch selten. Obwohl ihre Faszination für die schlanke Klinge ungebrochen war, respektierte sie die allgemeine Abneigung gegen scharfe Waffen.

      Die Fechtstunden mit Reuben, Serena und Torin wurden indes zu einer lieben Gewohnheit, und sie machte dabei gute Fortschritte. Nach einem anstrengenden Nachmittag im Kupferkrug trottete sie müde zur Akademie hinauf. Ihre Muskeln schmerzten, da Serena sie ordentlich gefordert hatte.

      Eine Bewegung am Straßenrand ließ sie aufsehen. Magister Reimer musste hier auf sie gewartet haben. „Sylva, ich muss mit Dir sprechen.“

      Seine Ernsthaftigkeit beunruhigte sie.

      „Es geht um Deinen Dolch“, fuhr er fort. „Und um Deine Prüfung für das Noviziat.“

      Sylva verstand nicht.

      „Das Tragen von Waffen mit scharfer Klinge ist bei Magiern verpönt, bei strenger Auslegung sogar verboten. Ausnahmen gibt es nur für die kleinen Messer, die in der Pflanzenkunde oder in der Alchimie verwendet werden. Das Gesetz wird nicht oft angewendet, da die meisten Magier Klingenwaffen von sich aus meiden, aber in Deinem Fall haben sich einige Schüler bei Magistra Südfahrer beschwert und …“

      Er unterbrach sich, als sie ihn mit großen Augen ansah. „Also genau genommen ein Schüler“, fuhr er fort, „aber das ist nicht von Belang. Das Tragen des Dolches am Akademiegelände und in der Öffentlichkeit ist Dir untersagt. Ich muss Dir die Waffe abnehmen.“

      Ein Kloß machte sich in Sylvas Hals breit. Wieso machen sie mir alles kaputt, dachte sie, während sie zögerlich die Schnalle des Gürtels öffnete. Zumindest haben sie Reimer geschickt. Wenn ich der Südfahrer den Dolch geben müsste, würde ich heulen wie ein kleines Mädchen.

      „Ich werde den Dolch im Kupferkrug deponieren“, überlegte Reimer halblaut und rieb sich das Kinn. „Torins Vater ist ein ehrlicher Mann. Dem kann ich die Waffe anvertrauen, und wenn ich‘s recht bedenke, kann man seinen Schuppen auch nicht als öffentlich bezeichnen. Da stimmst Du mir doch sicher zu?“

      Er strahlte die verdutzte Schülerin an: „Außerdem habe mich erboten, Dir eine Strafarbeit aufzubrummen“, meinte er gönnerisch und weidete sich an ihrer Verwirrung. „Weißt Du, was ein ‚Ridik‘ ist?“

      Sylva nickte mechanisch und wiederholte den Absatz aus dem Lehrbuch: „Ein Ridik ist ein magischer Gegenstand, der als Fokus und Verstärker für bestimmte Aufgaben dient. Ursprünglich für den Kampf gegen dämonische Kräfte gedacht, finden Ridiks in vielen Bereichen der Magie Verwendung, allen voran bei Alchimie und Hellsicht.“

      „Gut. Wer darf ein Ridik besitzen?“

      „Im Gegensatz zu einem Artefakt ist das Ridik ein personifizierter Gegenstand. Es ist nur seinem Erschaffer von Nutzen.“

      Sylva zögerte, doch er bedeutete ihr fortzufahren. Sie kramte in ihrem Gedächtnis. „Ein Magier darf nur eigene Ridiks mitführen, dies kann ihm aber keinesfalls untersagt werden. Diese Bestimmung ist dominant und steht damit in ihrer Wertigkeit über anderslautenden Verboten weltlicher oder magischer Autoritäten.“

      „Sehr gut“, lobte der Lehrer. „Du schreibst mir eine Abhandlung über Ridiks. Achtzehn Pergamente dürften genügen. Sieh zu, dass Du vor Deiner Prüfung

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