Schatten und Licht. Gerhard Kunit

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Schatten und Licht - Gerhard Kunit

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Du nach Hause kommst, bevor es finster wird. Ich bringe noch den Dolch in den Krug.“

      Fröhlich pfeifend marschierte er los. Sylva sah ihm wütend hinterher. Sie ballte die Fäuste und stampfte mit dem Fuß. „Achtzehn Pergamente, so ein Mist“, schimpfte sie. Sie tat sich mit dem Schreiben immer noch schwer und er wusste das. Für eine so umfangreiche Arbeit würde sie Stunden über Stunden in der Bibliothek verbringen. Er hatte ihr die schlechte Nachricht persönlich überbracht, und er würde den Dolch in den Kupferkrug bringen. Dafür war Sylva ihm dankbar, aber die ausgelassene Stimmung, mit er ihr die Arbeit aufgebrummt hatte, wurmte sie. Wütend stapfte sie den Karrenweg hinauf und trat einen Kiesel beiseite. Achtzehn Seiten! Was denkt der sich eigentlich.

      Bald darauf erreichte sie die Akademie. Wahrscheinlich hatte Reimers gute Laune gar nichts mit ihr zu tun und er freute sich nur auf einen Abend in der Stadt.

       * * *

      Am Abend vor ihrer Prüfung war Sylva fertig. Ihre Rechte schmerzte vom Schreiben und ihr Rücken war steif. Zum wiederholten Mal fragte sie sich, warum gerade ihr die Handhabung des Federkiels solche Mühe bereitete. Noch einmal überflog sie die Pergamente. Etliche, nur oberflächlich beseitigte Tuscheflecken zeugten von ihrer Ungeschicklichkeit, aber sie hatte es geschafft. Ihr Blick blieb an jener Passage hängen, die ihr Magister Reimer besonders ans Herz gelegt hatte. Halblaut las sie die Stelle noch einmal durch:

      „Oftmals werden Kristalle oder Glaskugeln als Ridik verwendet. Letztere profitieren überdies davon, dass die permanent eingebrachte Magie das Artefakt annähernd unzerstörbar werden lässt. Neben den bekannten Formen wird leicht übersehen, dass jeder Gegenstand ridiziert werden kann. Die Codizes sehen hier keine Einschränkungen vor.“

      Satina sah irritiert auf, als Sylva zu lachen begann. Ihr Dolch gäbe ein gutes erstes Ridik ab, aber in ihrer Vorstellung sah sie sich mit einem langen, schmalen Schwert am Gürtel und keine Magistra Südfahrer dieser Welt könnte sie daran hindern, es zu tragen.

       * * *

      Verbotenes Wissen

      Jahr 24 des Kaisers Polanas, Frühling

       Geron der Wandler, Magister und Lehrmeister an der Akademie zu Rand

      „Darrian!“ Gerons Stimme hallte durch die nächtliche Bibliothek. Zögernd schob sich eine schlaksige Gestalt zwischen den Regalen hervor. „Was machst Du hier?“ herrschte der Magier den Novizen an.

      „Ich wollte etwas nachlesen.“

      „Und das wäre?“ Darrians schwankende Stimme entging dem Lehrer nicht. Er unterrichtete seit dreißig Jahren und kannte alle Anwandlungen und Streiche der angehenden Magier. Zuletzt hatte man ihn vor fünfzehn Jahren erfolgreich hinters Licht geführt, doch damals hatte sich die Novizin durch ihre Prahlerei selbst verraten.

      „Ich, ich ...“, stammelte der Schüler. Sein Gesicht lief rot an. „Ich habe die, ... die Thesis zum Beenden metallischer Verwandlungen gesucht.“

      Der Zauberer glaubte ihm kein Wort, ging aber auf die fadenscheinige Erklärung ein. „Du solltest im Schlafsaal sein. Was denkst Du Dir dabei, Nächtens durch die Bibliothek zu streifen?“

      „Ich habe wach gelegen und über einem Problem gegrübelt, aber ich bin zu keinem logischen Schluss gekommen, wieso sich die Struktur der Materie dabei abkühlt.“

      „Und welches Buch, glaubtest Du, würde Dich weiter bringen?“ Er nahm Schärfe aus seiner Stimme, um den Jungen in Sicherheit zu wiegen.

      „Ich dachte an das Lexikon der ungeordneten Verwandlungen. Da wollte ich die Einleitung zu den Metallischen Reflexionen nachlesen.“ Darrian fühlte sich jetzt auf sicherem Boden.

      Magister Geron musterte ihn abschätzig. Warum glaubten diese Kinder, ihm jeden Unsinn auftischen zu können. „Wo steckt Deine Freundin?“ Er sprach leise und ließ einen drohenden Unterton einfließen.

      „Wer?“ Aufkeimende Panik flackerte in den Augen des Novizen. Er würde bald auspacken.

      „Semira, wer sonst. Das hat sie Dir doch in den Kopf gesetzt.“

      „Ich weiß nicht, was Ihr meint. Semira hat geschlafen, als ich aus dem Saal geschlichen bin.“

      „Lüg‘ mich nicht an!“ Geron hasste es, wenn sich jemand so dumm anstellte. „Ich glaube nicht, dass Du in den Mädchensaal gehst und nachsiehst, wer schläft, bevor Du durch die Schule schleichst. Vielleicht wird aus Dir irgendwann ein leidlich guter Zauberer, aber von den Metallischen Reflexionen hast Du nicht den Funken einer Ahnung.“

      Sein Gegenüber schwieg eingeschüchtert. Geron kannte Darrian als ehrgeizigen, aber nicht sonderlich begabten Schüler. Er musste nur noch seine Eifersucht schüren, und der Novize würde die Wahrheit ausspucken. „Im Gegensatz zu Dir, kennt sich Semira mit der Theorie der magischen Verwandlungen bestens aus, obwohl Sie zwei Jahrgänge unter Dir ist.“

      Der junge Novize starrte zu Boden und seine Kiefer mahlten.

      „Dich benutzt sie als Alibi, während sie sich Zugang zu weiterführendem Wissen verschafft.“ Darrian knickte ein und Geron war am Ziel. „Ich gehe nicht davon aus, dass sie ihre Erkenntnisse mit Dir teilt. Das Mädchen teilt mit niemandem.“

      Er hatte seit langem ein Auge auf Semira. Sie würde sich den Regeln der weißen Magie niemals beugen, doch es war ihm weder gelungen, sie von der Notwendigkeit jener Grenzen zu überzeugen, noch sie einer Verfehlung zu überführen – bis heute.

      „Also, wo steckt das Luder?“ Darrian schwieg, aber sein Blick wanderte die Regale entlang bis zu der Türe am Ende der Bibliothek, hinter der die Bücher mit dem bedenklichen oder gar verbotenen Wissen aufbewahrt wurden.

      Gerons Stimmung schlug um. Tiefer, rechtschaffener Zorn stieg in ihm auf. Es gab hunderte von Gründen, dieses Wissen vor den noch ungefestigten Schülern und Novizen zu verbergen und er kannte die Verlockungen, die von einem leichtfertigen Umgang mit der Magie ausgingen. Er hatte miterlebt, wie Schüler dieser Versuchung erlagen und nur unter massivem Einsatz der Lehrer wieder auf den rechten Weg zurückgeführt werden konnten.

      Ein einziges Mal hatte er einen Novizen an eine Schwarze Schule verloren. Das sorgfältig gehütete Wissen war dort mit Begeisterung aufgenommen und ausgebeutet worden. Seit diesem Vorfall betrachtete er das vollständige Ausbrennen der magischen Energien und Fähigkeiten aus einem undisziplinierten Schüler nicht als drakonische Strafe, sondern als harte, aber notwendige Maßnahme, um die Welt vor übereifrigen, egozentrischen Magiern undefinierter oder gar verdorbener Geisteshaltung zu schützen.

      „Geh in Dein Quartier“, herrschte er den Schüler an. „Wir sprechen uns morgen.“

      Darrian rauschte erleichtert ab.

       * * *

      Die Türe zur Kammer der verbotenen Bücher war tatsächlich unversperrt. Geron zögerte. Vermutlich sollte er jetzt andere Professoren wecken und Magistra Varna, die Akademieleiterin verständigen. Andererseits handelte es sich nur um eine dreizehnjährige Göre mit übersteigertem Selbstbewusstsein.

      Entschlossen trat er in die Dunkelheit. Er schloss die Türe hinter sich und aktivierte das magische Licht seines Zauberstabes.

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