Schatten und Licht. Gerhard Kunit

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Schatten und Licht - Gerhard Kunit

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und seitdem blühte sein Geschäft. Im Gegenzug überließ er ihr den alten Lagerraum hinter seinem Kontor. Der übermannshohe Spiegel, der seit Menschengedenken unverrückbar in dem Gemäuer stand, war ihm schon immer unheimlich, und die dicken Laken, mit denen er verhängt war, änderten daran wenig. Semira störte sich nicht an dem Ding. Sie nutzte den Raum zur Lagerung ihre alchimistischen Utensilien und der fertigen Tränke.

      Chiero wandte sich seinen Abrechnungen zu. Der Reingewinn des letzten Mondes betrug mehr, als er früher in einem Jahr verdient hatte. Semiras Ware war von guter Qualität, was bei magischen Tinkturen selten war. Demgegenüber konnte man ihre Preise als fair betrachten, das sprach sich herum, und mittlerweile erstreckte sich die Stammkundschaft auf die gesamten nördlichen Sklavenstädte.

      Der Blick des Kaufmanns fiel auf einen Flakon aus rotem Kristallglas. „Souriner Nächte“ stand auf dem Etikett aus Blattgold. Dieses teuerste Elixier des Sortiments war in den Palästen und Villen der Reichen und Mächtigen ebenso beliebt wie in gehobenen Freudenhäusern. Er gedachte der Worte, mit denen ihm die Magierin die Mischung präsentiert hatte: Stell Dir vor, Du könntest die Manneskraft stärken und zugleich einen Geruch entwickeln, der jegliche Hemmung nimmt. Darüber legst Du eine Illusion, die alle Menschen anziehend und begehrenswert erscheinen lässt. Leichte Halluzinationen runden die Wirkung ab. Das könnte ein Fest in Schwung bringen.

      Ihre glockenhelle Stimme stand in herrlichem Kontrast zu seinen verruchten Vorstellungen, die in ERUs verführerische Welt abglitten, und die leichte Berührung an seiner Schulter tat ihr übriges. Nur widerstrebend entzog er sich damals ihrem Bann und erntete dafür ein gekünsteltes Schmollen. Geschäft ist Geschäft, sagte er sich. Da haben Gefühle keinen Platz. Außerdem war sie noch ein Mädchen, als ich sie damals am Laudon aufgelesen habe.

      Ein einziges Mal war er selbst der Wirkung der „Souriner Nächte“ erlegen. In dieser Nacht hatte er einen ganzen Monatsverdienst in „ERUs Badepalast“ gelassen – und noch heute bereute er nicht ein Kupferstück davon. Kein Wunder, dass die Tinktur im Kaiserreich verboten ist, dachte er. Die Bürger der südlichen Länder waren prüde und betrachteten schon eine gewöhnliche Orgie als unanständig.

      Magische Tränke und alchimistische Erzeugnisse unterlagen hohen Zöllen. Das machte den Schmuggel gleichermaßen einträglich und gefährlich. Gerüchten zufolge schmachteten einige seiner Kollegen bereits in imperialen Kerkern. Die kaiserlichen Grenzer hatten ihre Zusammenarbeit mit den Akademiemagiern weiter verstärkt, und gerade Gegenstände mit magischer Aura waren kaum noch zu verbergen. Obwohl es Chiero nach dem harten Kutschbock und dem Griff der Schlangenhautpeitsche juckte, war er doch froh, dass ihm die Zusammenarbeit mit Semira die gefährlichen Fahrten ersparte.

      Seit sie den hinteren Lagerraum übernommen hatte, übte der eine unerklärliche, fast mystische Anziehung auf ihn aus. Nachdenklich sah er zu der Türe, hinter der die junge Magierin verschwunden war. Oft zog sie sich für viele Stunden zurück und er stellte keine Fragen mehr. Heute aber, spürte er, ging etwas Ungewöhnliches vor sich. Er hob die Hand und wollte anklopfen, doch ein Geräusch ließ ihn innehalten. Janic, sein Hausdiener, brachte Tee.

      Chiero ließ sich in seinen Sessel sinken und widmete sich dem herrlich duftenden Getränk. War es klug war, der berechnenden Magierin zu vertrauen? Er kannte die Antwort, wollte ihre belebende Nähe Frau aber um Nichts auf der Welt missen.

       * * *

       Janic, Hausdiener

      Janic stapfte missmutig aus dem Kontor. Er machte sich nichts aus Frauen. Schon gar nicht aus diesem ausgekochten Luder, das sich ins gemachte Nest setzte. Mit ihrem aufgesetzten Mädchencharme wickelte sie den Kaufmann um den Finger. So wie der gerade die Türe zum Lagerraum angestarrt hatte, hatte sie ihn eindeutig verhext. Jetzt, wo die Geschäfte endlich gut liefen, zog sie ihm sein Geld aus der Tasche.

      Janics Weg führte ihn an der Treppe zum ersten Stock vorbei. Dort oben lag ‚ihr‘ Zimmer. Er hatte immer gewusst, was in den Räumen des Kontors vorging. Das war seine Aufgabe, bis vor drei Jahren, seitdem war der Raum abgesperrt. ‚Ihr‘ Zimmer, ärgerlich war das. Auch der Lagerraum blieb verschlossen. Mochte ANRADA wissen, welch widernatürliche Abscheulichkeiten dort vor sich gingen. Er wusste es nicht, und sein Herr wusste es auch nicht.

      Sein Fuß streifte einen Schemel, als er die Küche betrat. Wütend stieß er ihn beiseite. Könnte ich doch diese Hure beiseite treten, dachte er, aber der Herr hat seinen Narren an ihr gefressen.

      Sorgsam stellte er den Schemel wieder auf. Er gehörte dem Herrn und Janics Aufgabe war es, Ordnung zu halten. Vor langer Zeit hatte er sich damit abgefunden, dass der Herr Frauen liebte, nur Frauen. Dennoch war er dem Kaufherrn treu, wie es sich für einen Diener geziemte. Aber was diese Semira mit seinem Herrn aufführte, war nicht in Ordnung. Er hielte die Augen offen, bis das blonde Weibsstück einen Fehler machte. Dann würde Janic dem Herrn die Augen öffnen und dieser wäre dankbar.

       * * *

       Chiero Albacca

      Viele Stunden blieb Semira im Lager und draußen wurde es dunkel. Die Lohnlisten der vergangenen Woche lagen vor ihm, doch Chiero schenkte ihnen keine Aufmerksamkeit und das trübe Licht der einzelnen Öllampe hätte dazu auch nicht gereicht. Janic versuchte, ihn zum Schlafengehen zu bewegen, aber der Kaufmann winkte ab und trat ans Fenster. Draußen mussten die zahllosen Sterne des nördlichen Nachthimmels miteinander um die Wette funkeln, doch das unebene Glas der Butzen behinderte die Sicht. Er wusste nicht, weshalb er hier blieb, doch seine innere Unrast hielt ihn wach.

      Das Geräusch des Riegels unterbrach sein Sinnieren. Im Schein einer magischen Lichtkugel huschte Semira aus der Türe. Auf halbem Weg bemerkte sie Chiero und hielt inne.

      „Eine Hügellandschaft. Grün, mit Olivenhainen und Weingärten, dazwischen einzelne Gehöfte und kleine Dörfer. Sagt Dir das etwas?“

      Chiero riss sich von ihrem Dekolleté los, das sich mit ihrem Atem hob und senkte. Geschäfte, redete er sich ein. Es geht nur um Geschäfte. „Wie, nein, ich weiß nicht.“ Er rang um seine Fassung und wandte den Blick ab.

      „Die Ansiedlungen liegen auf den Hügelkuppen.“, fuhr sie aufgeregt fort. „Weit im Süden ist eine weiße Bergkette zu sehen, davor eine weite Ebene.“

      Der Händler grübelte. „Das könnten die Chantas sein. Warum?“

      „Was wären unsere Elixiere dort wert?“

      Während er überlegte, verfing sich sein Blick in ihren Augen. „Der weite Weg, die Risiken, die Zölle. Rand und Bethan sind von dort gut erreichbar, Hesgard auch. Das Vier- bis Fünffache schätze ich, die verbotenen Tinkturen vielleicht mehr.“

      Sie dachte nach, rechnete. Gerade, als er sie vor Schmuggelfahrten ins Kaiserreich warnen wollte, platzte sie heraus: „Was hältst Du davon, wenn wir miteinander reich werden?“ Sie missdeutete sein Zögern und strahlte ihn an. „Also Du ein bisschen und ich richtig.“

      „Du kannst die Chantas nicht übers Meer erreichen“, wandte er ein. „Die Küste ist unwegsam, voll von vorgelagerten Klippen und anderen Widrigkeiten. Außerdem gibt es Piraten und Patrouillen der kaiserlichen Marine. Die wenigen Landestellen werden wahrscheinlich schon von Schmugglern genutzt. Schlags Dir aus dem Kopf.“

      „Mit dreihundert Goldstücken wären wir im Geschäft.“ Das sanfte Streicheln ihres Zeigefingers unter seinem Kinn bereitete seinem Bemühen sich auf Einwände zu konzentrieren ein Ende.

      „Bitte“, fügte sie mit

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