Schatten und Licht. Gerhard Kunit

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Schatten und Licht - Gerhard Kunit

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sich nicht völlig in seinem Verlangen nach der schönen Magierin zu verlieren, die ihn so unverhohlen und zugleich verspielt umgarnte.

       * * *

       Liberna Radina

      Die ehrwürdigen Gebäude des Weinguts Castelgionda warfen lange Schatten, und die Hitze des Tages wich einer angenehmen Wärme. Die Bruchsteinmauern gaben die gespeicherte Glut ab und hielten die Kühle des beginnenden Herbstes bis weit in die Nacht fern. Die rhythmischen Gesänge der Männer und die Klänge einer Gitarola begleiteten die Frauen und Mädchen, die in einem großen Bottich die Trauben stampften, und Gelächter kündete von der ausgelassenen Stimmung, die das Weinfest begleitete. Die Frauen hatten die Röcke hochgerafft und ihre Schenkel schimmerten im Glanz des Traubensaftes.

      Liberna Radina schmunzelte. Falls einer der Männer ein Auge auf ein Mädchen geworfen hatte, wäre heute der Tag, an dem sie sich ihm nicht verweigerte. So wollte es der Brauch der Chantas.

      Das Weinfest, an dem sich Liberna ihrem späteren Gemahl zum ersten Mal hingegeben hatte, lag lange zurück. Vier Kinder hatte sie Gendar geboren: Lyon, ihr Ältester, der seiner Frau mit leuchtenden Augen beim Bottichtanz zusah und selbst schon zwei Kinder hatte, Marya, die vor drei Jahren in ein anderes Gut der Chantas eingeheiratet hatte, Lanka, ihre freiheitsliebende, jüngere Tochter und Tonio, ihr Jüngster, der gerade das heiratsfähige Alter erreicht hatte. Mal sehen, ob ihm Eine gefällt, dachte sie. Könnte nicht schaden, wenn sein Interesse erwacht.

      Während sie zum Festplatz schlenderte, bemerkte sie eine Bewegung beim Gesindehaus. Dann erkannte sie Finn, einen der Knechte, doch die Frau in der zweckmäßigen Kleidung einer fahrenden Händlerin war ihr fremd.

      Hübsch, dachte sie. Nein, schön, korrigierte sie sich, als die Fremde ins Licht trat.

      „Herrin, wir haben einen Gast“, sagte Finn und verneigte sich ehrbietig. „Sie möchte Euch sprechen.“

      „Danke Finn, es ist gut“, erwiderte sie und wandte sich an die Besucherin: „Ich bin Liberna Radina, willkommen auf Castelgionda.“

      „Mein Name ist Raffaella. Raffaella ya Carano“, erwiderte die Fremde. Ihr feiner Akzent erinnerte an die Aussprache der nördlichen Reiche. „Ich möchte mit Euch ein paar Dinge besprechen, wenn Ihr erlaubt.“

      Manieren hat sie, dachte Liberna, und die Augen sind bemerkenswert. „Feiert mit uns, wenn es Euch gefällt und Euer Anliegen bis morgen Zeit hat.“

      Die Händlerin nahm die Einladung mit einem leichten Neigen des Kopfes an und folgte Liberna zum Festplatz.

       * * *

      Die Fremde fand sich rasch in das ausgelassene Treiben. Sie benahm sich ungezwungen, als wüsste sie nicht um ihre berauschende Wirkung auf die Männer. Schon bald stand sie im Bottich, mit nichts bekleidet, als einem leichten Unterkleid und trat Trauben, als hätte sie nie etwas anderes gemacht.

      Liberna sah zu ihrem Sohn Tonio, der die hübsche Fremde mit den Augen verschlang. Sieh an, sieh an, schmunzelte sie. Vielleicht ist sie der Funke, der sein Feuer entfacht. Es konnte nicht schaden, wenn die Händlerin ein wenig auf dem Gut verweilte. Alles Weitere würde sich ergeben.

      „Lyon! Lanka!“, rief sie lachend zu ihren Älteren hinüber. „Es wird Zeit, dass ich alte Frau Euch junges Volk alleine lasse. Achtet mir auf das Feuer, bevor Ihr zu Bett geht.“

      Liberna Radina wusste um ERUs Macht, die sich heute Nacht entfaltete. Es war nur recht und billig, dass sie, als Herrin, nicht mitbekam, was in dieser Nacht noch geschähe. Sie lenkte ihre Schritte zu dem abgezäunten Viereck, in dem Gendar seit vier Sonnenläufen ruhte. Es war ein gutes Leben gewesen, das sie geführt hatten und für sie war es das noch.

      Sie dankte UNA für ihre Gnade und wandte sich dem Haupthaus zu. Während sie zu Bett ging, drangen fröhliche Stimmen und schnelle Weisen an ihr Ohr. Liberna Radina schlief lächelnd ein und JANARA, die Göttin der Träume, meinte es gut mit ihr.

       * * *

       Tonio Radina

      In Tonio loderte ein nie gekanntes Feuer. Seine Augen folgten der Unbekannten wie unter einem magischen Bann. Es war ihm, als wäre ERU selbst nach Castelgionda herabgestiegen, um seine Leidenschaft zu entfachen. Verlegen trat er von einem Fuß auf den anderen, während er versuchte unbefangen zu wirken. Raffaella, strich der Name lockend durch seine Gedanken.

      Er sah zu Lyon. Zunächst vermeinte er Spott zu erkennen, aber sein Bruder nickte ihm mit einem Seitenblick auf die Fremde aufmunternd zu.

      Der Feuerschein verlieh der Händlerin ein unwirkliches, überirdisches Aussehen und Tonio konnte den Druck in seiner Hose nicht länger ignorieren. Er trat an den Bottich und fiel in das aufpeitschende Händeklatschen ein, mit dem schon andere junge Männer die Damen ihres Herzens anfeuerten. Cyrus, einer der Knechte, warf ihm einen finsteren Blick zu, stellte sich neben ihn und klatschte ebenfalls für die schöne Fremde. Zu jedem anderen Zeitpunkt wäre das gegenüber dem Sohn der Matriarchin ungebührlich gewesen, aber die Nacht des Weinfests hatte ihre eigenen Regeln. Tonio nahm die Herausforderung an.

      Raffaellas Bewegungen wurden eckiger, als die ungewohnte Anstrengung ihren Tribut forderte. Sie hielt inne und wandte sich den Männern zu. Mit einem Lächeln streckte sie jedem einen Arm entgegen und vermied damit eine frühzeitige Entscheidung. Die Rivalen hoben sie mit Leichtigkeit aus dem Bottich, doch als ihre Beine den Boden berührten, gaben ihre Knie nach. Sie taumelte gegen Tonio, der sie bereitwillig auffing.

      „Danke“, hauchte sie, während sie sich an seiner Brust abstützte. Sein Herz machte einen Sprung. Er schnitt Cyrus eine Grimasse, die sogleich einfror, als sich Raffaella dem Knecht zuwandte.

      „Auch Euch aufrichtigen Dank, junger Mann“, drang ihre Stimme an Tonios Ohr, während ihre Lippen Cyrus‘ Wange streiften. „Ihr seid?“

      Geschieht Dir recht, dachte Tonio, als der Knecht nicht einmal seinen Namen herausbrachte, doch die schöne Händlerin ließ nicht locker: „Erklärt mir mal die Spielregeln von Eurem hübschen Fest. Ich will ja nicht schon am ersten Abend in den Fettnapf treten.“ Sie funkelte Cyrus an und dann Tonio.

      „Also, es gibt keine Regeln“, stammelte er.

      „Nur eine“, ergänzte der Knecht. „Was immer heute Nacht passiert, ist morgen vergessen.“

      „Die Regel gefällt mir“, bemerkte sie. Ihr Lächeln verbreiterte sich zu einem spitzbübischen Grinsen. „Ich möchte mir die Sterne ansehen. Kennt Ihr ein abgelegenes Plätzchen, wo der Feuerschein nicht so stört?“ Züchtig, fast scheu, senkte sie den Blick. „Ihr werdet doch ein einsames Mädchen heute Nacht nicht alleine lassen?“

      Die Männer funkelten sich an und nahmen eine bedrohliche Haltung ein. Keiner wollte zurückweichen, aber Tonio schlotterten die Knie, da Cyrus kräftiger war als er. Andererseits wusste er, dass Raffaella ihn begehrte. Als die Spannung unerträglich wurde, spürte er eine warme Hand unter seinem Hemd, die ihn sanft gegen den Bottich schob, und Cyrus erging es nicht anders.

      Sie sprach fast unhörbar und doch unwiderstehlich: „Bitte vertragt Euch. Ich habe eine bessere Verwendung für Eure Kräfte.“ Er spürte ihren Atem an seinem Ohr und sein Puls raste.

      „Die Laube hinter dem Speicher“, keuchte Cyrus.

      Hand

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