Schatten und Licht. Gerhard Kunit

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Schatten und Licht - Gerhard Kunit

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näherten. Die Männer und Frauen pirschten geduckt durch das hohe graubraune Gras, achteten auf gleichmäßige Abstände und hielten ihre Reiterbögen schussbereit. Die Weibelin hielt sich im Zentrum der kleinen Formation, und Magister Reimer folgte mit einigen Schritten Abstand.

      „Vorgehen in aufgelockerter Schützenkette“, murmelte Farin mit einem Seitenblick auf Sylva. „Kommandant im Zentrum, unterstützende Magier dahinter.“ Er bezweifelte, dass sie die Fachbegriffe aus dem Taktik-Unterricht behalten hatte oder gar den Sinn der Formation verstand. Ausgeführt von gerade einmal sechs Soldaten, wirkte das Ganze sowieso lächerlich.

      Eine Distel verfing sich in Farins Robe. Ein erster, zaghafter Befreiungsversuch blieb erfolglos. Er zerrte heftiger, und der Saum gab mit protestierendem Knirschen nach. Magier gehörten nun einmal in eine Schreibstube oder ein Labor, nicht auf einen nassen, kalten Acker. Er fluchte leise.

      „Still“, zischte Sylva. Die Novizin schien den Zwischenfall ernst zu nehmen, obwohl sie nur zusehen durften, falls es überhaupt etwas zu sehen gäbe.

      Der Schrei eines aufgestörten Hähers fuhr Farin bis ins Mark. „Mistvieh!“, schimpfte er. Das fehlte noch, dass er sich von ihrem nervösen Getue anstecken ließ.

       * * *

      Drei Zehntelstunden später arbeiteten sich die Grenzer durch den Wald, doch es gab keine Spur von Schmugglern. Die waren längst über alle Berge. Farin marschierte inzwischen aufrecht und mitunter geräuschvoll durchs Unterholz. Seine Beine spürte er sowieso kaum noch, wenn sie nicht gerade schmerzten. Sylva hingegen bewegte sich betont leise und unauffällig. Ihre kindliche Begeisterung erinnerte ihn an die Räuber und Grenzer-Spiele, die er als Bub gemocht hatte. Jetzt war er erwachsen.

      An einer Lichtung hielten die Soldaten an. Farin wäre in sie hineingerannt, hätte Sylva ihn nicht zurückgehalten. Die Grenzer hoben ihre Bögen und dann zischten Pfeile in das gegenüberliegende Dickicht. Farin konnte nicht ausmachen, worauf sie zielten.

      „Schwerter“, befahl Kornmüller gedämpft.

      Die Soldaten rannten los und eine Grenzerin kippte schreiend nach hinten. Ein gefiederter Schaft ragte aus ihrer Schulter. Als ob dies ein Signal gewesen wäre, erhob sich ein ohrenbetäubender Lärm. Wilde Gestalten brachen aus dem Unterholz und stürmten Kornmüllers Truppe brüllend entgegen.

      Reimer ließ den ersten Schockzauber los. Drei oder vier Banditen wurden umgestoßen und der Ansturm geriet ins Wanken. Es bedurfte einer disziplinierten Truppe, um gegen einen Weißen Magier zu bestehen. Damit war hier nicht zu rechnen, und der Kampf wäre rasch entschieden.

      Sylva näherte sich der Lichtung, und Farin rief, sie solle stehenbleiben. Sie sah herüber und er deutete ihr, sich zurückzuhalten.

      Als er sich wieder dem Gefecht zuwandte, hatte sich die Lage dramatisch verschlechtert. Die Grenzer waren in Einzelgefechte gegen zwei oder auch drei Gegner verwickelt und hatten einen schweren Stand. Dann erkannte Farin, was schief gelaufen war: Die magische Unterstützung fehlte. Reimer stand starr auf der Lichtung und rührte keinen Finger. Fassungslos beobachtete Farin, wie einer der Grenzer unter den wilden Angriffen einer quirligen Rothaarigen zu Boden ging. Die Schmuggler jubelten.

      Soll das Alles gewesen sein? Werde ich in diesem götterverlassenen Wäldchen sterben? Gefällt von der rostigen Klinge eines mordgierigen Banditen? Wieso hat sich Reimer auf dieses dumme Unternehmen eingelassen? Warum, in TANIS Namen, hat er mich mit hineingezogen? Vermutlich sollte er weglaufen, aber wie weit käme er mit seinen müden Beinen schon?

      „Da ist sie!“, schreckte ihn Sylvas Stimme auf.

      Sein Blick folgte ihrem gestreckten Arm zu einer schlanken blonden Frau am gegenüberliegenden Waldrand. Obwohl sie sich in ihrer Kleidung nur wenig von ihren Kumpanen unterschied, stach sie in Haltung und Aussehen hervor. Ihre Linke war nach Reimer ausgestreckt und ihre Finger deuteten einen Würgegriff an. Obwohl der Zauber Farin fremd war, erkannte er darin die Ursache für die völlige Lähmung des Magiers.

      „So nicht, meine Liebe“, zischte Sylva. Ihre Rechte stieß vor: „Kälte!“

      Gar nicht dumm, dachte Farin. Der Zauber würde die Blonde nicht töten, vielleicht nicht einmal ernsthaft verletzen, musste aber ausreichen, ihren Bann zu brechen.

      „Scheiße!“, fluchte Sylva und Farin erschrak. Die feindliche Magierin war unversehrt, während sich Reimers Gesicht mit den hauchfeinen, für den Kältezauber typischen Eiskristallen überzog. Der Würgegriff beinhaltete eine gemeine Falle, die für einen ableitenden Schutz sorgte.

      „Wir müssen weg!“, kreischte er. „Wenn Du sie angreifst, bringst Du Reimer um!“ Ohne magische Unterstützung mussten die vier noch kämpfenden Grenzer der Übermacht erliegen.

      „Feuerlanze!“, rief Sylva zu Farins Entsetzen.

      Dreht sie jetzt durch? Ihr Zauber musste den gelähmten Magister verletzen oder gar töten.

      Zu Farins Verwunderung brüllte einer der Schmuggler vor Schmerz, als sich der feurige Strahl in seine Seite fraß.

      „Feuerlanze!“

      Wieder schrie eine Kämpferin auf und ließ wimmernd von ihrem Gegner ab.

      „Hilf mir!“ Sylvas linke Faust traf seine Schulter und er begriff. Die feindliche Magierin musste sich auf Reimer konzentrieren, um ihren Zauber aufrecht zu halten und diese Taktik neutralisierte nicht nur ihr Opfer.

      „Feuerlanze!“ Farin griff in den Kampf ein. Sie mussten ihre Kräfte einteilen. Die Angriffe waren zu schwach, um die Banditen zu töten, aber das war auch nicht notwendig.

      „Feuerlanze!“

      Panik erfasste die Schmuggler, die sich schon als sichere Sieger gesehen hatten. Ihr beginnender Rückzug mündete in einer wilden Flucht. „So ist‘s recht!“, rief der Novize hinterher. „Lauft nur!“ Das Hochgefühl des Sieges ließ ihn seine Erschöpfung vergessen.

      „Achtung!“ Sylvas Warnruf lenkte seine Aufmerksamkeit wieder auf die fremde Magierin. Ihr Zauberstab war genau auf ihn gerichtet.

      Die Kraft, die ihn von den Beinen riss und ins Unterholz schleuderte, fühlte sich fremdartig und unwirklich an. Etwas schlug gegen seinen Rücken und ein dürrer Ast gab krachend unter ihm nach. Als er sich stöhnend aufrappelte, sah er Sylva neben sich liegen. Sie regte sich nicht, aber ihr Brustkorb hob und senkte sich. TANIS sei Dank, sie lebt, schoss es ihm durch den Kopf.

       * * *

      Es war vorbei. Eine leblose Gestalt lag anklagend im Zentrum der Lichtung. Sie trug die einfachen Kleider der Schmuggler. Drei der Grenzer waren schwer verletzt, würden aber dank der heilenden Kräfte der Magier überleben. Die übrigen hatten mehr oder weniger tiefe Schnittverletzungen erlitten. Weibelin Kornmüller blutete aus zwei klaffenden Wunden, hielt sich aber auf den Beinen. Sogar Magister Reimer war ohne ernsthafte Verletzung davon gekommen. Seine steifen Bewegungen rührten noch von Sylvas Kälteschock.

      „Hilfe!“, krächzte Farin. Seine Stimme war ungewohnt rau. „Sylva braucht Hilfe!“

      Reimer eilte herbei. „Hier“, keuchte Farin. „Hier liegt sie.“

      Der Lehrer beugte sich zu seiner Schülerin und untersuchte sie mit kundigen Griffen. „Sie ist nicht ernsthaft verletzt. Sie schafft es ganz sicher. Gut

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