Schatten und Licht. Gerhard Kunit

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Schatten und Licht - Gerhard Kunit

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Hier, im Unterholz, schätzte er ihre Fähigkeit bei geringstem Licht noch zu sehen.

      Normalerweise lachte er über das Gerede, sie hätte elbisches Blut in den Adern. Ihr Gesicht wies keine der Missbildungen auf, die der Volksmund mit den unheimlichen Waldbewohnern der Legenden verband. Er konnte bei ihr jedenfalls keinerlei Anzeichen einer elbischen Abstammung erkennen, was aber auch daran liegen konnte, dass er noch nie einen Elben gesehen hatte. Genau genommen hatte noch niemand einen Elben zu Gesicht bekommen, doch das tat den Legenden über sie keinen Abbruch. In solchen Nächten, in denen er selbst kaum seine Hand vor Augen sah, während Lysa sicher und lautlos durch das dunkle Gehölz glitt, glaubte er jedenfalls daran.

      Endlich sah er den schwachen Schein einer Blendlaterne. Mariks massige Gestalt trat aus dem Schatten einer Kiefer. „Habt ihr Alles?“, zischte er.

      „Ja“, antwortete Silvio. „Hast Du das Geld?“

      „Besser“, kam die unerwartete Antwort. „Unser neuer Kontaktmann ist hier.“

      Silvio zog seinen Dolch, während er die Ränder der Lichtung absuchte. „Bist Du wahnsinnig jemanden hierher zu bringen?“ Die Leute murrten und im schwachen Schein der Laterne blitzten Klingen auf. Das Wäldchen war seit Jahren ihr Umschlagplatz und Mitwisser waren gefährlich.

      Ungeachtet der gereizten Stimmung glitt eine Gestalt aus den Baumschatten, deren Gesicht unter der Kapuze des dunklen Umhangs verborgen lag.

      Abwarten, wen Marik da angeschleppt hat. Wenn das wieder so ein verwöhntes Balg ist, bring‘ ich ihn gleich um, dachte der Schmuggler. Vor zwei Jahren hatten sie sich mit dem Söhnchen eines Barons eingelassen, das den Nervenkitzel suchte. Seine Ungeschicklichkeit zog zu viel Aufmerksamkeit auf sie, aber es ging damals gerade noch gut aus. Henrik sähe das zwar anders, aber seine Meinung zählte seit jener Nacht nichts mehr. Silvio wusste nicht einmal, wo die Zöllner seine Leiche verscharrt hatten.

      Der Unbekannte hob beschwichtigend die Arme, und zu Silvios Verwunderung beruhigten sich die Schmuggler fast augenblicklich. „Marik, wie viel bekommen die Leute?“ Obwohl der Fremde flüsterte, klang die Stimme melodisch. Eine Frau?

      „Dreißig Silbertaler“, antwortete Marik leise.

      „Dreißig? Für Alle? Kein Wunder, dass sie unzufrieden sind.“

      Die Frau, da war sich Silvio jetzt sicher, sprach ihm aus der Seele. Dreißig lächerliche Silbertaler für zwölf Männer und Frauen. Vier Nächte unterwegs, dazu der Rückweg – jeder Handwerker in Bethan verdiente mehr und war nicht ständig in Gefahr. Dennoch verwunderte ihn die Offenheit, mit der die Fremde das heikle Thema ansprach. Marik pflegte die Preise mit fadenscheinigen Ausflüchten zu drücken, um seinen eigenen Profit zu erhöhen.

      „Wie viele seid Ihr?“, wandte sich die Frau an Silvio.

      „Acht“, antwortete er nach kurzem Zögern. Vorsicht war besser als Nachsicht und die Fremde musste noch nicht alles wissen.

      „Nein, mit den Vieren, die dort hinten im Unterholz stecken.“

      Verdammt, dachte er und biss sich auf die Lippen. Die sieht noch besser, als Lysa. Die Idee, jemand könnte seine Gedanken lesen, war ihm ähnlich fern wie der Verdacht, sein Gegenüber verstünde sich auf Magie. „Zwölf“, korrigierte er widerwillig. „Wir sind zwölf.“

      „Gut“, sagte sie sanft. „Das wären die dreißig Silbertaler und noch einmal fünf für Jeden. Macht zusammen neunzig, aber ich will ich die Ware sehen.“

      Silvio vernahm das Klingen von Silber, als die Fremde zwei Beutel aus ihrem Umhang fischte. Ihre Bewegung trug einen irritierenden Duft an seine Nase, exotisch, geheimnisvoll und doch unaufdringlich.

      „Wenn Ihr so nett wärt, den Dolch wegzustecken, könntet Ihr mir das abnehmen.“ Sie klang belustigt, während sie die Geldbeutel vor seinem Gesicht baumeln ließ. Unter der Kapuze blitzten weiße Zähne und blondes Haar.

      „Tropenholz, Seifen, Rum, ein paar Gewürze – kein Wunder, dass Ihr Eure Leute knapp haltet, mein lieber Marik.“

      „Ich muss nehmen, was bis zur Küste durchkommt“, antwortete er zögerlich. „Ich kann ja nicht zaubern.“

      „Schon gut, ich nehme Euch den Plunder ja ab“, beschwichtigte sie. „Fürs Erste will ich mich in der Stadt sowieso nach Handelspartnern umsehen, aber ich könnte mir vorstellen, dass wir nächstes Mal den Einsatz erhöhen.“

      Silvio spürte ihr Lächeln mehr, als er es sah. Lysandras Ellbogen krachte in seine Rippen. „Starr sie nicht so an“, zischte sie in sein Ohr.

      „Hab‘ ich doch gar nicht“, flüsterte er, wissend, dass sie Recht hatte. Eifersüchtige Zicke. Gleichzeitig ertappte er sich dabei, auf ein weiteres Aufblitzen des Gesichts unter der Kapuze zu hoffen.

       * * *

       Lysandra, Wanderin im geheimen Transportwesen der Chantas

      Die Rothaarige fühlte sich nicht wohl in ihrer Haut. Sie zog den Schal fester und sah den Wolken ihres Atems nach. Hier, in den tieferen Lagen, fiel nur selten Schnee, aber der plötzliche Kälteeinbruch erinnerte sie daran, dass die Herrschaft des Winters noch nicht gebrochen war. Dabei lag es weder an der Kälte noch an dem aufgeweichten Boden, dass Lysandra mit sich und dem Rest der Welt haderte. Seit vor einem halben Jahr diese Städterin aufgetaucht war, hatte sich vieles geändert, zum Besseren, wie sie widerwillig zugab. Die Lasten waren leichter, brachten mehr ein und die Fremde zahlte pünktlich.

      Giftig sah sie zu Silvio hinüber. So sehr er sich um sie bemühte, konnte er sein Interesse für die Händlerin doch nicht verleugnen. Lysandra wäre keine Frau, spürte sie seinen Zwiespalt nicht. So konnte sie auf seine Avancen auch verzichten. Sollte er doch sehen, ob ihm das blonde Luder auch die Stiefel auszöge oder das Essen zubereitete. Jedenfalls sah sie nicht danach aus. Männer! Wütend trat sie einen Stein beiseite. Von einer spritzenden Schlammfontäne begleitet, flog er in hohem Bogen über die Böschung.

      „Au! Passt doch auf!“, tönte es von der unteren Wegschleife. Die Stimme könnte Keres gehören oder auch Gregan. Sie widerstand dem Reflex nachzusehen. Sie sah keine Veranlassung, den vorne marschierenden Wieseln zu offenbaren, wer den Stein losgetreten hatte.

       * * *

      Während einer Rast hockte sich Silvio zu ihr und wollte ein Gespräch beginnen. „Ist Dir Marik bei unserem letzten Treffen auch seltsam vorgekommen?“

      Lysandra überlegte. Auch sie fand Mariks Benehmen befremdend und wollte das auch mit Silvio besprechen, ging ihm aber trotzdem aus dem Weg. Na gut, dachte sie. Reden wir halt, doch sein Blick lag schon wieder in der Ferne. Klar. Wir überlegen uns, wie wir die Blonde ins Bett bekommen. Und ich dumme Kuh wollte mich gerade auf ein Gespräch einlassen.

      „Wahrscheinlich war Marik damit beschäftigt nachzudenken, wie er sie vor Dir herum kriegt!“, fuhr sie ihn an.

      Sein dümmlicher Gesichtsausdruck stachelte sie noch an und sie setzte nach. „Geh davon aus, dass sie ihn schon ran gelassen hat. Glaubst Du, er hätte sie einfach so am Geschäft beteiligt?“

      Silvio starrte sie entgeistert an. Recht so, dachte sie. Jetzt hast du was zum Nachdenken.

      Der Schmuggler trollte sich zur anderen Seite des

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