Schatten und Licht. Gerhard Kunit

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Schatten und Licht - Gerhard Kunit

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dachte sie, doch die erhoffte Genugtuung wollte sich nicht einstellen.

       * * *

      Den Rest des Tages hielt sich Sylvio von ihr fern, und auch die übrigen Wiesel begriffen, dass mit ihr nicht gut Kirschen essen war. Selbst die hängenden Wolken passten zu ihrer Stimmung. Während sie mürrisch einen Fuß vor den anderen setzte, grübelte sie über Marik, konnte aber nicht sagen, was sie an ihm störte. Sie sollte das mit Silvio besprechen, doch der würdigte sie keines Blickes.

      Schließlich erreichten sie das Wäldchen einige Stunden zu früh und lagerten in einem kaum zugänglichen Dickicht. Lysandra verspürte noch immer keine Lust auf Gesellschaft und zog sich hinter einen Maulbeerbusch zurück. Trotz des Wetters schaffte sie es, sich halbwegs trocken einzurichten.

      Wo war die Zeit, als sie die Landschaft des Chantas, die Abwechslung der Jahreszeiten oder auch den Marsch selbst einfach nur genießen konnte? Was hatte ihr Verhältnis zu Silvio gestört? In ihren Gedanken erschien ein schönes, geheimnisvolles Gesicht und beantwortete die Frage eindeutiger, als ihr lieb war. Lysandra zog einen Grashalm durch ihre Finger. Sie spürte den Schnitt kaum, den er hinterließ. Wütend stampfte sie auf. Ihre Lippen schlossen sich um den blutenden Finger. Gerne hätte sich gerne eingeredet, die aufsteigenden Tränen wären eine Reaktion auf den Schmerz, doch das wollte ihr nicht gelingen.

      Da fiel ihr Blick auf den Rucksack. Ihre unverletzte Rechte spielte an der Verschnürung und ehe sie es sich versah, war ihre Hand in der Öffnung. Sie ertastete weiche Päckchen und andere, die kantige Fläschchen enthielten. Lysandras Finger umschlossen ein kleines Bündel.

      Sie sah auf, aber keiner beachtete sie. Rasch zog sie das Päckchen heraus, schlug es auseinander – und erstarrte. Das Leder enthielt ein Geschmeide aus purem Gold, in so feiner Machart, wie sie es noch nie gesehen hatte. Kunstvoll gearbeitete Weinranken umschlangen ein sternförmiges Mittelstück, das ihren Blick in den Bann zog. Der Schmuck lag leicht wie eine Feder in ihrer Hand. Hastig schlug sie das Leder um das Geschmeide. Sie widerstand der Versuchung, das Päckchen in die eigene Tasche zu stecken. Die Grauwiesel waren ehrliche Schmuggler, und so sehr die Brosche sie faszinierte, wollte sie diesen Ruf nicht leichtfertig aufs Spiel setzen.

       * * *

       Farin, Novize an der Akademie des Kampfes zu Bethan

      Missmutig beäugte der Novize den Lehm, der in zähen Klumpen an seinen Stiefeln klebte. Längst hatte er aufgehört, die Brocken während der spärlichen Rasten abzukratzen. Es war eine Auszeichnung, dass Magister Reimer ihn als Begleiter für seine Reise nach Sirfan erwählt hatte, aber der Marsch war um diese Jahreszeit anstrengender als erwartet. Drei Schritte vor ihm marschierte Sylva mit federnden Schritten durch den Matsch. Weder der tiefe Grund noch der weite Weg schienen ihrer Laune etwas anzuhaben. Sie wollte sich mit ihrer aufgesetzten Fröhlichkeit bei Reimer einschleimen.

      Er hatte nie verstanden, was der Lehrer an ihr fand. Beim Zaubern hatte sie den einen oder anderen lichten Moment, doch in den theoretischen Fächern war sie schlecht. Eine Zeit lang hatte er sich gefragt, ob sie an ihrer Borniertheit oder an ihrer Faulheit scheiterte, kam dann aber zu dem Schluss, dass er als Jahrgangsbester über solchen Überlegungen stand. Wahrscheinlich schenkte ihr Reimer so viel Aufmerksamkeit, damit sie nicht völlig verzweifelte. Die Schwäche des Magisters für Verlierer war hinlänglich bekannt.

      Der Lehrer hielt an und wartete auf seine Schützlinge. „In einer Stunde erreichen wir das kleine Gasthaus, in dem wir auf dem Hinweg übernachtet haben. Schafft Ihr noch eine Etappe oder lassen wir’s damit gut sein?“

      Farin keuchte: „Ich denke, das schaffe ich noch, Herr Magister.“

      Die hochgewachsene Sylva schmunzelte, als wollte sie sich über ihn lustig machen, lenkte aber ein. „Ich denke, wir sollten es dabei belassen.“

      „Wie gefällt Euch unser Ausflug?“, erkundigte sich der Lehrer, während er wieder in seinen flotten Marschtritt verfiel.

      Sylva wollte antworten, doch Farin kam ihr zuvor: „Sirfan war nett, aber im Vergleich zu Bethan doch armselig. Was kann es dort geben, was wir zu Hause nicht haben?“

      „Bescheidene, höfliche Menschen vielleicht“, entgegnete Reimer. „Du solltest Harinas Buchladen nicht für gering erachten. Ich habe dort schon so manches seltene Werk erstanden.“ Der Novize wollte etwas erwidern, aber der Magister sprach weiter: „Sirfan, Zweimühlen, Birkenweiler und wie sie alle heißen. Das ist das Reich, das wir verteidigen. Dort leben die Untertanen unseres Kaisers. Glaubst Du, nur die Bewohner von Palästen verdienen unsere Achtung und unseren Schutz?“

      Farin zuckte die Achseln. Reimer hing überholten Idealen nach. Farins Vater verdiente mit dem Begleitschutz großer Handelszüge ein Mehrfaches vom Salär eines Lehrers. Einmal hatte der Novize die Verpflichtungen angesprochen, die in Bethan gelehrt wurden. Da hatte sein Vater gelacht, auf die Raubüberfälle verwiesen, die er mit seiner Tätigkeit für die reichen Kaufleute verhinderte und das Gold, das er damit verdiente.

      „Überdies wollte ich Euch Grünschnäbeln die Gelegenheit geben vor Eurer Prüfung noch ein wenig frische Luft zu atmen“, sagte Reimer und Farin hoffte, die Moralpredigt wäre damit zu Ende.

       * * *

      Der Magister hielt an und wies auf eine kleine Ansammlung am Weg vor ihnen. Farin erkannte Soldaten, Zivilisten, zwei Wagen und ein paar Pferde. „Vorsicht“, mahnte Reimer. „Wir wissen nicht, womit wir es zu tun haben.“ Langsam gingen sie weiter.

      Eine stämmige Frau in der Uniform der Grenzreiter löste sich aus der Gruppe. „Magier! Euch schicken die Götter.“ Die Erleichterung stand ihr ins Gesicht geschrieben. „Mit Eurer Hilfe schaffen wir es sicher.“

      Farin sah zu Reimer, der seinerseits die Grenzerin taxierte. Sylva wirkte hingegen erregt. Sie erhoffte sich wohl jenes Abenteuer, von dem sie seit ihrem Aufbruch schwärmte. Farin konnte er ihre hochgespielte Aufregung nicht nachvollziehen, obwohl auch er eine Unruhe verspürte.

      Einige Fuhrleute wollten wissen, wann es weiterginge, doch die Grenzerin blockte ab. Sie ging zu den übrigen Soldaten und winkte einen Zivilisten heran. Trotz seiner beflissenen Art empfand ihn Farin als schmierig.

      „Entschuldigt meine Unhöflichkeit, Meister“, wandte sie sich an den Magier. „Ich bin Weibelin Kornmüller. Sarina, wenn Ihr wollt. Das ist Marik.“ Sie wies auf den Zivilisten. „Er hat uns von einer Gruppe Schmuggler berichtet, die sich in dem Wäldchen da vorne verkrochen haben sollen. Es ist unsere Pflicht diese Verbrecher zu stellen, aber wir sind in der Unterzahl, und ich setze das Leben meiner Männer und Frauen nicht leichtfertig aufs Spiel. Im Wald können wir unsere Bögen und die Lanzen nicht effektiv einsetzen. Meine Jungs und Mädels würden mit der Bande schon fertig, aber das gäbe Verluste. Außerdem könnten sich die Schurken ins Unterholz verdrücken.“ Weibelin Kornmüller kam auf den Punkt: „Haltet uns nicht für feige, aber Eure Hilfe wäre willkommen.“

      Farin sah zu Reimer, der das unverschämte Anliegen der Grenzerin gleich zurückweisen musste. „Gut, ich helfe Euch“, sagte der. „Vielleicht geben sie auf, wenn ich mich zu erkennen gebe und ihr könnt sie samt ihrer Ware einsammeln.“

      Sylva trat von einem Fuß auf den anderen, als freute sie sich auf ihren ersten Kampf, doch Reimer dämpfte ihre Begeisterung: „Ihr haltet Euch im Hintergrund. Bleibt außer Bogenschussweite, seht zu und lernt. Magieanwendung ist nur im Notfall gestattet, um Euch zu verteidigen.“

      Närrisches Weib, dachte der Novize. Was nutzt dir eine Keilerei mit dahergelaufenen Straßenräubern, wenn

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