Geschwisterliebe. Detlef Wolf

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Geschwisterliebe - Detlef Wolf

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weiter.“

      „Muß Kevin denn im Krankenhaus bleiben?“

      „Wahrscheinlich. Sie werden ihn ein paar Tage dabehalten wollen. Mit so ‘ner Gehirnerschütterung ist nicht zu spaßen. Da kann leicht was zurückbleiben. Selbst wenn er aus dem Krankenhaus rauskommt, muß er sich verdammt vorsehen. Viel liegen, kein Sport, und er darf sich den Kopf nirgendwo anknallen.“

      Sie lachte bitter. „Das hat sich spätestens dann erledigt, wenn mein Vater ihm die erste Ohrfeige verpaßt hat. Also spätestens, wenn er die Wohnungstür hinter sich zugemacht hat.“

      „Das werden wir ja sehen“, antwortete Stephan.

      Er sah das Mädchen an. „Du bist wirklich sehr hübsch, kein Wunder, daß die Kerle auf Dich abfahren.“

      Sie zuckte mit den Schultern. „Das gibt sich, wenn mein Vater mich in der Mache hatte.“

      „Wo ist er jetzt?“

      Sie sah auf ihre Armbanduhr. Ein billiges Modell aus dem Kaufhaus. „Halb drei, da wird er mit seiner zweiten Flasche Schnaps angefangen haben und eine neue Packung Fluppen aufreißen. Auf der Couch, vor der Glotze.“

      „Er arbeitet nicht?“

      Nicole lachte bitter. „Der? Arbeiten? Wie kommst Du denn auf sowas?“

      „Und Deine Mutter?“

      „Die schon. Die putzt. Schwarz. Nachmittags und nachts. Zum Abendessen saufen sie zusammen. Wenn er sie nicht gerade verprügelt oder fickt. Meistens macht er das, nachdem er sie geprügelt hat.“ Ihre Stimme klang völlig verbittert. „Wir machen uns dann immer unsichtbar, damit er uns ja nicht erwischt. Erst wenn sie zu ihrer Arbeit verschwunden und er vom Schnaps eingeschlafen ist, machen wir uns schnell was zu essen, bevor wir ins Bett gehen. Meistens haben wir Glück, und er merkt nichts. Wenn doch, gibt’s statt Abendessen eine Tracht Prügel. Kevin kriegt dann immer das meiste ab, weil er versucht, mich da rauszuhalten.“

      „Ihr versteht Euch gut, Du und Dein Bruder?“ fragte Stephan.

      „Was bleibt uns übrig? Wir haben ja sonst niemanden.“

      Stephan überlegte einen Moment. Dann sagte er: „Paß auf. Wir gehen jetzt zu Euch, Du packst ein paar Sachen ein für Dich und Deinen Bruder, dann gehen wir ins Krankenhaus , sehen, wie’s ihm geht und danach nehm ich Dich mit zu mir. Wenn Du willst.“

      Sie sah ihn erschrocken an. „Bist Du verrückt geworden? Es ist doch noch heller Nachmittag. Wenn ich jetzt nach Hause komme, ist der Alte gereizt wie ein Kettenhund. Da hat er doch erst eine Flasche weg. Da ist er doch noch total nüchtern. Der schlägt mich glatt tot.“

      „Das wird er nicht tun. Das verspreche ich Dir.“ Er nahm sie am Arm und zog sie mit sich. „Los, komm. Wo wohnt Ihr denn?“

      Das Mädchen nannte die Adresse. Stephan kannte die Gegend. Vom Wegsehen. Schnell hochgezogene, billige Mietskasernen, heruntergekommen. Die Bewohner waren oft arbeitslos, viele Zugewanderte unter ihnen. Die Polizei war ständig dort im Einsatz. Schlägereien, Randale, das Übliche eben, wenn Menschen zuviel Zeit haben und zuviel Alkohol im Spiel ist. Keine Gegend jedenfalls, in der man gerne wohnte.

      Nicole ging stumm neben ihm her. Sie hatte Angst, das konnte er spüren. Er dachte nach über das, was sie gesagt hatte. Nicht nur Verbitterung, auch vollkommene Hoffnungslosigkeit hatten aus ihren Worten geklungen. Offensichtlich machte sie sich mit ihren fünfzehn Jahren keine Illusionen mehr. Sie tat ihm leid.

      Wie er vermutet hatte, steuerte sie auf eine der Mietskasernen zu. Vor dem Haus stand eine Gruppe Jugendlicher. Sie rauchten und tranken Bier aus Dosen. Einer warf die leere Bierdose Stephan vor die Füße. Stephan kickte sie wortlos zur Seite.

      „Hey, Nicole“, brüllte ein anderer. „Ist das Dein neuer Stecher?“

      Nicole gab ihm keine Antwort. Sie senkte den Kopf und ging mit schnellen Schritten auf das Haus zu. Der Kerl lief ihr nach und riß sie an der Schulter herum.

      „Ich hab Dich was gefragt, Du blöde Fotze“, schrie er sie an.

      Im Nu war Stephan bei ihr. Er packt den Schreihals am Kragen und riß ihn von dem Mädchen weg. Dann gab er ihm eine schallende Ohrfeige.

      „Noch so ‘n Spruch, und Dir fehlen ein paar Zähne“, drohte er.

      Der andere grunzte und ging auf Stephan los. Stephan ließ ihn herankommen, dann wich er blitzschnell aus und ließ ihn ins Leere laufen. Schäumend vor Wut drehte der andere sich um und griff erneut an. Stephan rührte sich nicht von der Stelle. Siegesgewiß holte der andere zum Schlag aus. Stephan wirbelte herum, riß den Fuß hoch und trat dem Angreifer mit Wucht gegen das Brustbein. Der Tritt war wohldosiert. Der Kerl blieb unverletzt, aber es trieb ihm sämtliche Luft aus den Lungen. Er taumelte rückwärts und knallte auf den Boden.

      Stephan drehte sich zu den anderen um. „Noch jemand?“ fragte er provozierend.

      Die Krakeeler verzogen sich murrend.

      Stephan faßte Nicole am Arm und zog sie mit sich auf das Haus zu. „Sieht nicht so aus“, murmelte er.

      ***

      Nicole zögerte einen Moment, bevor sie die Wohnungstür aufschloß. So leise wie möglich öffnete sie die Tür, schlich in den Flur und winkte Stephan, ihr zu folgen. Gerade wollte sie in ihrem Zimmer verschwinden, da wurde die Wohnzimmertür aufgerissen. Ein Schwall abgestandener Luft schlug Stephan entgegen. In der Tür stand ein Koloß von einem Mann. Strubbelige Haare, Dreitagebart, verschwitztes, fleckiges Unterhemd, eine ebenso dreckige, völlig versiffte Trainingshose. Der Mann stierte sie aus blutunterlaufenen Augen an.

      „Was willst Du hier?“ brüllte er das Mädchen an. „Ich denke, Du bist in der Schule? Statt dessen schleppst Du mir Deine Stecher ins Haus, Du Flittchen. Na warte, Dir werd ich’s zeigen.“

      Stephan rührte sich nicht vom Fleck. Während er den Mann ansah, schob er das verängstigte Mädchen hinter sich. „Guten Tag, Herr Zervatzky. Wir sind nur gekommen, um ein paar Sachen für Nicole zu holen. Dann sind wir schon wieder weg, und Sie können in Ruhe weitersaufen.“

      Zervatzky stieß einen unartikulierten Grunzlaut aus und wollte sich auf Stephan stürzen. Der wich ihm geschickt aus. Zervatzky verlor das Gleichgewicht und knallte gegen die Garderobe. Einer der hölzernen Haken brach ab.

      „Hoppala, sind Sie vorsichtig, Herr Zervatzky, sonst verletzen Sie sich noch“, sagte Stephan mit gespielter Freundlichkeit.

      Der Koloß rappelte sich auf und drehte sich langsam um. Er bebte vor Wut am ganzen Körper. Stephan sah, daß er sich wieder auf ihn stürzen wollte. Gefährlich leise sagte er: „Ich würde das lassen, Herr Zervatzky. Sonst kann es passieren, daß sie ein paar Wochen lang weder Schnapsflasche noch Zigarette halten können.“

      Doch der wutschnaubende Mann hörte nicht auf ihn. Im Nu war er heran.

      „Ich hab Sie gewarnt“, sagte Stephan noch.

      Dann machte er ein paar schnelle Bewegungen Zervatzky fiel zu Boden und brüllte wie ein Stier. Stephan hatte ihm beide Schultern ausgekugelt und beide Unterarme gebrochen. „Sie wollten ja nicht hören“, sagte er ruhig.

      Dann drehte er sich zu Nicole

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