Der Kampf der Balinen. Kathrin-Silvia Kunze

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Der Kampf der Balinen - Kathrin-Silvia Kunze

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des Hauses, um von dort aus in den Wald hinein zu spähen. Zunächst sah sie dort nur die gewohnt dichten, dunklen Baumreihen der noch kahlen Laubbaumgerippe. Aber sie kannte die ausgezeichneten Sinne der Tiere zu gut, um ihr Verhalten leichtfertig abzutun. Auch wusste Faloee, dass die Tiere lange vor einem Geschehnis, von den feinen Schwingungsverschiebungen im Gefüge der Natur gewarnt wurden. Und tatsächlich. Endlich konnte auch Faloee es fühlen. Ihre feinen Nackenhaare stellten sich auf und unwillkürlich entrang sich ihrer Kehle ein warnendes Fauchen. Schnell wie der Wind, verließ sie ihren Aussichtsplatz und war mit wenigen anmutigen Sätzen zurück in ihrer Behausung. Von dort aus blickte sie wieder gebannt hinaus. Eine kalte Kraft drang aus dem Wald und schob die Luft vor sich her. Faloee konnte spüren, wie sie von dieser Energiewelle fast zu Boden gedrückt wurde. Sie konnte kaum noch atmen. Und da war es auch schon. Es hatte die formlose Gestalt eines Nebels. Undurchdringlich undurchsichtiger weißer Nebel kroch aus dem Wald hervor. Zäh floss er über den Boden. Er strömte an den kahlen Baumgerippen vorbei und hinab über ihre Wurzeln und abgestorbenen Blätter. Gegen die Atemnot ankämpfend, schloss Faloee so schnell sie nur eben konnte die Tür. Denn sie erkannte den Hauch von Schicksal, wenn sie ihn sah. Die schweren Vorhänge zog sie nicht zu, denn der Nebel waberte nicht so hoch, als dass er die Fensteröffnungen erreichen konnte. Stattdessen verhielt sie sich nun so still wie möglich und starrte gebannt. Denn sie war auch viel zu klug, um sich dieser Kraft in den Weg zu stellen. Faloee wusste, dem Schicksal konnte niemand entfliehen! Alles kam genau so, wie es einem bestimmt war! Der Nebel umströmte als wabernde Masse nun auch Faloees Haus und übergoss danach die große Wiesenlandschaft. Es sieht ganz so aus, erkannte Faloee, als bewege er sich wie mit einem eigenen Bewusstsein zielstrebig auf Melan zu. Und meine Wohnstatt hat er auch eingehüllt, überlegte Faloee. Damit trifft das Schicksal, was immer es sein mag, also auch mich. Der unnatürliche Nebel begann sich vor Melan zu verdichten. Er verhüllte die Stadt vor Faloees Augen. Zuerst ward sie nur mehr schemenhaft zu sehen, körperlos. Bis sie dann schließlich völlig hinter einer Nebelwand verschwunden war. Das ist eine Warnung an mich, lief es Faloee eiskalt den Rücken hinab. Der Wald, die Natur spricht zu mir! Es braut sich etwas zusammen, wollte Faloee flüstern, doch es kam kein Ton über ihre Lippen. Eine Prüfung steht Melan bevor! Kaum hatte sie diesen Gedanken zu ende gedacht, da breitet sich der Nebel mit einem Mal weiter aus. Er verströmte sich nun auch zu den Seiten hin und schien sich an den Rändern noch empor zu heben. So dass er schließlich ringsumher die gesamte Landschaft einhüllte und verschluckte. Wohin Faloee nun auch blickt. Es gab überall nur noch beängstigendes Nichts! Und zum ersten Mal in ihrem Leben fühlte Faloee da den schrecklichen Griff der Einsamkeit. Doch sie riss sich zusammen. Denn ihr oblag es, dieses überaus kraftvolle Zeichen zu deuten. „Eine Prüfung?“, wiederholte Faloee nun laut ihre erste Einschätzung und verengte dabei nachdenklich die Augen. „Ja!“, bestätigte sie sich dann selbst und fügte hinzu, „Aber eine, die alles verändern wird! Eine Prüfung, die dem gesamten Volk der Balinen bevorsteht!“ Und als sie weiter in diese endlos weiße Leere blickte, fing sie plötzlich an zu zittern und flüsterte: „Bedeutet das etwa, es wird am Ende nichts mehr von uns übrig bleiben? Oh, Allliebender, steh uns bei!“ Da drang plötzlich ein Sonnenstrahl durch den Nebel. Und es dauerte nur einen Wimpernschlag, da hatte sich der geheimnisvolle Dunst vollkommen aufgelöst. Schon war es, als sei er nie gewesen. Die Tiere huschten zurück in den Wald und auch die Vögel begannen wieder ihre heiteren Lieder zu singen. Einzig Faloee stand noch immer wie angewurzelt da und konnte einfach nicht aufhören zu zittern.

      10. Kapitel

      Oben auf der flachen Anhöhe eines großen Hügels, saß Trismon auf seinem Limtaan und blickte hinab in das weite, schöne grüne Tal, das sich vor ihnen erstreckte. Zu seiner Rechten, konnte Trismon die Stadt Melan sehen. Er sah, wie sie sich langsam und verschlafen aus den letzten verbliebenen Schatten der vergangen Nacht herausschälte, um sich dem neuen Morgen entgegen zu strecken. Endlich! Er hatte sein Ziel erreicht. Viele Anstrengungen und Gefahren hatte er dafür auf sich genommen. Dieses Mal war ihm sein Weg wirklich nicht leicht gemacht worden. Doch umso zufriedener, atmete Trismon nun die frische, belebende Morgenluft tief und ganz bewusst ein. Er stand östlich der Stadt, auf einer Hügelkette, die nach Süden hin verlief, dabei rasch an Höhe verlor und dann ganz in der Ebene verschwand. Die Hügel waren Ausläufer eines dunklen, grauen Gebirges, das sich direkt hinter Melan aufbäumte und das Trismon, von Norden kommend, hatte umrunden müssen. Es hatte ihm den Weg versperrt und wirkte auch jetzt noch wie ein großer, düsterer, unüberwindlicher Beschützer, an den sich die Stadt dankbar anschmiegte. Und mit seinen vielen, unterschiedlich hohen, abgerundeten Kuppelgebäuden, die wie Berge aus Sandstein aufragten, sah Melan selbst aus wie eine Felslandschaft. Da haben sie sich ein Gebirge vor ein Gebirge gesetzt, spottete es in Trismon. Doch während er noch vor sich hin feixte, wurde Neminn langsam ungeduldig. Das kluge Tier wusste genau, dass es nun bald Futter und einen warmen Liegeplatz mit Stroh erwarten durfte. Der Limtaan scharrte mit den Hinterläufen. Trismon grinste und sagte: „Der Magen behält wohl immer die Oberhand bei dir, nicht wahr, mein verfressener alter Freund? Genieße doch stattdessen für einen Augenblick diese wundervolle Aussicht!“ Doch damit wollte er Neminn natürlich nur ärgern. Trismon fühlte sich heut rundum wohl und war zum Scherzen aufgelegt. Aber natürlich hatte er auch selbst leider gar keine Zeit, um hier noch länger zu verweilen. Deshalb wollte er Neminn soeben freien Lauf geben, doch im letzten Moment griff er dem Limtaan dann doch wieder ins Nackenfell und hielt ihn damit zurück. Denn plötzlich stieg die Sonne hinter ihnen über dem Horizont auf. Und ihr warmes Licht offenbarte mit einem Mal die ganze Schönheit, die zuvor noch im kühlen Morgengrauen verborgen gelegen hatte. Vor Trismon entflammte die Sonne den roten Sandstein Melans und setzte die Stadt in Brand. Die Rote, erklang ein Name in Trismons Kopf. So nannte man diese Stadt. Und nun wusste Trismon auch ganz genau warum. Schnell wurde der graue Morgendunst von den Sonnenstrahlen immer weiter hernieder gedrückt, gleich einem Schleier, der fällt. Wundervoll, dachte Trismon, steckte dann seinen rechten Arm nach hinten und klopfte Neminn zweimal auf den Rücken. Der Limtaan setzte sich gemächlich in Bewegung, wobei sein massiges Hinterteil weit ausgreifend hin und her schwankte. Kurz darauf erreichten sie den Fuß des Hügels und kamen auf die große Grasebene, die sich vor Melan ausbreitet und sich vor ihnen, nach Westen hin, bis zum Horizont erstreckte. Trismon bewunderte nun das große Waldgebiet zu seiner Linken. Es war angefüllt mit vielen, hohen, augenscheinlich sehr alten Laubbäumen. Jetzt waren sie zwar noch kahle Gerippe, aber ein erster, zart grüner Flaum bedeckte schon die Äste der Wipfel. Bald schon würde es dort grünen und blühen, zwitschern, flattern, summen und wühlen. Ach, Trismon liebte Wälder einfach über alles. Auch dieser erinnerte ihn wieder wehmütig an seine waldreiche Heimat. Selbst wenn hier überall Laubbäume vorherrschten und nicht die schroffen Nadelgehölze des kalten Nordens. Beim Näherkommen wurde Trismon erst bewusst, wie groß Melan doch in Wirklichkeit war. Man konnte sich nur schwer vorstellen, wie vielen des Volkes sie Platz bieten konnte. Er selbst lebte, so wie die meisten der Balinen, lieber in den vielen kleinen Ansiedlungen, die rings um die großen Städte überall verteilt lagen. Ihnen wurde der Einfachheit halber, denn Balinen hatten eine natürliche Abneigung gegen alles Umständliche, die Beschreibung Cum vorangestellt. So stammte Trismon selbst aus NordcumMelan. Einer Ansiedlung hoch oben im Norden. Sie gehörte aber trotzdem noch zum großen Gebiet CumMelan, da die nächstgelegene Stadt erst Melan war. Zumindest so in etwa. Manchmal gab es da natürlich auch Überschneidungen. Aber wie gesagt, die Balinen nahmen es da nicht so genau. Und wie alle Städte der Balinen, so hatte auch die Rote, keine Mauern. Die äußersten Gebäude erstreckten sich als Ausläufer frei in die Landschaft hinein. Ähnlich den langen, am Boden aufliegenden Wurzeln eines starken, gesunden Baumes. Als Trismon die ersten Gebäude davon erreichte, ließ er Neminn verhalten. Er musste diesen Sandstein einfach einmal berühren. Und als er danach seine ausgestreckte Hand von dem tiefroten Gestein wieder zurückzog, da war er beinahe erstaunt darüber, dass sie unbefleckt geblieben war. Trismon lächelte bei diesem abstrusen Gedanken über sich selbst. Hatte er denn etwa geglaubt, dass von den Wänden hier Blut fließen würde? Einige Kinder, die ihn dabei beobachtete hatten, wurden neugierig und darob offenbar auch zutraulicher. Schon kamen sie auf Trismon zu. Er jedoch räusperte sich verlegen. Denn ihre freudigen, offenen Gesichter, erinnerten ihn wieder daran, weshalb er Melan überhaupt aufgesucht hatte. Und eingedenk des dunklen, belastenden Gastgeschenkes, das er mit sich trug, berührte ihn der warme

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