Der Kampf der Balinen. Kathrin-Silvia Kunze

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Der Kampf der Balinen - Kathrin-Silvia Kunze

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werde diese Stadt nicht eher wieder verlassen, bis ich mit den Männern des Rates sprechen konnte. Und so begann er: „Mein Name ist Trismon. Ich bin Gebietserkunder und stamme aus NordcumMelan. In einer dringenden Angelegenheit ersuche ich um Weisung. Wir haben in unserer Ansiedlung einer Entdeckung gemacht. Es handelt sich dabei scheinbar um eine Art Gebäude. Immer noch gekränkt, demonstrierte Seline zuvorkommendes Interesse gegenüber dem Fremden. Ganz so, wie es das Gesetz des Volkes eigentlich verlangte. Aber auch wenn sie ihm zunickte fortzufahren, so war sie mit ihren Gedanken schon fast wieder bei der Einführungszeremonie angelangt. „Das Gebäude liegt unter der Erde.“, erzählte Trismon weiter. Und als wenn er merkte, dass Seline nicht bei der Sache war, erhob er die Stimme und betonte nun jedes der folgenden Worte. „Und es stammt nicht vom Volk!“ Seline schüttelte irritiert mit dem Kopf und blinzelte benommen mit den Augen, um ihre Gedanken nun doch voll und ganz auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren. Scheinbar hatte sie sich soeben verhört. Deshalb fragte sie mit gerunzelter Stirn noch einmal nach. „Was hast du gerade gesagt,…Trismon?“ Zum Glück hatte sie zumindest den Namen des Fremden behalten. „Das Gebäude ist unterirdisch.“, wiederholte Trismon. „Nein“, sagte Seline ungeduldig, „danach.“ „Das Gebäude wurde nicht von Balinen errichtet!“ Diese Worte wiederholte der Fremde übertrieben langsam und betont. Hält er mich etwa für dumm, zuckte der Ärger einmal kurz durch Selines Gedanken, doch da war er auch schon wieder fort. Denn etwas viel Eindringlicheres hatte seinen Platz eingenommen. Die Furcht! Seline schwieg und sah Trismon nur durchdringend an, als dieser zu erklären versuchte: „Es ist, ..schwer zu beschreiben. Es ist, ..anders!“ So reglos stumm wie Seline auch dastand. In ihr überschlugen sich nun die Gedanken. Denn da war es plötzlich wieder. Dieses dumpfe Gefühl aus ihren Träumen. Diese dunkle Vorahnung. Noch wehrte sich ihr Geist gegen die eben ausgesprochenen Worte des Fremden. Kurz flüchtete sie sich sogar in den absurden Gedanken, dass dies womöglich nur eine Posse sein sollte. Am liebsten hätte Seline diesen Trismon verlacht. Wenn auch nur, um das kalte, unangenehme Gefühl, das sich nun in ihrem Magen ausbreitete, damit zu vertreiben. Doch in den klaren Augen des Mannes vor ihr, in seinem offenen Blick, erkannte sie sein ernsthaftes und pflichtbewusstes Wesen. Seine verhärteten Gesichtszüge ließen ihn älter erscheinen, als er es tatsächlich war und offenbarten die große Besorgnis, aus der sie sich nährten. Es musste ein schreckliches Erlebnis sein, erkannte Seline innerlich zitternd, wenn es auf einem Mann, dessen Geist sie wie einen starken Baum empfand, so schwer lastete. „Ich lasse sofort den Rat von Melan einberufen!“, sagte Seline unvermittelt und lief eilig zur Tür. Ganz so, als wäre dies ihre letzte Möglichkeit zu fliehen. Zu fliehen vor einer Wahrheit, die sie doch bitte einfach nicht wissen wollte! Sie wollte dem dunklen Gefühl entfliehen, das sich ihrer bemächtigen wollte. Und fast hatte sie es auch schon geschafft. Beinahe, nur noch ein kleines Stück und schon hatte sie die rettende Tür erreicht. Schon streckte sie ihre Hand danach aus. Doch weiter sollte sie nicht kommen. Denn hinter sich hörte sie Trismons tiefe Stimme: „Da ist noch etwas Wichtiges!“ Die Worte erklangen ihr mit einer Endgültigkeit, als würde ein schwerer Stein in einen tiefen Brunnen fallen und unaufhaltsam im dunklen Wasser versinken. Noch immer zur Tür gewandt, ließ Seline ihre ausgestreckte Hand wieder sinken. Sie drehte sich nicht um. Reglos stand sie da. Sie hatte aufgegeben. Nun gab es kein Entkommen mehr. Das Schicksal - ihr Schicksal - hatte sie eingeholt! „Wir wissen nicht genau wie“, fuhr Trismon erbarmungslos fort und Trauer färbte seine Stimme, „aber es hat uns angegriffen. Was immer es auch ist, es ist gefährlich. Wir müssen sogar davon ausgehen, dass Gefahr für das ganze Volk besteht!“ Seline schloss fest die Augen. Schloss die Tür aus, die ihr den Weg versperrt hatte, schloss alles um sich her aus. Wie ein Kind, das nicht sehen wollte, was es zu sehen gab. Tief erschüttert lies sie den Kopf sinken. Denn der sinkende Stein war nun hart und unwiderruflich auf dem Boden des Brunnens aufgeschlagen.

      13. Kapitel

      Die Nachtluft war erfüllt vom würzigen Geruch der taufeuchten Wiesen. Ein milder Frühlingswind, der sanft die Gebäude der Stadt umstrich, trug ihn mit sich. Der schwarze Himmel über Melan war sternenbestickt. Gleich einem dichten, dunklen Tuch übersäht mit klaren Wassertropfen, funkelte und glitzerte es überall. Die Stadt lag in tiefem Schlummer. Von den bedeutungsschweren Ereignissen des Tages niedergedrückt, war sie nun vollkommen verstummt. Die Stille war mit der Hand zu greifen. Und selbst das kleine geheime Kriechgetier der Nacht blickte sich verwundert um, denn zum ersten Mal konnte es seine eigenen Schritte hören. Plötzlich jedoch unterbrach ein verhaltenes Ächzen die Stille und das Geräusch von Krallen, die über Gestein kratzen, war zu vernehmen. Ein großer, breitschultriger Mann, offenbar ein geschickter Kletterer, war soeben dabei, eines der großen Kuppelgebäude von Melan zu erklimmen. Scheinbar handelte es sich um eines der Werks- oder Vorratsgebäude. Denn von innen war dort kein Licht zu sehen, kein Laut zu hören und sei es nur ein Flüstern. So belebt und umtriebig lärmend diese Gebäude auch am Tag waren. In der Nacht war dort alles leer und still. Trismon hatte nicht einschlafen können. Zu unruhig war sein Geist. Nun wollte er sich dem Anblick der Sterne hingeben. Wollte ihnen ganz nahe sein. Und fast hatte er sein Ziel auch schon erreicht. Noch einmal spannte er die Armmuskeln und krallte sich mit den Händen ins Gestein. Dann stützte er sich mit den Füßen am Untergrund ab. So gelangte er vorsichtig, Schritt für Schritt, über den steilen, rauen Untergrund hinweg, immer höher hinauf. Geschafft! Von hier aus war das Kuppeldach des Gebäudes nun nicht mehr so abschüssig und wurde nach oben hin immer flacher. Zumindest für Trismon flach genug, damit er bequem darauf laufen konnte, sofern er das Gleichgewicht und die Windeinwirkung dabei im Auge behielt. Und als Trismon den Mittelpunkt des Daches erreicht hatte, setzte er sich, umringt von Sternen und streckte zufrieden die Beine aus. Dabei fiel im sofort auf, dass der rote Sandstein die Wärme des Tageslichts aufzunehmen schien. Denn auch jetzt, in der nächtlichen Kälte der Dunkelheit, war er noch angenehm warm. Also ließ Trismon sich nach hinten sinken. Aber was er sah, waren nicht die hellen Lichter über ihm. Was er sah, waren seine Gedanken. Hier lag er nun. Die Hände hinter dem Kopf verschränkt, ein Bein angewinkelt. Auf einem Dach in einer fremden Stadt. Fern seiner Heimat, die womöglich in diesem Moment schon wieder in Bedrängnis war. Oder schlimmer noch, von wo aus sich die Gefahr in diesem Augenblick schon ausbreitete und auf das Volk der Balinen zukroch. Mürrisch griff Trismon nach einem der Grasbüschel, die hier vereinzelt auf dem Sandsteindach wuchsen. Er brach sich einen der harten, vertrockneten, langen Halme ab und steckte ihn sich in den Mundwinkel. Um sich abzulenken kaute er darauf herum. Der dicke Zopf, den er sich geflochten hatte, störte ihn beim Liegen. Und so zog er grob an dem braunen Baumwollband, bis der Knoten sich davon löste. Er fuhr sich achtlos durch die Haare, bis sie wieder offen waren und legte dann den Kopf zurück auf den warmen Stein. Schön war es hier oben! Aber seine blauen Raubtieraugen waren so voller Sorge, dass kein Platz darin blieb, für das Licht der Sterne, die über ihm glimmten. Der Rat von Melan, erinnerte sich Trismon. Die Empathin, wie war gleich noch ihr Name gewesen, hatte sofort den Rat zusammengerufen. Denn bei einer Angelegenheit von höchster Wichtigkeit wie dieser, hatte sie ihm gesagt, seien viele Meinungen und Urteile von Nöten. Trismon hatte den großen Saal bewundert, in den er dann wenig später geführt worden war. Und es hatte ihn gewundert, warum das Ratsgespräch nicht direkt hatte beginnen dürfen, obwohl die Empathin schon nach kurzer Zeit die vollständige Anwesenheit aller Mitglieder verkündet hatte. Ein älterer Mann von erstaunlich agiler Statur und mit klugen Augen, hatte Trismons Verwirrung darüber offenbar erkannt. Er sagte sein Name sei Trahil und erklärte Trismon, das der Rat zunächst noch auf den Sonnenhöchststand warten würde. Dann nämlich, würde das Sonnenlicht durch einen eigens dafür erbauten Fensterbogen fallen. Der Fensterbogen war so gestaltet, dass zu allen Tagen des Jahres immer bei Sonnenhöchststand, die Lichtstrahlen durch ihn hindurchfielen. So, erklärte der Alte weiter, würde der Saal vom Licht durchflutet. Damit das reine, klare Licht, die Gedanken aller Anwesenden reinigt und klärt. Trismon war noch immer beeindruckt von diesem Ritual. Und er überlegte, ob ihm auch das Licht der Sterne dort oben helfen konnte, um kluge Gedanken zu denken. Denn nur zu gerne hätte er herausgefunden, was dieses finstere, gefährliche Unbekannte, das seine Heimat in Angst und Schrecken versetzt hatte, denn nun eigentlich war. Nicht etwa, dass man Trismon in der Ratsversammlung nach seiner Meinung dazu gefragt hätte. Das hatte er auch nicht erwartet. Schließlich war er kein Ratsmitglied. Und in den Siedlungen gab es so etwas einen Rat auch nicht. Dort wurde immer nur einer von den Ältesten,

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