Empty Souls. Lena Clostermann

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Empty Souls - Lena Clostermann страница 3

Empty Souls - Lena Clostermann Empty Souls

Скачать книгу

sind und bald in den letzten Sektor übergehen werden. Die Waffe gibt mir ein bisschen das Gefühl von Sicherheit, doch Kindern und Jugendlichen eine Waffe in die Hand zu drücken, wäre früher doch unvorstellbar gewesen. Beim kleinsten Anzeichen von Widerstand hat jeder das Recht zu morden, da ist es egal, ob jemand acht, elf oder neunzehn ist.

      Genau das ist der Knackpunkt, denke ich. Die Kinder fühlen nichts, und sie werden niemals psychisch am Ende sein, sondern machen sich nichts daraus. Für sie ist das nur eine Angelegenheit, die sie erledigt haben. Mehr nicht.

      Mehr wird es nie wieder für sie sein.

       Langsam.

       Langsam versuche ich zu verstehen.

       Doch wie? Wie soll ich bloß?

       Zwischen Traum und Realität.

       Wie soll ich bloß?

      Ich ziehe den Reißverschluss der Uniformjacke zu und schlüpfe in meine schwarzen Stiefel. Die dunkelgrüne Uniform ist zu einem Zeichen geworden, dem Zeichen der Einheit, und ich hasse es, sie jeden Tag anziehen zu müssen. Das Wappen der Einheit sticht in einem satten, und doch leichten, Pastellgold heraus wie auch meine Nummer. Wir sehen auf den ersten Blick wie echte Soldaten aus, doch auf den zweiten Blick sind wir alle noch Kinder und Jugendliche. Alle Neuen tragen die ersten paar Monate graue Overalls, die mich immer an Strampler erinnern. Riesige Strampler.

      Die hellblonden Haare hängen mir bis knapp unter die Brust. Ich binde sie schnell zu einem strengen Zopf zusammen und atme tief ein. Zusammen mit den anderen aus meinem Abschnitt trete ich in den kühlen Morgen, und der Geruch von verbranntem Metall steigt mir in die Nase. Dieser Tag wird noch schlimmer werden, versichert mir meine innere Stimme.

      Ich tue dasselbe wie jeden verdammten Morgen, trete emotionslos auf die Plane, recke mein Kinn in die Höhe und starre ununterbrochen auf die Rednertribüne. Ich spüre förmlich die Blicke. Für die anderen muss ich wohl ziemlich interessant sein, denn ich musste mich, um nicht als Wache entlarvt zu werden, von ganz unten hocharbeiten. Eines muss man den Hüllen lassen, sie fühlen zwar nichts, doch sie nehmen ihre Aufgaben unglaublich ernst und sind beachtlich zielstrebig. Sie würden alles dafür tun, um ihr Ziel zu erreichen, egal was oder wer ihnen im Weg steht. Sie würden jedes Hindernis beseitigen. Sie sind wie Besessene, die gesteuert werden.

      Ich stehe nun auf der Plane, von unzähligen Hüllen umzingelt. Noch immer habe ich Angst, überhaupt zu atmen, doch das lasse ich mir natürlich nicht anmerken, denn die Furcht, mich mit irgendetwas zu verraten, ist unglaublich groß.

      Der Oberste ist der Leiter dieser Einheit, und was er sagt, das gilt. Er steht auf der Rednertribüne und blickt in die Masse. Die schwarzgrauen Haare hat er sich glatt zurückgestrichen, und seine Gesichtszüge strahlen kein bisschen Sympathie aus. Meistens hält er am Anfang einer Woche eine Ansprache, die geschätzt zehn Minuten dauert. Zehn Minuten, in denen sich keiner erlaubt, einen Mucks von sich zu geben. Zehn Minuten, in denen eine einzige Stimme die gesamte Macht demonstriert. Er redet über Veränderungen und Neuigkeiten, was mich an das Morgenkaffeeradio erinnert, das ich immer mit meinen Eltern gehört habe. Ich spüre den inneren Stich bei dem Gedanken an sie. Ich darf nicht daran denken, darf mir die Bilder nicht vor Augen führen. Ich darf nicht und ich kann nicht. Es wäre ein zu hohes Risiko. Sie könnten sehen, dass ich anders bin – merken, dass ich fühle.

      Heute ist Montag, also hält er nun seine Rede. Ich schweife gedanklich immer wieder ab, weil ich es nicht mehr ertrage, ihm zuzuhören. Ich traue mich nicht, mich umzublicken, doch ich weiß bereits, welches Bild sich mir bieten würde. Die Plane ist das Zentrum der gesamten Einheit, so gesehen das Herzstück. Das Hauptgebäude des Obersten gleicht einem gigantischen Wolkenkratzer, der sich hoch in den Himmel streckt.

      »Nun versammelt euch bei euren Ausbildern, Soldaten!«, brüllt er in das Mikro.

      Es ist das Zeichen, dass wir uns nun zu unseren täglichen Trainingseinheiten begeben dürfen, in denen wir Dinge wie Schießtraining, Nahkampf, Kampftechniken, Überlebenstraining und Fachwissen in verschiedenen Gebieten erlernen. Sie bilden uns zu Soldaten aus, doch es ergibt keinen Sinn, denn niemand weiß, für welchen Krieg.

      Mit meinem Abschnitt mache ich mich auf den Weg zur Schießhalle, wo unser Ausbilder G40 bereits auf uns wartet. Er begleitet uns bereits, seit ich vor zwei Jahren hier ankam. Er hat kurz geschorenes Haar und ich schätze ihn auf Ende zwanzig. Er zieht immer seine Augenbrauen nach unten, um uns strenger zu mustern.

      Kapitel DREI

      – Dylan –

      Tick, tick, tick, tick, tick, tick, tick …

      Ich habe die Zeit vergessen, während ich hier zu lange allein im Transporter sitze, der mich geradewegs in die Einheit fährt. Den Plan, den ich zusammen mit Zach ausgearbeitet habe, ist simpel. Wir haben beschlossen, dass ich mich stelle und vorgebe, einer von denen zu sein, eine Hülle. Und wenn ich in der Einheit bin, werde ich schauen, wie die Lage ist, ob es noch Wache unter ihnen gibt und ob wir überhaupt eine Chance haben zu überleben. Und vielleicht werde ich ihr begegnen.

      Sie ist bekannt als der ganze Stolz der Einheit. Sie ist mit Abstand die Beste und extrem gefährlich. Als ich vor längerer Zeit in eine Stadt bin, um etwas zu essen aufzutreiben, waren überall Plakate und Artikel von ihr. Aufzeichnungen über sie. So wie von dem Obersten liefen sie überall auf öffentlichen Bildschirmen. Die Einheit will uns Angst machen. Sie wollen uns zeigen, dass sie uns eines Tages ausliefern oder töten.

      Zach sagte, dass ich sie, wenn ich die Möglichkeit dazu bekomme, töten soll, und das werde ich. Das wäre ein großer Triumph für die Rebellen, denn sie repräsentiert diese Einheit. Die Menschen, die das hier vor zwei Jahren begonnen haben, sollen für die unzähligen Tode büßen. Für meinen kleinen und meinen großen Bruder sollen sie büßen. Von dem Gedanken an meine Geschwister wird mir schwer ums Herz. Doch das ist nun mal jetzt mein Leben, und ich werde kämpfen bis zum letzten Atemzug.

      Zach ist zwar erst fünfzehn, aber eindeutig der Schlaueste von uns. Ich vermisse unsere kleine Rebellengruppe jetzt schon. Mit mir sind wir zu fünft – fünf Menschen, die mit allen Mitteln zu überleben versuchen. Wir ziehen durch die Wälder, in der Hoffnung, auf Wache zu stoßen. Das ist allerdings gar nicht so einfach, weil die Hüllen aus der Einheit uns aufspüren wollen. Und sie sind uns ständig gefährlich dicht auf den Fersen.

      May – sie ist erst zehn und damit die Jüngste – schaute mich unter Tränen an und flehte, ich solle unbedingt sicher wieder zurückkommen. Sie erinnert mich an meinen kleinen Bruder, denn sie zaubert jedem ein Lachen ins Gesicht. Man vergisst all das Leid, wenn man ihr zuschaut, wie sie im Sonnenlicht tanzt, und ihre roten Locken dabei auf und ab springen … auf und ab. Ich werde für May zurückkommen, das habe ich ihr versprochen. Als ich die Kleine vor zwei Jahren einsam mitten im Wald hinter einem Baum fand, blickte sie zu mir hoch, und eine einzelne Träne rann ihr über die kindlichen Wangen. Ich wusste, sie ist jemand ganz Besonderes.

      Und dann, nicht zu vergessen, ist da Skyl, der ein Jahr jünger ist als ich. Er ist sechzehn und nimmt, wie ich finde, das alles hier zu locker. Mir ist klar, dass er vieles überspielt, aber er macht immer wieder Bemerkungen in den ungünstigsten Situationen, womit er uns schon einiges an Problemen eingebracht hat.

      Mason ist mit Abstand der Älteste. Er ist zweiundzwanzig und damit auch in der größten Gefahr, denn wenn er von einer Hülle gestellt wird, ist er tot. Aber man ist wohl lieber tot, als eine Hülle zu sein. Ich verabscheue sie so sehr.

      Jetzt

Скачать книгу