Empty Souls. Lena Clostermann

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Empty Souls - Lena Clostermann Empty Souls

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auf, dass er gut einen Kopf größer ist als ich und leichte Muskeln seinen Körper attraktiv machen, doch davon lasse ich mich nicht beirren.

      »Genau richtig, E0225«, sagt er, und ich glaube, mir wird übel. Er sollte Respekt haben oder sich zurücknehmen, doch stattdessen sagt er, dass es genau richtig war?

      G40 kommt erneut zu uns. »Glückwunsch, du hast jetzt einen Schützling, E0225. Der Oberste persönlich meint, es wäre eine gute Förderung für dich.«

      Nein! Nein, alles, bloß das nicht. Jeder weiß, was es heißt, einen Schützling zu bekommen. Du hast ihn allein für eine Zeit lang zu unterrichten, und er weicht dir nicht von der Seite.

      »E0225, du kannst ja schon mal damit anfangen, ihn fürs Schießen fit zu machen. Für die anderen Stunden bist du entschuldigt, also nimm ihn ruhig etwas härter ran.«

      »Danke, Sir G40.« Meine Stimme ist zu leise.

      Alle anderen aus dem Abschnitt verlassen die kleine Halle zusammen mit G40.

      Wir sind allein. Na super. Er denkt, dass ich es nicht merke, wie er mich von der Seite anschaut.

      »Hattest du schon mal eine Waffe in der Hand?«, frage ich.

      »Ja, das eine oder andere Mal schon.« Seine Stimme kommt mir etwas tiefer vor als eben.

      Ich werde ihm zuerst paar grundlegende Dinge zeigen.

      »Versuch einfach mal, die Zielscheibe zu treffen.«

      Er nimmt die Waffe, schaut sie kurz an, bis er seinen Arm langsam hebt und – perfekt trifft. Er ist ziemlich gut. Nur darf er unter keinen Umständen mitbekommen, wie beeindruckt ich bin.

      »Schöne Leistung, E0489. Ich denke, wir werden gut kooperieren.«

      Oh verdammt, wenn er wüsste, dass ich wach bin, wäre ich die Zielscheibe von eben. Von wegen kooperieren. Er dreht sich nicht um, sondern schaut nur auf sein getroffenes Ziel. Ich bin geschockt. Er sollte nicht so gut sein. Irgendetwas stimmt nicht mit ihm. Jeder neue Tag birgt ein Risiko, entdeckt und injiziert zu werden, aber mit einem Schützling erweitert sich das Risiko rasant.

      Ich frage mich, wie er wohl früher war. Was für ein … Mensch er war. Was für ein Mensch ich bin, verkrochen in mein Inneres, weit weg von alldem, was mir eine Riesenangst macht, weit weg von diesen Psychopaten und weit weg … von mir selbst. Aber eines weiß ich – ich werde nicht kampflos aufgeben. Niemals. Ich schulde es unendlich vielen, nicht aufzugeben, aber besonders mir selbst. Eigentlich dürfte ich nicht über solche Sachen nachdenken. Ich habe mir angewöhnt, derartige Gedanken bei ihrem Auftauchen direkt nach hinten zu schieben, einzusperren und zu verstoßen, sodass nicht einmal die Gefahr besteht, wegen irgendetwas in meiner Mimik aufzufallen.

      Doch das ist er. Er befreit meine Gedanken, doch ich sollte das zu verhindern wissen.

      Es ist Zeit, etwas zu essen. Ich halte meinem Schützling ein Tablett hin, und er nimmt es, ohne mich anzuschauen und ohne ein Wort zu sagen. Die Kantine ist relativ leer. An der Essensausgabe zeige ich ihm, wo er seine Nummer eingeben muss, um seine Ration zu bekommen.

      Er setzt sich mir gegenüber hin und isst seine Kost. Das Essen ist einfach, es dient lediglich dazu, uns bei Kräften zu halten.

       »E0225, hast du keinen Hunger?«, fragt mich mein Schützling.

       »Nein, habe ich nicht.«

      Tatsächlich gab es Tage, an denen ich mir überlegte, diese Welt einfach zu verlassen, einfach aufzustehen und zu zeigen, dass ich wach bin, mich selbst umbringen oder einfach nichts mehr essen. Doch ich kann es nicht. Meine Zeit ist noch nicht zu Ende, und ich habe den Willen, zu überleben, der mich hoffentlich bald hier rausbringen wird.

      Wir sitzen an einem Fenster, und ich starre hinaus auf die Plane. Alles nur grau, ohne einen Fleck Farbe. So farblos und leer, genau wie die Leute hier.

      Der Tag geht ohne Zwischenfälle zu Ende. Mein Schützling schläft friedlich eine Armlänge von mir entfernt. Ich hingegen muss mich in den Schlaf zwingen.

      In der vergangenen Nacht wurde ich von Träumen heimgesucht, die verwirrend und schrecklich waren. Selbst als nun die Sirene erklingt, bleibe ich bewegungslos auf meinem Feldbett liegen. Ich stehe total neben mir und würde mich am liebsten irgendwo verstecken und weinen. Ich möchte einfach nur etwas fühlen. Doch ich muss mir nun selbst innerlich einen Tritt geben, da es hier um mein Überleben geht.

      Langsam setze ich mich auf und versuche, alles zurückzudrücken. Jetzt gibt es nur noch diesen Tag und meine Aufgaben, ohne eine Regung von Emotionen. Ich stelle mich auf die Beine, die sich noch ein wenig weich anfühlen, und schnappe mir meine Sachen, um zum Hygienetrakt zu gehen. Mein Schützling ist bereits wach und wartet auf Anweisungen.

      »E0489, heute sind wir dran mit unserer Körperhygiene. Folge mir einfach«, sage ich zu ihm.

      Wir setzen uns in Bewegung, und noch immer muss ich an meine Träume denken. Ich betrete mit meinem Schützling die alternativen Räume, in denen wir duschen und uns pflegen. »Wir haben nicht viel Zeit, also beeil dich«, sage ich und gehe in eine der offenen Duschen, wo ich mich auszuziehen beginne.

      Hier gibt es keine Geschlechtertrennung oder Sichtschutzkabinen, denn keiner schämt sich. Anfangs musste ich mich dazu zwingen, mich nicht zu schämen oder rot zu werden. Ich mache die Dusche an, und das eiskalte Wasser wäscht den groben Schmutz von mir. Schnell trockne ich mich mit dem einzigen Handtuch ab, das ich habe, und ziehe meine Uniform an.

      Zu meiner Überraschung ist mein Schützling auch schon fertig und hat sich sein nasses Haar zur Seite gestrichen.

      »Was steht als nächstes auf dem Plan, E0225?«, fragt er mich ausdruckslos.

      »Nahkampf. Bald sind die Prüfungen«, sage ich nur und gebe ihn ein Zeichen, dass er mir folgen soll.

      Wie so oft frage ich mich, wie ich den Rest des Tages überstehen soll. Gerade im Nahkampf ist es extrem schwer, nicht aufzufliegen. Es gibt so vieles, worauf ich achten muss. Deshalb musste ich auch so gut werden. Damit ich gewinne und niemand mich irgendwie in irgendeiner Hinsicht verletzen kann. Natürlich bekomme ich hier und da mal was ab, aber nie war es etwas Schwerwiegendes. Anfangs hatte ich viele Verletzungen, doch G40 ließ mich für jede Verletzung, die ich mir zuzog, immer zur Strafe eine Runde allein laufen.

      Als wir in der Halle ankommen, spricht uns G40 an. »Ihr müsst nächste Woche euer Bestes geben, weil wir eure Bewertungen machen. Nutzt daher alle die Zeit zum Trainieren.«

      Als ich mich gerade fertig machen will, tritt G40 zu mir. »E0225, du wirst mit deinem Schützling trainieren und die Bewertung ebenfalls mit ihm durchführen.«

      Das kann doch nicht wahr sein! Er ist viel stärker und einen Kopf größer als ich! So langsam geht mir der Typ richtig auf die Nerven. »Selbstverständlich, Sir G40«, sage ich, ohne ihn anzusehen.

      »Und, E0225 – vergiss die Technik nicht.«

      Wenn er genauso gut im Nahkampf ist wie in den anderen Trainingseinheiten, werde ich zurückgestuft, und so schwinden auch meine Chancen auf einen Einzelauftrag. Verdammt! Und er wird mich fertigmachen.

      Da bin ich also, stehe im Ring und warte darauf, dass mein Schützling mich blamiert. Konzentrier dich, Ava, die Jahre waren nicht umsonst, nur um jetzt in einem Ring zu sterben.

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