Reise nach Rûngnár. Hans Nordländer

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Reise nach Rûngnár - Hans Nordländer

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drei Männer trugen die gleichen Sandalen und sie waren von der Art, wie Nils sie schon bei den Kriegern aufgefallen war, die ihn am Morgen gefangengenommen hatten. Sicher sollte die Bekleidung auch eine gewisse Würde verbreiten, aber irgendwie kam sie Nils eher lächerlich vor.

      Ein Standgericht, kam es Nils ein wenig belustigt in den Sinn, aber noch fiel es ihm nicht ein, eine solche Möglichkeit ernsthaft in Betracht zu ziehen, denn er ahnte nicht, wie nahe er der Wahrheit kam. Und ihm wäre auch kein Grund eingefallen, der eine solche Maßnahme gerechtfertigt hätte.

      Die beiden Türflügel hinter ihm schlossen sich so geräuschvoll, dass er zusammenzuckte. Dann war er mit den drei Männern allein. Der Hofbeamte hatte den Raum wieder verlassen.

      Für einige Zeit herrschte ein unbehagliches Schweigen, in der Nils die drei Fremden und sie Nils betrachteten. Dann wandte sich der Adlige in einer fremdartigen Sprache an den Mönch. Der nickte und das Verhör war eröffnet.

      „Das ist ein Standgericht“, erklärte der Mönch mit eisiger Stimme. „Und wie es für dich ausgeht, hängt davon ab, wie du unsere Fragen beantwortest. Wer bist du und was willst du in unserem Land?“

      Dass es sich also doch um ein Standgericht handelte, verschlug Nils für einen Augenblick die Sprache. Dieses Mal hatte Nils die Worte verstanden. Der Mönch hatte sogar deutlicher und verständlicher gesprochen als die Wachen. Aber was er sagte und die Art und Weise, wie er es tat, gefielen Nils überhaupt nicht, und er wurde plötzlich sehr ernst.

      „Mein Name ist Nils Holm“, antwortete er schließlich. „Und ich weiß nicht, warum ich hier bin, ehrlich.“

      Das war die Wahrheit und es betraf seine Anwesenheit sowohl in dieser Welt als auch in der Burg. Schließlich, nahm er an, hatte er weder in jene Welt noch in die Burg gewollt. Was die Burg betraf, war er sich sogar sicher. Aber Nils war auch klar, dass diese Antwort für die drei nicht befriedigend sein würde. Der Mönch übersetzte sie dem Adligen und an dessen Gesichtsausdruck sah Nils seine Befürchtung bewahrheitet.

      „Du weißt, wo du dich befindest?“, stellte der Mönch die nächste Frage.

      „Nein“, gab Nils ehrlich zu, aber sein gleichzeitiges Achselzucken und Kopfschütteln ließen seine Antwort nicht allzu selbstbewusst erscheinen. „Ich sage die Wahrheit. Ich weiß nicht, wie ich hierhergekommen bin. Ich kann mich nicht einmal erinnern, wo ich herkomme. Ich habe mein Gedächtnis verloren. Wenn es nach mir ginge, wäre ich schon wieder weg. Aber nicht einmal diesen Weg kenne ich.“

      Nils war überhaupt nicht sicher, ob seine Worte die drei Männer überzeugten. Er fühlte sich unwohl in seiner Haut und er spürte, wie seine Knie ihre übliche Festigkeit verloren.

      „Weg? Wohin denn, wenn du dich angeblich an nichts mehr erinnerst?“, fragte der Mönch spitzfindig. „Wie steht es mit der Erinnerung daran, etwas vorzuhaben, was wir nicht allzu sehr schätzen würden? Falls auch sie dir abhandengekommen ist, hilft dir vielleicht jemand, dich zumindest daran wieder zu erinnern. Und sei dir sicher, dass Ausreden vor uns keinen Bestand haben werden. Also überlege dir noch einmal, ob du uns nicht doch lieber gleich die Wahrheit sagst. Jetzt machen wir es dir noch leicht, dich zu entscheiden.“

      Hiernach übersetzte der Mönch Nils´ Antwort den anderen beiden.

      Nils schüttelte ungläubig den Kopf. Irgendwie schien der Mönch Nils´ Worte nicht begriffen zu haben und seine Andeutungen ließen mehrere Möglichkeiten zu, aber keine war geeignet, Zuversicht zu verbreiten. Was konnte er diesen Verrückten nur sagen, damit sie ihm glaubten und er seinen Kopf aus der Schlinge ziehen konnte?

      Das Gesicht des Adligen zeigte eine unübersehbare Verärgerung. Der Mönch fuhr fort.

      „Du willst uns also weismachen, dass du dich rein zufällig im Reservat herumgetrieben hast?“, fragte er mit erhobener Stimme. „Du bist als Mensch in die Welt der Rûngori eingedrungen, ohne sie ausspionieren zu wollen? Wir wissen, dass gelegentlich Menschen hier auftauchen und wir wissen auch, dass sie manchmal Böses im Schilde führen. Willst du leugnen, mit den »Verschwörern Euserias« im Bunde zu stehen? Sie sind unsere Feinde und sie werden von Menschen unterstützt. Wir wissen davon. Nun denn, sprich, was habt ihr vor?“

      Nils schüttelte abermals verzweifelt den Kopf. Er hatte keine Ahnung, wovon der Mönch redete. Die ganze Art und Weise des Verhörs kam ihm ziemlich grotesk vor, nicht zuletzt auch wegen denjenigen, die es durchführten.

      „Ich kenne keine – Verschwörer »Euserias«“, erwiderte er. „Ich wusste noch nicht einmal, dass ihr das Volk von Rûngor seid. Ich war noch niemals hier und habe noch nicht einmal von euch gehört. Das ist die Wahrheit.“

      „Fürst Dyrgorn glaubt, dass du lügst“, meinte der Mönch. „Du bist ein Spion, das ist sicher, und falls du doch die Wahrheit sagst und nicht zu den Verschwörern gehörst, schickt dich dann Fürst Albyn, der Herrscher über die Bergkrieger?“

      „Wer ist Fürst Albyn und wer sind die Bergkrieger? Ich habe von ihnen noch nie etwas gehört?“

      „Jetzt reicht es!“, fuhr ihn der Krieger an und Nils erschrak. Er sprach ein eher schlechtes Deutsch, aber es war klar, dass er alles, was bisher gesagt worden war, verstanden hatte. „Auch ich glaube, dass du lügst. Du hältst uns zum Narren.“

      Doch er gab Nils keine Gelegenheit für eine Erwiderung, sondern wandte sich dem Adligen zu. Nils vermutete, dass das Fürst Dyrgorn war. Offensichtlich beherrschte er seine Sprache nicht, denn er ließ sich alles übersetzen.

      Dann geschah etwas völlig Unerwartetes. Während die drei Rûngori lebhaft miteinander redeten, begannen sie sich vor Nils´ Augen aufzulösen. Er blickte die Männer fassungslos an. Es war wie bei den Pferden der Gefängniskutsche. Doch auch dieser Vorgang kam nicht zur Vollendung. In dem Maße, wie die drei Rûngori schwanden, erschienen drei andere Männer, und während die Rûngori in ein heftiges Gespräch verfielen, das immer leiser wurde, standen die drei Erscheinungen stumm und bewegungslos da und blickten sich um. Nils erkannte ihre Überraschung. Anscheinend wussten sie nicht, wo sie waren. Sie trugen eine Kleidung, die wesentlich älteren Ursprungs zu sein schien, als die »Mode« der Rûngori, die Nils bisher gesehen hatte. Es waren fellbehangene Leinengewänder, so wie es aussah. Doch bevor Nils mehr Einzelheiten erkennen konnte, verschwanden sie so plötzlich, wie sie aufgetaucht waren. Er konnte gerade noch feststellen, dass es keine Rûngori waren. Sie hatten weder leuchtende Augen noch die etwas längliche Kopfform. Nein, es waren – Menschen.

      Dyrgorn, der Mönch und der Krieger wurden wieder deutlicher und ihr Gespräch lauter. Schließlich standen sie wieder vor Nils wie vorher. Sie hatten sich nicht vollends aufgelöst und offenbar noch nicht einmal etwas bemerkt, denn ungerührt setzten sie ihre Beratung fort.

      Nils war verwirrt. Was ging in dieser Welt vor? Bei den Pferden hatte er noch geglaubt, dass ihm seine Sinne aus irgendeinem Grund einen Streich spielten. Doch jetzt war es schon wieder passiert. Er konnte sich keinen Reim darauf machen.

      Und dann geschah etwas, womit offensichtlich auch die drei Rûngori nicht gerechnet hatten, denn die Tür zu dem Saal wurde aufgerissen und ein Mann in der Rüstung der Wachen stürzte herein. Überrascht und etwas ärgerlich sahen die drei auf. Der Krieger blieb vor ihnen stehen und verneigte sich kurz. Für Nils hatte er keinen Blick übrig. Hastig redete er auf die drei ein, und obwohl Nils die fremde Sprache nicht verstand, sah er, dass das, was er berichtete, bestürzend sein musste, denn sie gerieten sichtlich in Unruhe. Der Bote hatte kaum geendet, als Dyrgorn mit befehlender Stimme etwas in den Flur rief, woraufhin zwei Wachen erschienen.

      „Wir haben jetzt keine Zeit mehr, um uns mit dir zu

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