Reise nach Rûngnár. Hans Nordländer

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Reise nach Rûngnár - Hans Nordländer

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keine Möglichkeit zu erkennen, was auf ihn zukam. Das Einzige, was Nils hoffen konnte, war, dass seine Gerichtsverhandlung irgendwie durch den Krieg, von dem Narvidur gesprochen hatte, beeinflusst wurde. Vielleicht bestand sogar die Aussicht, dass der Ausgang des Krieges sein Todesurteil verhinderte. Blieb immer noch die Frage, ob er dann auch wieder freikam und nicht doch in diesem Verlies sein Ende fand. Es war schrecklich.

      Nils erlebte diese Stunden in einem ständigen Wechsel von tiefer Verzweiflung, Angst, Hoffnung, von vorübergehend aufkeimendem Mut und gelegentlicher irrer Heiterkeit. Obwohl es eigentlich gar keinen Grund dafür gab, außer der offensichtlichen Zuversicht Narvidurs, verband Nils alle Hoffnung mit diesem Rûngori.

      Dann fiel ihm eine Ungereimtheit auf. Er hatte wohl erfahren, dass sich gelegentlich Menschen in die Welt der Rûngori verirrten, aber es waren anscheinend nicht so viele, dass ihre Anwesenheit keine Aufmerksamkeit mehr erregte, nicht nur bei den Wächtern, deshalb....

      „Sag `mal, Narvidur, bist du überhaupt nicht erstaunt, einen Menschen in der Gefängniszelle zu haben?“, fragte Nils. „Interessiert dich überhaupt nicht, wo ich herkomme?“

      „Warum?“, erwiderte Narvidur. „Ich kenne Menschen und vielleicht sogar mehr als andere Rûngori. Und wenn ich deine Sprache berücksichtige, kommst du aus irgendeinem deutschsprachigen Land Europas. So heißt es doch, glaube ich, bei euch. Wenn ich mich nicht irre, dann kommst du aus Deutschland. Und du bist nicht der erste, der in Bihaford im Kerker des Fürsten landet. Und damit bist du schon recht weit gekommen. Ein größerer Teil schafft es nicht einmal mehr bis hier unten.“

      „Warum? Was geschieht mit ihnen?“

      „Du hast bei deinem Verhör nicht zugehört. Die Andeutung deines Todesurteils war keine leere Drohung.“

      „Du meinst -?“

      „Ich meine nur, dass bei euch immer wieder Menschen verschwinden und nicht wieder auftauchen.“

      Nils schluckte.

      „Und alle enden hier?“, fragte er bestürzt.

      Narvidur lachte.

      „Himmel, nein, sonst wären hier mehr Menschen als Rûngori. Der eine oder andere ist hier aber wohl schon angekommen. Aber mach dir keine Sorgen. Wie ich dir sagte, sind wir hier unten ganz gut aufgehoben. Sicherlich hast du keine schöne Zeit durchgemacht, aber unter diesen Umständen ist dir das Beste zugestoßen, was möglich war. Morgen sehen wir weiter. Und nun, glaube ich, ist es an der Zeit, ein wenig zu schlafen.“

      Ungläubig schüttelte Nils den Kopf. Von sich aus wäre er nie auf den Gedanken gekommen, seiner Lage etwas Gutes abzugewinnen.

      „Ich verstehe deine Gelassenheit nicht“, sagte er und in seiner Stimme lag fast ein gewisser Ärger. „Wir sitzen hier in hoffnungsloser Lage und zumindest ich warte auf meine Hinrichtung und du denkst ans Schlafen.“

      Narvidur lachte wieder.

      „Warte ab. Es gibt Umstände, unter denen es besser ist, eine Zeit lang nichts zu tun. Dieser ist so einer. Du wirst sehen. Morgen Abend sieht die Welt schon wieder besser aus.“

      „Kannst du etwa in die Zukunft sehen?“

      „Vielleicht.“

      Nils sah an der Bewegung der Augen Narvidurs, dass er sich auf den Rücken legte. Er schien nicht mehr gewillt zu sein, die Unterhaltung weiterzuführen. Es dauerte nicht lange, dann erlosch das grüne Leuchten. Narvidur war eingeschlafen. Kurz darauf war nicht mehr zu überhören, dass das Schnarchvermögen eines Rûngori dem eines Menschen nicht nachstand.

      Nils seufzte und versuchte, sich so bequem es ging hinzulegen. Er stellte bald fest, dass es nicht bequem werden würde. Der Untergrund war aus Stein und uneben. Es dauerte nicht lange und Nils spürte die Kälte durch seine Kleidung kriechen.

      An dem Morgen dieses Tages hatte er nicht erwartet, dass er am Abend das stinkende Sofa vermissen würde. Er verschränkte die Arme unter seinem Kopf, nachdem er eine kleine Spinne aus seinem Gesicht gewischt hatte, die sich in der Dunkelheit von der Decke herabgelassen hatte. Seine Gedanken glitten ab und schon bald störten ihn Narvidurs Schlafgeräusche nicht mehr.

      3. Flucht und Rettung

      So, wie Nils sich fühlte, konnte er nicht lange geschlafen haben. Er konnte sich an keinen Traum erinnern, und er schlief gewöhnlich nie ohne Träume. Selbst in dem Dorf in der vorletzten Nacht war er einige Male nach seltsamen Träumen aufgewacht. Er fühlte sich kaum ausgeruht, und dass seine Knochen schmerzten, erstaunte ihn nicht. Dazu musste er nicht stundenlang auf dem harten Boden gelegen haben. Dafür hätte ihm schon die Länge eines Mittagsschlafes gereicht.

      Nils wälzte sich leise stöhnend auf den Rücken. Zuerst wusste er überhaupt nicht, wo er sich befand. Das Einzige, woran er sich erinnerte, waren seine wirren Gedanken, die ihn vor dem Einschlafen heimgesucht hatten. Also konnte dieser Zeitpunkt noch nicht lange her sein. Ihn umgab immer noch eine vollkommene Dunkelheit. Nur langsam kehrten seine Sinne wieder in eine gewisse Ordnung zurück. Er saß immer noch in dem Kerker, stellte Nils mit Unwillen fest. Dann gelangte ein seltsamer Lärm an seine Ohren. Und der kam nicht aus dem Verlies. Nils wandte sein Gesicht zur Tür. Er erschrak – aber nur, bis ihm die Ursache wieder einfiel. Die beiden hellgrünen Punkte, die dicht neben der Tür schwebten, waren die Augen von Narvidur. Er stand an der Tür und horchte nach draußen.

      „Was ist das für ein Lärm?“, fragte Nils.

      Er richtete sich auf und kratzte sich an den Rippen.

      „Hör genau hin“, erwiderte Narvidur. „Bald ist es so weit.“

      Nils horchte.

      „Das ist – da wird gekämpft“, entfuhr es ihm. „Also hattest du Recht. Aber du hast behauptet, wir sind hier sicher.“

      Furcht nahm von ihm Besitz. Narvidur hatte am Abend zuvor zwar gesagt, dass es Krieg geben würde – etwas Krieg, wie er meinte, aber Nils kam aus einer Welt, in der er nie Krieg kennengelernt hatte, nicht einmal ein wenig, und nun war er unversehens in einen hineingeraten.

      „Keine Angst, solange wir hier in dem Verlies sitzen, sind wir sicher“, bemühte sich der Rûngori abermals, Nils zu beruhigen, um ihn im nächsten Augenblick wieder in Schrecken zu versetzen. „Hast du schon einmal gekämpft?“

      [Manche Fragen musste Narvidur so stellen, als wäre ihm Nils tatsächlich fremd, denn er hatte schnell bemerkt, dass der junge Mann seiner Erinnerung beraubt war. Er durfte ihm nicht sagen, was einst geschehen war. Und so konnte er ihm auch nicht erklären, was seine Ankunft in Rûngnár bedeutete. Das musste auf später verschoben werden. Vorläufig blieb es Narvidur aber ein Rätsel, wie es dazu kommen konnte, dass Nils gefangenengenommen wurde. Das war bestimmt kein Teil ihres Planes gewesen.]

      „Wie, gekämpft?“, erwiderte Nils verständnislos. Er grübelte und schüttelte den Kopf. „Nur mit meinem Bruder oder auch mit einem meiner Mitschüler, wenn ich mich recht erinnere.“

      „Nein, nein“, meinte Narvidur. „Wirklich richtig, mit einem echten Schwert aus Stahl?“

      „Natürlich nicht. Wann denn? Und ich will es auch nicht.“

      Narvidur schwieg und horchte wieder in den Gang. Dort tobte ein blutiger Kampf. Wie er angekündigt hatte,

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