Reise nach Rûngnár. Hans Nordländer

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Reise nach Rûngnár - Hans Nordländer

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was du weißt.“

      „Strafe? Was für eine Strafe? Wofür? Ich habe doch nichts getan. Was soll ich wissen?“, erwiderte Nils erschrocken.

      „Die Strafe für das unerlaubte Auftauchen eines Menschen in unserer Welt, noch dazu im Reservat, und für das Bündnis mit den Verschwörern: Die Hinrichtung“, erklärte der Mönch mit bedrohlich gepresster Stimme. „Führt ihn ab.“

      Die letzten Worte waren an die Wachen gerichtet. Nils´ Knie wurden weich und die Welt um ihn begann sich zu drehen. Ein sicheres Todesurteil, denn was sollte er antworten, um es abzuwenden? Wenn ihn die Wachen nicht zwischen sich genommen hätten, dann wäre er zusammengesunken. Sie hatten alle Mühe, Nils hinauszuschleppen, denn er war groß und nicht gerade leicht. Er gewahrte kaum, dass der Fürst, der Mönch und der Offizier eilends den Raum verließen und noch vor ihnen durch die Tür waren.

      Wie in einem Traum erlebte Nils, wie die beiden Wachen ihn durch die Flure führten. Sie erreichten eine Treppe, die in den Keller der Burg hinabstieg. Nils nahm nur unregelmäßige und bewegte Schatten wahr und mehrmals wäre er auf den Stufen gestürzt, wenn die Wachen ihn nicht gehalten hätten.

      Im Keller waren die Gänge noch spärlicher beleuchtet als in den Fluren, die sie im oberen Teil der Burg durchquert hatten. Eine Tür wurde quietschend und knarrend geöffnet. Nils spürte einen Stoß und fiel in ein schwarzes Loch. Ein übler Geruch schlug ihm entgegen. Die Tür wurde hinter ihm wieder zugeschlagen und vernehmlich ein Riegel davorgeschoben. Dann wurde es still um ihn. Er kniete auf der Erde und war wie betäubt. Ihm wollte kein Gedanke gelingen und er war nicht einmal fähig, vor Verzweiflung zu schluchzen. Von innen sah Nils in diesem Augenblick genauso aus wie seine Umgebung. Jetzt fehlte nicht mehr viel, damit er mit seinem Leben abschloss.

      Aber Nils war nicht allein in dem Kerker. Nachdem er sich etwas beruhigt hatte, bemerkte er ein grünes Glimmen in seinen Augenwinkeln. Nils zuckte zusammen. Hatten die Schrecken denn überhaupt kein Ende? Ein Paar leuchtend grüne Augen starrten ihn an.

      „Tenbe om keri harn“, sagte eine fremdartige Stimme.

      Die Botschaft, die Nils nicht verstanden hatte, hatte die drei Rûngori, die ihn verhörten, tatsächlich in größte Unruhe gestürzt. Die Ereignisse, die sie ankündigte, machte das unerwartete Auftauchen des Menschen, der sich Nils Holm nannte, zweitrangig, jedenfalls für den Augenblick. Ein mächtiges Heer der Bergkrieger unter der Führung des Fürsten Albyn näherte sich der Stadt. Und Fürst Dyrgorn hatte es versäumt, seine Steppenkrieger darauf vorzubereiten. Diese Entwicklung hätte er kommen sehen können. Seine Unentschlossenheit rächte sich jetzt.

      Die Bewohner der Welt, in die es Nils verschlagen hatte, und es waren nicht nur Rûngori, lebten in verschiedenen Ländern, vergleichbar mit den Menschen auf der Erde. Obwohl Nils diese Welt bis zu seinem Verhör nur als eigentümlich empfunden hatte, besonders innerhalb des Reservates, war sie ihm doch einigermaßen friedlich vorgekommen. Sicher lag es auch daran, dass er bis zu seiner Gefangennahme keinen ihrer Bewohner zu Gesicht bekommen hatte und fast schon glaubte, dass sie aus irgendwelchen Gründen unbewohnt war. In dem verlassenen Dorf jedenfalls hatte er keine Anzeichen für kriegerische Auseinandersetzungen gefunden. Dass seine erste Bekanntschaft die mit Kriegern war, hielt er für zufällig. Doch allein die Tatsache, dass es die Krieger gab, hätte ihn eines Besseren belehren müssen. Und so täuschte der Eindruck der Friedfertigkeit. Es war keine Welt des ewigen Friedens und es ging in ihr keineswegs harmonischer zu als auf der Erde, wenn es zu dieser Zeit dort auch keinen größeren Krieg gab. Aber Nils war zu einem Zeitpunkt aufgetaucht, in dem die Feindschaft zwischen den Bergkriegern und den Steppenkriegern wieder einmal einem Höhepunkt entgegenging.

      Beide Stämme gehörten dem Volk von Rûngor an und die Grenzen ihrer Stammesgebiete verliefen zum großen Teil durch das Reservat. Da war es nur verständlich, dass Dyrgorn, der Fürst der Steppenkrieger, jemanden, der aus dieser Gegend kam, für einen Spion halten musste. Und wenn es schon keiner des »Euseria« war, dann einer der Bergkrieger. Ihnen war durchaus zuzutrauen, dass sie auch mit Menschen im Bunde standen. Wäre Nils in die Hände von Bergkriegern gefallen, dann hätten sie das Gleiche von ihm gedacht.

      Nicht viele Menschen kamen in diese Welt, aber die, die es taten, tauchten aus unerfindlichen Gründen meistens bei den Bergkriegern auf. Also war die Schlussfolgerung, dass Nils ein Spion war, nur folgerichtig. Aber dieses Mal irrten sie sich.

      Dass die Steppenkrieger Nils so schnell nach seiner Ankunft entdeckt hatten, lag daran, dass sie in ihrem Argwohn das Reservat nicht aus den Augen ließen und sich in dem Augenblick, als er dort das Tor zwischen der Erde und Rûngnár durchschritt, zufällig ein paar Krieger in der Nähe der Lichtung befanden. Obwohl es für die Rûngori eine überaus bedrohliche Gegend war, ließen beide Stämme dort Wachen patrouillieren. Nils hätte also genauso gut in die Hände von Bergkriegern fallen können, obwohl die ihm wahrscheinlich wohlgesonnener gewesen wären, zumindest solange, bis sie feststellten, dass er kein Feind der Steppenkrieger war, die er schließlich gar nicht kannte.

      Allerdings lag der Grund für die Verlassenheit des Reservates nicht in der Feindschaft zwischen den beiden Stämmen. Die hätten niemals zu den Kräften führen können, die dort wirkten. Die Rûngori waren zwar in mancher Hinsicht den Menschen überlegen, aber der Macht, die das Reservat für sich beanspruchte, hatten sie nichts entgegenzusetzen. Diese Kraft besaßen nur wenige Einwohner dieser Welt und eine geheime Gruppe, die sich ins Reservat zurückgezogen hatte. Bei ihr handelte es sich um die sogenannten »Verschwörer Euserias«, die sowohl von den Steppenkriegern als auch von den Bergkriegern gefürchtet und gehasst wurden.

      Von all diesen Umständen ahnte Nils nichts und er hatte in diesem Augenblick auch ganz andere Sorgen, als sich darüber Gedanken zu machen. Trotzdem hatte er im Gegensatz zu einigen anderen Menschen, die dort gefasst worden waren, Glück im Unglück, denn der Angriff der Bergkrieger auf die Hauptstadt der Steppenkrieger verhinderte ein ernsthaftes Verhör und einen unvermeidlichen Urteilsspruch.

      „Tenbe om keri harn“, wiederholte der andere Gefangene.

      Diese Worte rissen Nils aus seiner Verzweiflung. Er wischte sich mit seinem Ärmel eine Träne aus dem Gesicht und blickte den Fremden blinzelnd an. Außer dessen Augen war in der Finsternis nichts von ihm zu erkennen. Nils dachte nicht daran, aber die Tatsache, dass seine Augen nicht leuchteten, verriet ihn sofort als Nicht-Rûngori.

      „Wer bist du?“, fragte Nils. „Verstehst du meine Sprache?“

      Nils hatte berechtigte Hoffnung, dass es so war, denn überraschenderweise schien sie unter den Rûngori nicht unbekannt zu sein, wenn sie wohl auch nicht jeder sprach und die, die es taten, mit unterschiedlichem Vermögen.

      „Ja, ich verstehe dich“, hörte Nils. „Willkommen im finstersten Verlies des Fehenlandes. Wie heißt du? Du bist kein Rûngori. Warum haben sie dich in dieses Verlies gesteckt? Gab es kein Verhör?“

      Dass der Fremde Deutsch sprach, wunderte Nils wie gesagt nicht, aber dass seine Aussprache vollkommen ohne Dialekt war, überraschte ihn doch. Ein plötzliches Misstrauen beendete seine Bereitschaft, dem Rûngori zu antworten. Was war, wenn der Gefangene ihn aushorchen sollte, wenn das jetzt eine Fortsetzung des Verhörs war? Er musste nicht einmal zu denen gehören, die ihn verhört hatten. Vielleicht hatten sie ihm auch nur die Freiheit versprochen für diesen kleinen Dienst. Vielleicht hatten sie Nils deswegen in diesen Kerker gesteckt, weil sie wussten, dass ihr Gefangener besonders gut seine Sprache beherrschte.

      Nils hörte ein leises Lachen.

      „Ich spüre deinen Argwohn“, sagte der Fremde. „Und ich kann ihn dir nicht verdenken. Aber du kannst mir vertrauen. Ich stehe den Steppenkriegern nicht so nahe, dass sie mich für besondere Auskünfte freilassen würden. Davor fürchtest du dich doch,

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