Kuss der Todesfrucht. Agnes M. Holdborg

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Kuss der Todesfrucht - Agnes M. Holdborg

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entschuldigen Sie, verehrte Dame, aber ich bin ja wohl vor Ihnen dran. Sie können sich doch nicht einfach so vorfudeln.«

      »Vorfudeln?« Die Frau zeigte ihre tadellosen Porzellanzähne. »Hören Sie, das ist mal wieder typisch für die Deutschen«, gab sie schnippisch von sich. »Noch nie was vom Reißverschlusssystem gehört, was? Junge Dame, ich mache schon seit zwanzig Jahren immer die gleiche Runde in diesem Geschäft. Zum Schluss komme ich stets hier aus und fädle mich ordnungsgemäß ein.«

      Sie ruckelte ohne Unterlass mit ihrem Einkaufswagen gegen den von Manuela. Die blies resigniert die Wangen auf. Kampf mit einer überalterten Matrone?, focht sie ihren eigenen innerlichen Kampf. Oder bedingungslose Kapitulation?

      Nach einigem internen Hin und Her entschied sie sich für die Vernunft. »Aber natürlich«, säuselte sie zuckersüß, »das Reißverschlusssystem. Wie konnte ich nur so dumm sein?« und ließ die unfreundliche Greisin mit einer freundlichen Geste vor.

      Schlecht gelaunt stellte Manuela später fest, dass sie wieder einmal keinen Einkaufsbeutel dabei hatte. Warum auch, wollte sie doch eigentlich nur drei Dinge besorgen? Mit zwei prallgefüllten Plastiktüten beladen verließ sie endlich den Supermarkt.

      Puh, was für ein Tag!, dachte sie und verlagerte währenddessen das Gewicht der schweren Tüten, deren Henkel ihr bereits in die Hände schnitten, und das, obwohl sie doch einige Teile wieder zurück in die Regale geräumt hatte.

      »Das ist schon ganz schön unverschämt«, wurde sie zum dritten Mal in kürzester Zeit aus ihren Gedanken gerissen.

      »Wie bitte?« Sie konnte nicht verhindern, völlig verwirrt zu klingen ob der Frage - und ob der einnehmend stahlblauen Augen, die sie unter dichten dunkelblonden, zerzausten Haaren intensiv musterten.

      »Na ja«, entgegnete der Mann mit schiefem Lächeln, »mit solchen Beinen vor mir herzufahren ist nun mal echt eine Unverschämtheit.«

      Sie zog die Augenbrauen zusammen. Irgendwoher glaubte sie, den Mann zu kennen. Aber, woher nur?

      »Da fahre ich Kilometer um Kilometer hinter Ihnen und Ihren verdammt hübschen Beinen her, und Sie erkennen mich nicht?«, klärte er sie auf.

      Ihr klappte die Kinnlade herunter. Sie spähte an dem großen Mann vorbei. Da stand der ihr so bekannte Truck am Parkplatzrand, in seiner ganzen Pracht.

      »Oh«, gab sie kleinlaut von sich. »Sie? Sie sind das? Aber ich dachte, mit der Lichthupe, da meinten Sie, ähm, mein Auto. Meinten Sie nicht mein Auto? Also, der Vorderreifen, hm, also, der ist nicht in Ordnung, äh ...«

      Gott, war ihr das peinlich, keinen richtigen Satz zustande zu bringen. Bestimmt lief sie wieder einmal rot an. Wie sie das hasste!

      »Ihr Auto ist kaputt?«, fragte er stirnrunzelnd und wirkte überrascht. »Davon habe ich gar nichts bemerkt. Entschuldigen Sie, ich hatte halt nur Augen für Ihre unglaublichen Beine. Kann ich Ihnen vielleicht helfen?«

      »Beine?«, wiederholte sie tumb. »Helfen?« Sie schüttelte eilig den Kopf. »Nein, nein, Sie brauchen mir nicht zu helfen. Ich fahre gleich in die Werkstatt. Die liegt in der Nachbarschaft. Kein Problem. Vielen Dank, und, ähm, Tschüss.«

      Sie wollte auf dem Absatz kehrtmachen, doch er hielt sie an der Schulter fest. »Ich hätte aber schon gern Ihren Namen und Ihre Telefonnummer, schöne Frau.«

      Was? Was hat er gesagt? Himmel, der brachte sie vollends aus dem Tritt.

      Zu allem Überfluss öffnete sich zu diesem Zeitpunkt auch noch die Glastür. Der Jungschnösel Juri kam aus dem Laden, gesellte sich zur Reißverschlussgreisin, die Manuela aufmerksam zu beobachten schien, und beide grienten sie unverschämt an.

      Himmel, dachte sie erneut, was ist denn heute nur los?

      Obwohl es ihr äußerst schwerfiel, versuchte sie, die beiden möglichst würdevoll mit Nichtachtung zu strafen, atmete kontrolliert aus, noch einmal tief ein, ehe sie sich wieder dem Mann zuwandte: »Hören Sie, Herr Brummifahrer, tut mir leid, wenn wir uns da missverstanden haben, aber erstens habe ich ganz normale Beine.« Dabei versuchte sie mit den Tüten die beiden Objekte seiner Begierde möglichst zu verbergen. »Und zweitens gebe ich Fremden gegenüber ganz sicher nicht meine persönlichen Daten preis, also wirklich!«

      Er verzog keine Miene. Nicht hässlich, der Typ, schoss es ihr durch den Kopf, wobei sie inständig hoffte, nicht noch roter zu werden.

      »Okay, Lady, das habe ich kapiert.« Die Stirn in Falten gelegt, fuhr er fort: »Schade, Ihre Zeichen während der Fahrt kamen mir eindeutig vor.«

      Plötzlich überraschte er sie damit, sich über sie zu beugen. Er war groß, sehr groß. Sie musste mit ihren über eins fünfundsiebzig den Kopf in den Nacken legen, um ihn weiter ansehen zu können. Als er ihr so nahekam, kitzelte sein Haar in ihrem Gesicht. Doch sie sah nur seine Augen, spürte seinen Atem, nahm seinen Geruch nach Tabak, Moschus, Straße – und Mann wahr.

      Für den Bruchteil einer Sekunde verspürte sie ein magisches Knistern in der Luft. Ein alt vertrautes Gefühl, das sie aus ihrem Leben verbannt hatte und auch nun sofort abschüttelte, selbst wenn ihr die Knie weich wurden. Mit einem Mal fühlte sie etwas an ihrem Ausschnitt kratzen.

       Himmelherrschaftszeiten! Steckt der mir da etwa was ins T-Shirt?

      »Ich hatte schon vermutet, dass eine Klassefrau wie Sie wohl eher nicht für einen flüchtigen Straßenflirt zu haben ist, aber Ihre Beine ...« Er ließ den Satz unvollendet. »Ciao, schöne Lady. Ich bin jederzeit für Sie da.«

      Er wandte sich ab, drehte sich aber noch einmal um. Schade, dachte sie, weil sie gerade dabei gewesen war, seine faszinierend maskuline Kehrseite zu bewundern.

      »Ach«, fügte er noch hinzu, »viel Glück mit Ihrem Auto.«

      Behände sprang er hinauf ins Führerhaus, startete den Diesel und fuhr davon, ohne einen weiteren Blick auf sie zu werfen.

      »Jaja«, hörte Manuela die krächzende Stimme der alten Kassenstürmerin hinter sich, »die jungen Männer heutzutage sind auch nicht schlechter als die früher. Den würd ich mir an Ihrer Stelle nicht durch die Lappen gehen lassen, schließlich hat er Ihnen ja seine Telefonnummer dagelassen

      Langsam drehte Manuela sich zu der Frau um. »Telefonnummer? Was reden Sie denn da?«

      »Herrje, Kindchen, stellen Sie sich doch nicht dümmer an, als Sie‘s an der Kasse waren. Mein Gott, der hat Ihnen doch einen Zettel in den Ausschnitt gesteckt. Ich gehe jede Wette ein, dass darauf eine Telefonnummer steht. Sind Sie denn total plemplem?«

      Als auch noch Jungadonis Juri seinen Senf dazugeben wollte, tauchte Manuela endlich aus ihrer Verwirrung auf und wies ihn mit einem gekonnten Blick kurzerhand in die Schranken.

      »Alles klar!«, rief sie etwas zu laut aus und bedachte sowohl Jung als auch Alt ein weiteres Mal mit strafendem Blick. »Ich danke Ihnen beiden, dass Sie dieser außergewöhnlichen Show so aufmerksam beigewohnt haben. Nun möchte mich ganz herzlich verabschieden. Auf Nimmerwiedersehen!«

      Sprach‘s und hastete zum Auto.

      ~~~

      »Gas geben!«, schrie der Mechaniker gegen das Aufheulen des Motors an.

      Manuela

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