PROJEKT KUTAMBATI. Michael Stuhr
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Am Ende der langen Besprechung hatte De Rink es geschafft, van Harps Weltbild gründlich zu verändern: "Spezialisierung! - Spezialisierung ist das, wovon wir heute alle leben." Dick war in seinem Element. "Pass mal auf, Linus! Ich habe dir gesagt, was ich von dir halte. Du bist genau der Typ, der bei den Leuten ankommt. Aber was du mir von deiner Kirche erzählt hast, klingt doch reichlich verworren. Für oder gegen was predigst du eigentlich?"
Linus schwieg betreten. Er hatte wirklich noch keinen eigenen Stil gefunden.
"Siehst du? Du weißt es selbst nicht! Du überforderst die Leute, indem du auf alle Schlechtigkeiten der Welt zugleich einschlägst." Dick schüttelte den Kopf.
"Vor noch nicht einmal einem Jahr sind tausende unserer Jungs in Korea getötet worden. Und du sagst deiner Gemeinde, Krieg sei sinnlos und dumm. Die meisten Amerikaner ahnen, dass ihre Kinder, Verwandten und Freunde für nichts gestorben sind. Aber hören will das doch niemand." Beschwörend hob Dick seine Hände.
"Die Leute sind müde, Linus! Sie suchen Vergessen! Dabei trinken sie ganz gerne mal einen. Also solltest du den Alkohol nicht verteufeln. Unehrlichkeit, Lüge und Betrug sind von jeher bestimmende Faktoren in der Geschäftswelt gewesen. Jeder kleine Mann will irgendwann zu einem großen Mann werden. Und jetzt kommst du daher und sagst ihm, dass er nicht schwindeln darf!
Linus, sei mir nicht böse; aber es ist kein Wunder, dass dir niemand zuhören will!"
"Aber was soll ich denn tun, Dick?", flüsterte Linus kläglich in jammerndem Tonfall. In einer hilflosen Geste hob er die Schultern.
"Du musst dich besser verkaufen! Ich habe ein wenig für dich nachgedacht und festgestellt, dass die kleinen freien Kirchen den gleichen Gesetzmäßigkeiten unterliegen wie Drugstores oder Snackbars. Angebot und Nachfrage bestimmen den Erfolg. - Und vor allen Dingen muss das Angebot richtig sortiert sein!" Dick sah Linus eindringlich in die Augen. "Jetzt denk doch mal nach, Linus! Was interessiert die Menschen seit Adam und Eva am meisten? - Richtig, Sex und Gewalt!" Dicks Augen blitzten, als er fortfuhr: "Nun ist Gewalt für die meisten Menschen etwas, das die anderen ausüben, hier kannst du als Kirchenmann natürlich nicht ansetzen. Aber Sex - Sex macht jeder selber. Und glaube mir, Linus: Millionen von Amerikanern, vielmehr Amerikanerinnen stinkt das gewaltig!"
Linus schaute verlegen zu Boden. Sex war nicht sein Fach. Jedes Mal, wenn er gezwungen war, das Thema in einer Predigt anzuschneiden, bekam er vor versammelter Gemeinde rote Ohren.
"Dank unserer Sonntagsschulen, Mädchengruppen und Frauenvereine", fuhr Dick fort, "ist Nordamerika zurzeit so sexfeindlich, wie kaum ein anderes Land der westlichen Welt. Und genau hier kannst du einhaken!" Dick beugte sich vor und wies mit erhobenem Zeigefinger in seine Richtung.
"Tatsache ist, dass cirka zehn Prozent der amerikanischen Ehefrauen ihren Mann nur noch als Ernährer der Familie betrachten. Stellt der Mann im Bett irgendwelche Ansprüche an sie, rennen sie am nächsten Tag zu ihren Freundinnen und heulen sich aus. Diese bedauernswerten Geschöpfe wollen nur noch ihre Ruhe haben, sie brauchen Beistand! Linus, begreife was ich dir sage! Millionen frigider weißer Amerikanerinnen warten auf ihren Erlöser! - Du kannst es sein!"
Linus nickte nachdenklich, er war bereit zu helfen.
"Verdamme den Sex!" redete Dick auf ihn ein, "Mach die Männer zu Tieren und die Frauen zu Märtyrerinnen - und die Weiber werden dir nachlaufen, wohin du sie auch führst. Du wirst der Racheengel sein, der über den Mann kommt, der seiner lieben Frau zur Mittagsstunde an die Titten greift! Du wirst der gütige Vater sein, dem man die schrecklichsten Sünden beichtet, denn auch die verklemmteste Vorstadtmutti spürt mal so ein gewisses Kitzeln."
Verlegen blickte Hochwürden Linus zu Dick auf. "Meinst du, dass das funktioniert?"
Drei Monate später zog die Gemeinde in einen größeren Raum um. Noch mal zwei Monate später bezogen Amy und Linus ein nettes Appartement, und Linus kaufte sich einen guten Gebrauchtwagen.
"Chucks" In regelmäßigen Abständen blitzte die Neonreklame neben dem Highway auf. Ein riesiger hell erleuchteter Hamburger strahlte vom Dach der Raststätte.
Langsam entspannte sich Linus. Er war nun schon etliche Meilen weit auf New Jersey-Territorium. Allentown und seine Rolle als Rächer der unterdrückten Frauen lagen weit hinter ihm.
Linus war sehr bekannt geworden in den letzten Monaten. Die Frauen vergötterten ihn und beobachteten verzückt jeden Schritt ihres neuen Heiligen. Die Männer dagegen hätten ihn liebend gern erschlagen.
Kurz - das Leben in Allentown war für Linus unerträglich geworden. Er zahlte den Preis aller Prominenten. Wenn er sich wie ein normaler Mensch bewegen wollte, musste er dorthin gehen, wo man ihn nicht kannte.
Chucks Hamburgerstation war so etwas wie ein Signal für Linus geworden. Hier war ein anderer Bundesstaat. Niemand kannte ihn und er konnte sich frei bewegen wie immer er wollte.
Freundlich lächelte das hässliche Pappmaché-Brötchen vom Dach der Raststätte. Linus lächelte zurück und gab dem alten Hudson die Sporen. Plötzlich hatte er es sehr eilig.
14.11.1972 - 18:42 - Mombasa National Airport
Pünktlich mit dem letzten Licht der Sonne landete die kleine Cessna auf dem winzigen Rollfeld für Kleinflugzeuge. Im Tower nahm man keinerlei Notiz. Trotzdem ging Pavarone hinüber und meldete sich und seine Maschine ordnungsgemäß an.
Die Beamten taten zwar so, als sei die ganze Anmelderei total überflüssig und lästig. Pavarone wusste allerdings genau, dass er bis zum Sankt Nimmerleinstag auf seine Starterlaubnis warten konnte, wenn er die Formalitäten nicht unverzüglich erledigte.
"OK, wir können los!" Schon nach einer halben Stunde war Pavarone zurück.
Wallmann und Fischer nahmen ihre Pässe in Empfang. Ihre Namen standen jetzt unter der Rubrik "Foreign Visitors" in dem großen schwarzen Buch der "Mombasa Airport Police".
"Wieso können wir los?" Wallmann war erstaunt. "Ich dachte, du wolltest dich um deine Maschine kümmern?"
"Du, das ist kein Problem, Gerd. Ich fahre morgen früher raus und erledige das. Siehst du, da drüben steht die andere Cessna." Pavarone zeigte in die Dunkelheit, wo absolut nichts zu erkennen war. - "Motorschaden! Der Besitzer hat sie aufgegeben. Morgen früh komme ich her, baue das Teil dort aus und hier ein - und alles ist wieder gut. Punkt acht können wir wieder zurückfliegen. Mein Ehrenwort! Nun lasst uns endlich in die Stadt fahren, solange noch Bier da ist."
"Franco?"
"Ja?"
"Damals in der Schweiz - da wo du herkommst -"
"In Locarno?"
"Ja in Locarno - wie war das da eigentlich?" Wallmann sah Pavarone neugierig an.
"Was?"
"Warum haben deine Eltern dich eigentlich davongejagt?"
"Jetzt lasst uns endlich gehen!" drängte Pavarone ohne weiter darauf einzugehen. "Das Taxi wartet schon!"
Der vierzehn Jahre alte Austin Cambridge - ein Überbleibsel aus der Kolonialzeit - hielt vor dem Portal des "River Thames" Hotels.
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