Töchter aus Elysium. Werner Siegert
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„Wie konnte es nur passieren, dass diese Schnüfflerin bis in den geheimen Keller gelangen konnte! Wir hätten eben doch ein elektronisches Sicherheitssystem einbauen lassen müssen. Mit Fingerprint- oder Iris-Abgleich! Ich werde das morgen gleich mal in die Wege leiten!“
„Schließlich ist auch in pharmazeutischen Laboratorien und in der Fertigung der Zugang nur unter schärfsten Sicherheitskontrollen möglich!“
„Also noch einmal, kein Sterbenswörtchen! Wenn jemand nach Schwester Angela fragen sollte, nur antworten ‚Sie hat uns leider verlassen!’ Und besondere Vorsicht bei Kommissar Elsterhorst. Der darf absolut keinen Verdacht schöpfen. Den müssen wir jetzt behandeln wie ein rohes Ei. Ab sofort VIP-Programm! Das übernimmst am besten ab sofort du!“
Die drei Frauen verschwanden durch die vergitterte Tür ins Haupthaus.
Elsterhorst huschte schnell in sein Zimmer zurück und versuchte, den Wortlaut der abgelauschten Sätze in den Deckel eines Schuhkartons zu kritzeln, in dem ihm Judith seine Joggingschuhe überbracht hatte. Dort würde sicher niemand irgendwelche geheimen Notizen vermuten. Morgen würde er versuchen, Velmond oder besser noch Kriminaldirektor Metzner zu erreichen - wie auch immer. Aber ohne Handy? An sich würde das Erlauschte bereits reichen, den Laden hopps gehen zu lassen. Aber da war noch die Sache mit der Leiche auf dem Friedhof zu klären.
Trauer überfiel ihn; denn bisher hatte er nur vermutet, Schwester Angela, alias Frau Dr. Berghoff, habe ein, zwei Tage Urlaub oder sei unpässlich. Ja, er hatte sie tatsächlich vermisst. Sie war zu ihm wie die Morgensonne, stets mit einem netten Spruch auf den Lippen, zudem sehr um ihn besorgt. Und nun? Nun musste sie mit Blaulicht und Sirene in das nächste Krankenhaus gefahren werden? Was hatte diese Weißkittelfrau gesagt? Sie habe die Schwester Angela absichtlich tage- und nächtelang irgendwo im Keller liegen gelassen? Unterlassene Hilfe? Am liebsten hätte er sofort, noch in dieser Nacht, eine ganze Kohorte Polizei angefordert und die Handschellen klicken lassen. Schluss mit diesem Verbrechernest! Unruhig, zitternd trippelte er in seinem Zimmer auf und ab. Riss das Fenster auf, um die kalte Nachtluft reinzulassen - und ertappte sich dabei, dass er die Gedanken an die geschätzte Angela nicht abschütteln konnte. Ihr Gesicht! Wie mochte sie zugerichtet worden sein? Würde sie je wieder gesund werden? Diese hübsche, sympathische Frau! Es dauerte lange, bis Elsterhorst endlich in einem Erschöpfungsschlaf versackte.
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In der Ambulanz des Starnberger Klinikums herrschte große Aufregung. Aus dem Krankenwagen waren erste Diagnosen durchtelefoniert worden: Viele Hämatome, Verdacht auf Schädelbruch, total verschwollenes Gesicht. Blutende Wunde am Hals wie von einem Messer. „Die Treppe runtergefallen? Das müsste eine sehr steile und lange Treppe gewesen sein, die unten in einem Lager von Stacheldraht endet! Keine Papiere bisher. Sie wurde Schwester Angela genannt. Gegenwärtig ist sie bewusstlos. Lebensgefahr ist nicht ausgeschlossen. Sehr schwache Werte, hoher Blutverlust!“
Diese Diagnose aus dem Krankenwagen zwischen Feldafing und Starnberg erwies sich fast noch als zu optimistisch! Ihr Zustand war äußerst kritisch. Das ganze Notfallprogramm lief an. Sofort wurden Fotos der äußeren, sichtbaren Verletzungen gemacht. In großer Eile wurde Schwester Angela auf die Intensivstation gebracht. Dort beschlossen die Ärzte, sie in ein künstliches Koma zu versetzen.
Am nächsten Morgen ließ sich Klinikleitung mit der Kriminalpolizei in München verbinden. In der vergangenen Nacht sei eine äußerst schwer verletzte Frau unter dem Namen ‚Schwester Angela’ aus dem Wald-Sanatorium Elysium eingeliefert worden. Die Verletzungen deuteten mit großer Wahrscheinlichkeit auf ein Gewaltdelikt hin.
„Elysium? Das ist doch das Sanatorium, in dem Kollege Elsterhorst zur Kur ist?“ Frau Möbius versuchte sofort, mit ihm über die Sanatoriumsleitung Verbindung aufzunehmen. Da dies misslang, Elsterhorst auch nicht über sein Dienst-Handy erreichbar war, schöpfte man in der Mordkommission II Verdacht. Die Starnberger Klinik wurde angewiesen, die Patientin strikt isoliert zu halten. Es sei kein Besuch zuzulassen. Sobald Schwester Angela vernehmungsfähig sei, sei Hauptkommissar Lothar Velmond zu benachrichtigen.
Die Nachricht über den Zustand der Patientin Angela wirkte im höchsten Maße alarmierend. Sogar Kriminaldirektor Metzner drängte nun darauf, dass Hauptkommissar Velmond sich unverzüglich in dieses merkwürdige Elysium zu begeben habe, um die näheren Umstände der lebensgefährlichen Verletzungen zu ermitteln. In einem zweiten Fahrzeug folgten Spezialisten der Spurensicherung.
Als Frau Hendrix zögerte, die Tore zu öffnen, weil sie erst die Direktorin fragen müsse, drohte Velmond, das Türschloss zu zerschießen, wenn sie nicht sofort binnen zehn Sekunden den Weg frei gäbe. Der kleine Trupp stürmte sofort in die Halle; Velmond ließ die Leiterin herbeirufen. Inzwischen war auch Elsterhorst aufgetaucht, allerdings noch übernächtigt im Bademantel und mit den roten Flipflops. Zwar waren die beiden Hauptkommissare nie so richtig Freund geworden, jetzt war er jedoch so beglückt, dass er seinen Kollegen sogar in die Arme schloss und ihm in kurzatmigen Sätzen seine Beobachtungen zu flüsterte und verriet, es handle sich bei Schwester Angela in Wirklichkeit um eine Frau Dr. med. Angela Berghoff.
„Wo ist Frau Dr. Berghoff die Treppe runtergestürzt?“ fragte Lothar Velmond.
„Frau Dr. Berghoff? Ich kenne keine Frau Dr. Berghoff!“ erwiderte die bleichgesichtige Direktorin.
„Welche Frau ist heute nacht um 3:13 Uhr hier mit einem Krankenwagen abtransportiert worden?“ Velmond hakte in ungewohnter Schärfe nach.
„Ach Sie meinen die arme Schwester Angela, die so unglücklich gestürzt war?“
„Wo ist sie gestürzt?“
„Bei uns im alten Haupthaus. Wissen Sie, die Treppen in diesem Gemäuer sind halt steil!“
„Wo ist diese Treppe?“
„Da dürfen Sie nicht rein. Das Haupthaus darf nach unserer Satzung von Männern nicht betreten werden! Nur in medizinisch angesagten Notfällen, falls eine weibliche Ärztin nicht verfügbar ist!“
„Frau Dr. Frost-Heimbusch, wir werden auf ihre Satzung keinerlei Rücksicht nehmen. Sie haben uns, also mir und der Spurensicherung, jetzt sofort den Weg freizugeben und allen Anordnungen Folge zu leisten. Anderenfalls müssen wir ihr sogenanntes Haupthaus und das Sanatorium sofort räumen und schließen lassen. Und - falls sie es bisher nicht wussten: Schwester Angela ist identisch mit Frau Dr. med. Angela Berghoff! Sie schwebt in Lebensgefahr. Und jemand aus Ihrem Haus steht unter dem Verdacht des Totschlags und der unterlassenen Hilfeleistung!“
Velmond schubste die Leiterin und die inzwischen aufgetauchten anderen Weißkittel-Frauen zur Seite und gab dem Trupp Zeichen, ihm zu folgen.
Eine der Frauen versuchte dennoch, sich den Polizisten in den Weg zu stellen:
„Aus Gründen der Hygiene und der sterilen Eigenfertigung unserer Medikamente dürfen Sie nur die Treppe, aber nicht die anschließenden Produktionsräume betreten!“
Lothar Velmond ließ sich nicht im Geringsten in seinen Ermittlungen aufhalten. Er las den Namen der Frau von ihrem eingenähten Schild ab:
„Frau Dr. Winfriede Lepper, wir haben eine Zeugenaussage, dass Sie heute nacht in einem Gespräch mit der Leiterin und einer weiteren Frau für den Zeugen vernehmbar erklärt haben, sie hätten Frau Dr. Berghoff, alias Schwester Angela, absichtlich mehrere Stunden oder