Thiemos Bande. Frank Springer
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Thiemos Bande - Frank Springer страница 10
Thiemo und Dörte hatten das gleiche Schicksal erlitten. Sie waren beide ausgeraubt worden. Durch den Überfall waren sie zu Leidensgenossen geworden.
Obwohl Thiemo deswegen Dörte nicht weniger hasste als zuvor, fühlte er sich nun verantwortlich für sie und schlug ihr vor: „Wenn du möchtest, dann begleite ich dich nach Hause.“
Dörte schaute ihn misstrauisch von oben bis unten an. Thiemo spürte, dass sie ihn genauso wenig mochte wie er sie und dass sie sich ihre Antwort genau überlegte.
Sie zuckte mit den Schultern und sagte kurz: „In Ordnung. Warum nicht?“
Gemeinsam setzten sich die beiden in Bewegung.
Nachdem sie ein kleines Stück gegangen waren, schrie Dörte: „Au, das tut weh!“
„Was ist?“, fragte Thiemo besorgt. „Tut dein Bauch noch weh?“
Dörte kommandierte: „Nein, ich bin nur auf einen spitzen Stein getreten. Bleib bitte stehen!“
Thiemo blieb stehen und Dörte hielt sich mit ihrer linken Hand an seiner Schulter fest. Dann hob sie ihren linken Fuß und legte ihn auf ihren rechten Oberschenkel ab. Mit ihrer freien Hand strich sie sich über die nackte Fußsohle. Danach gingen sie weiter. Nach weiteren hundert Metern trat Dörte erneut auf einen Stein und das Ganze wiederholte sich. Diesmal fiel ihr Blick auf Thiemos verletztes Knie.
Sie fragte: „Du blutest. Tut das sehr weh?“
„Nein, es geht schon“, sagte Thiemo und lächelte, obwohl es beim jedem Schritt schmerzte.
Thiemo fuhr fort: „Wir müssen unbedingt so schnell wie möglich zur Polizei und die beiden anzeigen.“
Wie zu Tode erschrocken sagte Dörte: „Nein, das geht nicht.“
„Warum nicht?“, fragte Thiemo erstaunt. „Willst du, dass die beiden einfach so mit dem Überfall davonkommen?“
Dörte entgegnete entschieden: „Nein, aber das geht auf gar keinen Fall. Bitte nicht.“
„Wieso denn nicht?“, hakte Thiemo voller Unverständnis nach. „Möchtest du nicht deine Schuhe wiederbekommen?“
„Das schon“, erwiderte Dörte, „aber bitte keine Polizei.“
Thiemo verstand das Mädchen nicht. Er sah keinerlei Gründe, weshalb sie den Überfall nicht der Polizei melden sollten.
Entschlossen sagte er daher: „Dann gehe ich eben alleine zur Polizei.“
„Nein“, rief Dörte voller Entsetzen, „tu das bitte nicht.“
„Weshalb denn nicht?“, fragte Thiemo erneut nach. „Ich möchte mein Geld wiederhaben.“
Dörte wurde immer aufgeregter: „Das kann ich dir nicht sagen. Wenn du nicht zur Polizei gehst, dann gebe ich dir das Geld.“
„Bist du verrückt?“, erwiderte der Junge. „Da hast doch selbst gesagt, dass du kaum Geld hast. Wie willst du mir denn das Geld geben?“
Dörte war völlig aufgelöst: „Das schaffe ich schon irgendwie. Hauptsache, du gehst nicht zur Polizei.“
„Mir reicht es“, sagte Thiemo wütend. „Ich gehe jetzt zur Polizei. Mach du doch, was du willst.“
„Nein, bitte nicht!“, schrie Dörte und warf sich vor ihm auf die Knie.
Thiemo wollte an ihr vorbeigehen, aber Dörte hielt ihn fest.
„Dann sag mir endlich, warum nicht“, wurde Thiemo ungeduldig.
„Nein, ich kann nicht“, schluchzte das Mädchen und fing an zu weinen.
Thiemo riss sich los und ging weiter. Dörte rannte hinter ihm her und klammerte sich erneut an ihm fest.
„Bitte, bitte nicht!“, schrie sie verzweifelt.
Tränen rannen über ihr Gesicht. Thiemo blieb stehen und schaute in ihre verweinten Augen.
Dann sagte er ruhig und bestimmt: „In Ordnung, ich gehe nicht zur Polizei, wenn du mir den Grund dafür erzählst.“
Dörte atmete tief durch und antwortete: „Na gut, aber versprich mir erst, dass du nichts weitersagst.“
Thiemo war erstaunt: „Warum soll ich nichts weitersagen?“
Das Mädchen kniete vor ihm und hielt seine Hand umklammert.
„Bitte versprich es mir, sonst kann ich es dir nicht erzählen“, sagte sie weinend.
„Also gut“, lenkte Thiemo endlich ein, „erzähl schon.“
„Du musst es schwören“, verlangte das Mädchen.
„Wenn du unbedingt willst, dann schwöre ich eben“, entgegnete Thiemo genervt.
„Schwörst du es wirklich?“, vergewisserte sich Dörte.
„Ja, ich schwöre es“, wiederholte der Junge.
„Was schwörst du?“, bohrte Dörte nach. „Sag genau, was du schwörst.“
Thiemo stöhnte: „Hiermit schwöre ich, dass ich nichts von dem weiterersagen werde, was mir eine gewisse Dörte Schröter gleich erzählen wird. So, bist du nun zufrieden?“
Das Mädchen ließ Thiemo los und stand auf. Die beiden gingen langsam weiter.
Dörte fing an zu erzählen: „Meine Schuhe waren Markenschuhe.“
„Ja und?“, wunderte sich Thiemo. „Dann solltest du erst recht dafür sorgen, dass du sie wiederbekommst.“
„Eigentlich schon“, druckste Mädchen herum, „aber du weißt doch, dass ich mir gar keine Markensachen leisten kann.“
„Ach jetzt verstehe ich“, erwiderte Thiemo. „Du hast die Schuhe selbst gestohlen.“
„Nein, gestohlen ist nicht der richtige Ausdruck“, antwortete Dörte verlegen. „Besser gesagt, ich habe sie mir geborgt“.
„Geborgt?“, fragte der Junge nach. „Was meinst du damit? Nun erzähl schon und lass dir nicht jedes Wort einzeln aus der Nase ziehen.“
Mit einem Taschentuch trocknete Dörte ihre Tränen und fuhr fort: „Ich hatte keine vernünftigen Schuhe mehr. Da hat mir meine Mutter letzte Woche zwanzig Euro gegeben, damit ich mir vom Billigmarkt ein Paar neue Schuhe kaufen kann. Schuhe vom Billigmarkt fand ich aber zu peinlich. Die anderen Mädchen hätten mich damit ausgelacht. Also habe ich mir noch hundert Euro vom Haushaltsgeld meiner Mutter aus dem Versteck genommen und mir davon Markenschuhe gekauft. Die sind jetzt weg und nun habe ich nichts mehr zum anziehen.“
„Das ist ja ein gewaltiges Ding“, staunte Thiemo entsetzt. „Du bestiehlst deine Mutter, um dir Schuhe zu kaufen, die du dir wiederum stehlen lässt.“
„Nein, ich habe meine Mutter nicht bestohlen“, widersprach Dörte. „In einigen Tagen bekomme ich von meiner