Die Pferdesoldaten 06 - Keine Gnade für Farrington. Michael Schenk
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„Wir sind immer gut mit ihnen ausgekommen.“ Das Gesicht des Grafen war ein wenig besorgt. „Many Horses ist ein kluger Häuptling. Er kann sich vorstellen, dass wir nichts mit der Armee zu schaffen haben.“
„Kann er das?“ Pecos Bill schüttelte den Kopf. „Sicher, ihr Deutschen versteht euch gut mit den Sioux, aber wenn es darauf ankommt, dann sind sich die Weißen, in den Augen der Indianer, alle gleich.“
„Wir, äh, sind jetzt alle Amerikaner“, entgegnete von Trauenstein unsicher.
„Ein Grund mehr für Many Horses, den Bewohnern von Farrington nicht zu trauen.“
„Ich hoffe doch sehr, ich störe nicht.“
Alle wandten sich zur Tür, in der Captain Larner stand.
„Das hier ist eine Bürgerversammlung!“, rief der Schmied. „Die Armee hat hier nichts zu suchen!“
„Ich muss doch bitten.“ Graf Wilhelm von Trauenstein hob in einer beschwichtigenden Geste die Hände. „Gegenstand unserer Versammlung ist das Fort, welches Captain Larner zu bauen gedenkt. Er ist wohl genau der richtige Mann, um unsere Fragen zu beantworten.“
„Ja, lasst ihn reden“, meinte eine der Frauen.
Ein paar ablehnende Stimmen waren zu hören, doch die meisten der Stadtbewohner waren dafür, den Captain anzuhören.
Josefine bemerkte, dass irgendetwas an dem Offizier anders war, doch es dauerte einen Moment, bis ihr auffiel, dass er keinen Waffengurt angelegt hatte. Möglicherweise war es eine Geste Larners, um die Siedler von seinen friedlichen Absichten zu überzeugen.
Von der Uniform abgesehen, wirkte der Captain mit seinem langen und dichten grauen Vollbart eher wie ein gemütlicher Großvater und keineswegs wie ein beinharter Soldat. Auch die dunkle Stimme klang eher sanft, als herrisch. Larner trat neben den Tisch und hob lächelnd die Hand.
„Werter Mayor, Ladies und Gentlemen, ich danke Ihnen für die Gelegenheit, vor Ihnen sprechen zu dürfen. Ich kann mir gut vorstellen, welche Unruhe das Erscheinen meiner Truppe bei Ihnen hervorgerufen hat und ich will daher ein paar erklärende Worte zur Absicht des Gouverneurs abgeben, warum Ihr schönes Farrington als Standort eines neuen Armeestützpunktes ausgewählt wurde.“
„Ohne Many Horses und seine Sioux zu fragen!“, kam der Zwischenruf von Pecos Bill.
„Das ist richtig“, räumte Larner ein, „weswegen ich auch das Gespräch mit dem Chief suchen werde. Dabei hoffe ich auf Ihre Unterstützung, Mayor von Trauenstein, und auf die Ihrer werten Mitbürger.“
„Hört, hört“, kam es leise, aber durchaus vernehmlich, von Pfarrer Dörner. „Erst mit der Tür ins Haus fallen und danach höflich anklopfen.“
Ein paar Lacher waren zu hören, in welche überraschenderweise auch der Captain einfiel.
„Ladies und Gentlemen, seit dem zwölften April des Jahres 1861 befinden sich die Vereinigten Staaten von Amerika im Krieg mit der Südstaaten-Konföderation. Ein Krieg, der nun schon zwei Jahre andauert und bislang keine Entscheidung gebracht hat“, fuhr Larner mit ernster Stimme fort. „Derzeit kann eigentlich niemand vorhersagen, wer letztlich als Sieger aus diesem unseligen Konflikt hervorgehen wird. Die Union hat die meisten ihrer Truppen aus den Grenzforts im Indianergebiet abgezogen. Glauben Sie mir, Ladies und Gentlemen, dass dies seitens der indianischen Stämme durchaus bemerkt wurde. Einige haben sich wieder in jene Territorien vorgewagt, die bislang von der Armee kontrolliert wurden. Es gab eine Reihe von Übergriffen gegen weiße Siedler und sogar auf kleine Armeeposten. Ja, ich weiß, hier in Farrington ist davon nichts zu spüren, doch ich versichere Ihnen, dass die Lage in den Grenzgebieten sehr unsicher geworden ist. In den betroffenen Staaten und Territorien werden daher Freiwilligen-Einheiten aufgeboten, um die verlassenen Forts wieder zu besetzen oder sogar neue zu errichten. Edward Salomon, Gouverneur unseres schönen Wisconsin, lässt eine Reihe von Kavallerieregimentern und Infanterieregimentern aufstellen, welche die Sicherheit gewährleisten sollen.“
„Die Indianer werden das als Provokation auffassen“, kam ein Zwischenruf.
„Das sollten sie eigentlich nicht“, hielt Larner dagegen, „denn die Freiwilligen werden nur in jenen Bereichen eingesetzt, in denen zuvor die regulären Bundestruppen stationiert waren. Wir rücken keineswegs tiefer in die Indianergebiete vor, sondern bewahren lediglich die Grenzen, die zu Beginn des Bürgerkrieges anerkannt waren. Gouverneur Solomon hat allen Kommandeuren eingeschärft, sich strikt an die bestehenden Verträge mit den Roten zu halten.“
„Hier in Farrington hat es bislang keinen Armeeposten gegeben“, meldete sich eine Frau zu Wort. „Das sieht mir schon nach einem Vorrücken ins Indianergebiet aus.“
„Wie ich schon sagte, Ma´am, so geht es nur um die Sicherung des Grenzgebietes. Ladies und Gentlemen, es mag Ihnen neu sein, doch der Bürgerkrieg hat direkte Auswirkungen auf die Indianer. Der Süden bemüht sich um die Anwerbung ganzer Stämme, damit diese als Soldaten für die Konföderation kämpfen. Man spart dort nicht mit Versprechungen und Zugeständnissen an die Indianer, um diese zum Kampf gegen die Union aufzustacheln. Unsere Aufgabe ist es daher, auch darauf ein Augenmerk zu halten.“
„Ich möchte wetten, die Yankee-Union versucht das Gleiche“, kam es von Pecos Bill.
„Hm, das mag sein“, gab der Captain verlegen zu. „Ich persönlich halte dies für falsch, aber ich bin Soldat und kein Politiker. Meine Aufgabe wird es, unter anderem, sein, mit den Häuptlingen in meinem Patrouillengebiet zu reden und sie davon zu überzeugen, den Frieden zu bewahren. Ich appelliere daher an Sie alle, mich in diesem Bestreben zu unterstützen.“
„Wenn es darum geht, den Frieden mit Many Horses zu bewahren, sind wir gerne bereit, Sie zu unterstützen, Captain Larner“, versicherte von Trauenstein und in der Versammlung war die Zustimmung der Mehrheit zu hören.
Kapitel 5 Misstrauen
Little Bird legte mehrere Wolldecken aus dem Regal vor die beiden Squaws, während deren Männer sich mit Pecos Bill unterhielten. Dull Knife und Tumbling Feet gehörten zum Stamm von Many Horses und Dull Knife war inzwischen zum Unterhäuptling aufgestiegen. Eine der drei Federn in seinem Stirnband zeigte Einschnitte und Kerben und wies so darauf hin, dass der hochgewachsene Krieger mehrere Feinde getötet hatte und selber verwundet worden war. Die beiden Krieger interessierten sich besonders für die stählernen Messer und die neuen Pfeilspitzen, die der Händler vor ihnen ausbreitete.
Dull Knife prüfte eine der Spitzen mit den Fingern. Sie hatte keine Widerhaken, wie sie bei Kriegspfeilen oft vorkamen, damit sie sich nur schlecht entfernen ließ, sondern war glatt und sehr scharf, wie der Unterhäuptling nun feststellte. Er ignorierte den unabsichtlichen Schnitt im Daumen und grinste Pecos Bill an. „Gut scharf. Bleiben scharf?“
„Bester handgeschmiedeter Stahl“, versicherte der Händler. „Dennoch wirst du sie früher oder später ein wenig nachschärfen müssen.“
Der Indianer nickte. „Büffelhaut dick und zäh.“
„Gut für Schild“, stimmte Tumbling Feet zu.
Die Sioux verwendeten Rundschilde