Das gottgelobte Herz. Erwin Guido Kolbenheyer

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Das gottgelobte Herz - Erwin Guido Kolbenheyer

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Pferdes aus, daß Gold, Perlen und Stein im Morgen blinkten. Der König trug aber den Helm, und von den Heiltümern des Reiches führte er nur das Zepter mit. Er hielt es auf seinen Schenkel gepflanzt, es winkte leise bei dem wiegenden Gang des Zelters. Vor ihm die Fahne mit dem Wappen und an der Spitze vier Herolde mit Posaunen. Da wichen die Reisigen ungenötigt, und König Albrecht zog durch die Gasse marktauf.

      Die Fenster waren voll Leute, die Frauen hatten sich in der Eile mit ihrem Besten angetan, sie winkten aus den Fenstern. Nur vom Ried her roch es, und nicht nach Freudenfeuer. Aber der Tag war da, und eine Brandrote wäre nicht mehr zu merken gewesen. Gleichwohl hatten die Männer von Werde auf der Burg und im Ried tapfer zu dämpfen und zu hüten.

      Es war schnell umgekommen, daß der König die Stadt in Gnaden nicht wolle mit dem Schwert durchlaufen lassen. Auch die Kriegsleute hatten es gehört und schlugen, da er durch sie hindurchritt, nicht mit Lanze und Schwert gegen die Schilde. Sie trauten ihm mancherlei Untreue zu. Er hatte vor dem Sturm großes Heil und ein gewaltiges Gut verheißen. Da wollten sie abwarten, wie weit die Gnade um Werde stünde. Oben bei der Kirchhofmauer war der Königsstuhl aufgerichtet: Sie waren gerufen, es stand etwas im Werke. Ein Gemurmel mochte da und dort aufkommen, und wären die Frauen nicht klug gewesen und hätten Korb um Korb aus den Speichern und Rauchfängen, Kanne um Kanne aus den Kellern auf die Gasse geschickt, vielleicht hätte das Säumen auf dem Rathause zu lang gedauert.

      Doch der König ritt langsam durch sie, und er war behelmt. Das hieß Kriegsrecht. Von seinem Mantel funkelte der Zauber, auf seinem Schenkel stand das Zepter, das war geweiht und zuoberst dreifältig zugespitzt. Wehe jedem, auf den das Heiltum des Zepters zürnenderweise gerichtet wurde: die Augen versteinten im lebendigen Angesicht.

      Den Platz um den Stuhl füllten Ritterschaft und Leibwachen, auch der Rat stand dabei. Sie hoben den König von dem Roß, er bestieg das Stuhlgerüst. Still wurde es auf dem Platz. Der König saß aufgereckt und sah weit hinaus, er wartete, bis alles zum Stehen gekommen war. Und es legte sich auf die Herzen.

      Der König winkte dem Herold und ließ ihm von einem der Ministerialen das Blatt reichen. Der Herold trieb das Pferd an die Seite des Gerüstes. Er las weithin schallend:

      „Ehrbar Ritter und Knecht, mein reisigs Volk allegemeine, als wir gesprochen und wir verheißen, ehe dann diese meine Stadt Werde hat das Tor uftan: ihr sullet groß Guet haben von dieser Stadt, uf daß ihr billig entgolten seiet aller Arebeit in diesen vergangenen dreien Wochen, und lot euch gefallin. Dann wir an diese Stadt kommen sind und habent dieselb Burg und Stadt genommen mit Hilf des allmächtigen Gotts. Also stoht unser Muet, ihres besten Guets zu nießen und es nehmen an.

      Doch so euer Muet daruf stoht, dieselb Stadt Werde, so sich gefüeget wohl und nindert wider uns ist gelegen in ungetrüer Huet, ze strafen und ze nöten härter, danne ist geschehn in dieser Nacht uf z’letzt, so tunt wir euch, ehrbar Ritter und Knecht, also ouch dem Volk allinthalbin ze wissende: Fürwar es stoht nach unserm königlichen Muet und Befehl, das obrist Guet dieser Stadt Werde ze gewinnen nicht mit Wüsten, Brennen, Zerbrechen, Vermeilgen, noch einigerlei Schaden zuefügen mit Roub unde Gewalt! – Diese unser Stadt Werde wirft ein guete Münz us, doran sull eur Bruochgürtel ein jeglicher nit manglen billiglich, daß ihr ein Fröid habet an dem und euch wohl seie.“

      Da hob eine Ritterschaft Lanze und Schild, und sie schlugen Wehr und Waffen über den Köpfen zusammen, das Volk folgte, wenn auch zögernd und in den ferneren Reihen nicht ohne Gemurmel. Der König aber hatte das Zeichen gegeben, denn das Geläut begann vom Pfarrturm aus und wurde von den Klöstern aufgenommen. Der Herold mußte seine Stimme aufs äußerste erheben:

      „Mein reisigs Volk allegemeine, euch seie aber ze wissende: Das obrist Guet dieser Stadt Werde leit nicht in diesen Muren, so ihr es suechet, es leit ußenthalb für dem Tor, das ist Kreuztor genannt oder das Rot’. Dasselb Guet sullt ihr empfahen uf diese Stund und ist uf Erdenrich kein höcher Gwalt des Guets ninder nicht. Davor will ich ze dieser Stund dies Zepter in Demuet neigen unde fallin uf die Knie, dann es ist das Kreuz, das heilig Kreuz Gottes des Sohns, davon ist in diesem Kloster ein merklichs Partikul. Und es soll obir uns und euch obirscheinen mit der großen Macht und Stärken, so das Kreuz obir euch hingoht, als ganget der Herr Christ obir euch. Wir habent euch entboten uf diese gemeine Freiung, do sullt ihr des Guets sein teilhaftig und aller Sünd frei, die euch hät geminderet an Leib und Seel. Höret das Gläut, es wird euch die göttlich Gewalt obirkommen.“

      Der König hatte sich erhoben, und der Helm wurde ihm abgenommen. Er stand seitlich gewendet und sah gegen die Pfleggasse. Der Gesang war unter den Glocken vernehmlich geworden. Und sie kamen im Ornat mit Silbersdiellen, Lichtstangen, Weihrauch und allen Reliquien, zuvorderst aber – von Konrad, dem Abt, an einer Kette um den Hals getragen und hoch vor das geneigte Gesicht gehoben – das Kleinod aus Byzanz, die heiligen Partikel. Vor dem Abte zogen dieTogaten im Ordenskleide, sie sangen das Kreuzlied der Passionshoren:

       Crux ave benedicta!

       Per te mors est devicta,

       In te pependit Deus,

       Rex et Salvator meus.

       O arborum Regina,

       Salutis medicina,

       Pressorum es levamen Et tristium solamen.

       Dum Crucis inimicos Vocabis et amicos,

       O Jesu, Fili Dei,

       Sis, oro, memor mei.

      Und mancher Bürger hörte nicht nur den fremden, feierlichen Laut aus einer anderen Welt. Er vernahm es in seinem Herzen nach deutscher Zunge:

      O heiligs Kruiz, gegrueßet si,

      Von dir seind allen Tods wir fri,

      An dich muoßt Gott gehangen sin,

      Der Heiland und der Künig min.

      Vor allen Böumen königlich Bringst du die heilend Frucht für mich,

      Ein Freiung nach der Kettenlast,

      Nach Elendfahrt ein milde Rast.

      Des heiligen Marterholzes Pein

      Ruoft Fründ- und Feindschaft in die Gmein,

      Als ruof ouch mich, us Gottes Schoß Herr Jesus, und der Sünd mich los’.

      Uber sie alle ging sie hin, die Sprache des himmlischen Heeres, machtvoll und voll Geheimnis.

      Der König Albrecht lag auf den Knien, sein Volk mit ihm. Hinter den Fenstern der Häuser knieten die Frauen, Greise und Kinder.

      Abt Konrad trat zum Gerüst und reichte der Majestät die Kreuzpartikel zum Kusse. Dabei jauchzten die Silberschellen, und die Weihrauchfässer schwangen weiße duftende Wolken aus, hell tönten die Stimmen der Togaten in den Glockenschwall.

      Und wie der Abt sich abwärts wandte, um durch das kniende Kriegsvolk hindurchzuschreiten, daß jeder der Nähe des Heiltums teilhaftig sei, erinnerte sich ein jeder des hellen Klanges der Königsstimme, die ihnen vor dem Sturm verheißen hatte:

      „In dieser Stadt leit des Siegs ein Zeichen und ist obir alle Widersacher ufgericht’ in Zeit und Ewigkeit. Dann der Herr Christ hat den Teufil zerworfen und den Frieden vollbracht an dem heiligen Guet, das in der Stadt leit.“

      Kein

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