Der 7. Lehrling. Volker Hesse

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Der 7. Lehrling - Volker Hesse

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war ebenfalls anwesend und stimmte fast gleichzeitig in den Morgengruß ein. Beide Schwestern waren in ihrem letzten Lehrjahr und sollten demnächst ihre Prüfungen ablegen.

      Nachdem Korbinian den beiden ebenfalls einen guten Morgen gewünscht hatte, schaute er sich in dem kleinen Laden um. Wie immer war alles blitzblank geputzt und aufgeräumt, die verschiedensten Gebäcke lagen in friedlicher Eintracht nebeneinander in den Regalen und warteten auf Kundschaft. Brot und Brötchen waren schon lange fertig, die Bäckerlehrlinge hatten bereits angefangen, süße Teilchen und Kuchen für den Nachmittag vorzubereiten.

      Korbinian malte sich schon in Gedanken aus, wie er in ein knuspriges Brötchen biss, da wurde er von Adina angesprochen. „Kann ich Dir etwas Bestimmtes geben, Korbinian? Alles ist ganz frisch! Hier, von den Maisbrötchen solltest Du unbedingt probieren, die backen wir erst seit einer Woche!“ Sie sah, dass Korbinian sich zwischen den vielen verschiedenen Sachen nicht entscheiden konnte und wartete ein wenig. Korbinian schüttelte langsam den Kopf und sah sie an. „Liebe Adina, das sieht alles so gut aus … ich weiß gar nicht, was ich zuerst probieren soll!“

      Amina hatte einen Einfall: „Wie wär’s, wenn ich schnell ein wenig Wurst aus der Metzgerei hole? Honig müsste ich auch noch da haben. Dann können wir zusammen frühstücken, und Du kannst in aller Ruhe von allen Brötchen probieren, bis Du weißt, welches am besten schmeckt!“

      Korbinian musste nicht lange überlegen. Bis zum Versammlungsbeginn waren es noch einige Stunden, und im großen Speisesaal würde sein Fehlen beim Frühstück niemanden stören. Also willigte er zur Freude der Zwillinge ein.

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      Quentin wanderte durch einen Wald. Die Vögel sangen ihre schönsten Lieder, als wenn sie ihn freudig in ihrem Zuhause begrüßen wollten. An einem Bach machte er die erste Pause an diesem Morgen und trank von dem klaren Wasser. Er hatte sich für seine Rast eine kleine Lichtung ausgesucht. Dickes Moos wuchs auf dem Boden und bildete einen weichen Teppich. Zum Bach hin wuchsen Wiesenschaumkraut und andere kleine Blumen, die Quentin aber nicht kannte. Schmetterlinge flatterten geschickt von einer Blüte zur anderen und sammelten Nektar. Quentin setzte sich auf das Moos und blickte in die Runde. Ein Stück weiter unterhalb sah er ein Reh, das ebenfalls seinen Durst am Bach löschte. Sie sahen sich beide an, und Quentin befürchtete schon, dass das Reh gleich fliehen würde. Aber das Tier schien zu spüren, dass von dem Jungen keine Gefahr ausging. Es trank ruhig weiter und ging dann zu einem Grasflecken in der Nähe, um zu äsen. Quentin sah dem Reh noch eine Weile zu, dann machte er sich wieder auf den Weg.

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      Als er den Wald verlassen hatte, sah er in der Ferne vor sich, dass sein Pfad auf einen anderen Weg stieß. Er musste sich einer Ansiedelung nähern, Kreuzungen waren dafür immer ein erstes Zeichen. Quentin ging vor lauter Vorfreude etwas schneller.

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      Meara hatte die Nacht in einem Heuschober verbracht. Freundliche Bauersleute hatte ihr diese Unterkunft gegeben. Der Bauer war vor seiner Heirat selbst als Zimmermann durch die Lande gezogen, und er hatte Meara beim Abendessen viel von seinen Erlebnissen erzählt. Ihm waren unzählige Geschichten eingefallen, und daher war es auch sehr spät gewesen, als alle endlich schlafen gingen.

      Die Bauersfrau hatte Meara noch zum Frühstück eingeladen. Bei dieser Gelegenheit fragte Meara, ob sie nicht eine Baustelle wüssten, auf der sie arbeiten könne. „In unserem Dorf leider nicht“, antwortete die Bauersfrau. „Aber in Balsberg wird ein großes Kornhaus gebaut, die suchen bestimmt immer mal wieder tatkräftige Hände.“

      Mit vielen Dankesworten verabschiedete sich Meara von den freundlichen Bauersleuten. Sie war ausgeschlafen, satt und ging voller Zuversicht nach Süden, die Richtung, die ihr der Bauer gewiesen hatte.

      Es gab doch viele gute Menschen! Naja, allerdings hatten die Bauersleute sie ja auch für einen normalen Menschen gehalten und nicht für eine Hexe. Wer wusste schon, ob sie auch dann noch so freundlich und hilfsbereit gewesen wären …

      Meara fand das alles seltsam. Die alten Hexen und Zauberer in Filitosa hatten ihr von einer Zeit erzählt, in der Menschen und Magier völlig selbstverständlich miteinander lebten. Da gab es noch keine Notwendigkeit, einen Handwerksberuf als „Tarnung“ zu benutzen. Allerdings machte ihr das Zimmermannshandwerk viel Spaß. Nur Hexe zu sein fand sie fast langweilig. Gut, eine echte Dorfhexe hatte früher sicher eine Menge zu tun. Da hätte man wohl keinen anderen Beruf mehr nebenbei geschafft. Wenn sie es sich recht überlegte: Ausprobieren würde sie es schon gern einmal, als Dorfhexe ihren Unterhalt zu bestreiten.

      #

      Für junge Magiergesellen auf der Wanderung gab es klare Regeln. „Zaubere niemals, wenn ein erwachsener Mensch dabei ist“, lautete eine davon. Erwachsene waren sehr misstrauisch. Angeblich fürchteten sie sich sogar vor Magiern. Und wenn man den älteren Hexen und Zauberern glauben durfte, waren schon etliche unter Stockschlägen und Steinwürfen aus Ortschaften vertrieben worden – dabei hatten sie nur helfen wollen.

      Bei Kindern musste man da nicht so vorsichtig sein. Wenn Kinder erzählten, dass jemand gezaubert hätte, ging den Erwachsenen normalerweise nur ein Lächeln über das Gesicht. Wahrscheinlich erinnerten sie sich dabei an ihre eigene Kindheit und die Geschichten, die sie selbst damals erfunden hatten.

      Eine andere Regel lautete: „Finde neue Lehrlinge.“ Das war leichter gesagt als getan! Schließlich lief niemand mit einem großen Schild durch die Gegend, auf dem stand: „Ich kann so merkwürdige Sachen, und die anderen Kinder wollen nicht mehr mit mir spielen. Helft mir!“

      Die meisten Magier waren unter den Menschen aufgewachsen und kannten sich nur zu gut damit aus, anders als die anderen Kinder zu sein. Geärgert und verspottet zu werden. Und oft auch: von zuhause weggeschickt zu werden. Wenn nicht rechtzeitig eine fremde Frau oder ein Mann des Weges kam und unter einem geschickt vorgetragenen Vorwand das Kind mit sich nahm.

      Auch Meara war auf diese Weise gerade noch vor der Vertreibung gerettet worden. Die anderen Kinder und auch die Erwachsenen hatten bereits begonnen, sie komisch anzusehen. Fast keines der Kinder durfte noch mit ihr spielen. Ihre Eltern machten sich die größten Sorgen. Da kam eines Tages ein wandernder Händler durch das Dorf. Er stützte sich schwer auf seinen Wanderstab. Ein alter Esel zog den kleinen klapprigen Karren, auf dem sich seine Waren befanden.

      Meara fühlte auf unerklärliche Weise sofort, dass sie dem Mann vertrauen konnte. Sie setzte sich zu ihm, als er am Brunnen eine Pause machte. Es dauerte nicht lange, da hatte sie ihm ihre Probleme mit den anderen Kindern anvertraut.

      Irgendwann hatte der alte Mann sie dann um den bunten Anhänger gebeten, den sie an einem Lederband um den Hals trug. Meara wusste noch ganz genau, wie sprachlos sie gewesen war, als der Mann den Anhänger in die Hand nahm, kurz die Augen schloss und ihr dann erzählte, woher der Anhänger kam, dass es ein Geschenk ihrer Mutter zu ihrem fünften Geburtstag war und dass sie von ihrem Vater ein dazu passendes Lederband geschenkt bekommen hatte. Dass sie den Anhänger eigentlich nie ablegte, auch nicht, wenn sie zu Bett ging. Das hatte Meara noch nie erlebt! Es gab außer ihr noch jemanden, dem Gegenstände Geschichten erzählten!

      Dann ging alles sehr schnell. Der alte Mann hatte mit ihren Eltern gesprochen, ihnen gesagt, dass ihm die Arbeit immer schwerer falle und er immer dringender jemanden zur Unterstützung brauchte. Schließlich hatte er das Kind als seine Gehilfin mit auf die Reise genommen. Meara der Abschied unendlich schwer gefallen, aber sie hatte das untrügliche Gefühl, dass eine spannende Zeit vor ihr lag.

      So war es dann auch gekommen. Der alte Mann ging mit ihr geradewegs nach Filitosa und übergab sie ihrem späteren Lehrmeister Samuel.

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