Doppel-Infarkt. Arnulf Meyer-Piening
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Schleppender Geschäftsgang
In der folgenden Woche hatte Dr. Pauli die sogenannte ´Dienstagsbesprechung` bereits auf acht Uhr angesetzt, kam selbst jedoch erst gegen neun, gemeinsam mit seinem Kollegen Dr. Kramer. Er hatte mit ihm im ‘Goldenen Engel‘, einem gemütlichen Café ganz in der Nähe des Büros, gefrühstückt und dabei die gemeinsame Linie für die geplanten Auftragsverhandlungen mit Kanders abgestimmt, das heißt, Pauli hatte sie festgelegt und Kramer hatte zugestimmt. Die Geschäftsführer Fritz Pauli, Oderbruch, Winter, Suter und Ceponek Fritz Pauli warteten wie gewöhnlich geduldig.
Dr. Pauli eröffnete des Gespräch: „Ich habe vor ein paar Tagen mit einem Dr. Beyer, einem Partner von Kanders Management Consultants, einer großen internationalen Unternehmensberatungsgesellschaft, gesprochen. Wir“, und dabei machte er eine Handbewegung zu seinem Kollegen, „beabsichtigen eine `strategische Ressourcen-Analyse` durchführen zu lassen, um die Rentabilität unseres Unternehmens wesentlich zu verbessern. Es kann nicht angehen, dass wir von der Holding ständig die Verluste der operativen Gesellschaften ausgleichen müssen. Wir haben in den letzten Jahren zu wenig Geld verdient. Das von mir eingesetzte Kapital wird nicht ausreichend verzinst, jedenfalls könnte ich an der Börse mein Geld besser anlegen.“ Er blickte in die die Runde. Sein Bruder Fritz blickte mürrisch auf den Tisch vor sich, obwohl es dort gar nichts zu sehen gab. Die anderen Herren hörten aufmerksam zu.
„Wenn ich nach dem Börsengang meine Aktien verkaufe und das Geld auf die Bank bringe, erhalte ich ein Mehrfaches an Kapitalverzinsung und das ohne jedes Risiko! Dann können Sie sich alle einen neuen Job besorgen“, fuhr Dr. Pauli barsch fort, seine Stimme wurde immer lauter und er gestikulierte mit steigender Heftigkeit. Das war eine deutliche Drohung und wurde von allen auch so verstanden. Und er fuhr fort: „Wir haben für den geringen Umsatz viel zu viele Leute an Bord. Zweihunderttausend Mark Umsatz pro Kopf ist viel zu wenig, sagte auch Herr Beyer, es müssten mindestens 250 oder 300 tausend sein. Sie können selber rechnen, das sind insgesamt 150 oder 200 Mitarbeiter zu viel. Sie betreiben Ihre Geschäfte nicht effizient. Sorgen Sie dafür, dass Ihre Leute richtig arbeiten und nicht ständig krankfeiern oder sonst etwas machen, was uns nur Kosten verursacht und kein Geld in die Kasse bringt.“
Betretenes Schweigen in der Runde. Schließlich ergriff Fritz Pauli das Wort: „Du weißt, dass die Geschäfte zurzeit nicht so gut laufen wie früher. Wenn wir erst die neue Produktpalette stehen haben, können wir auch wieder aggressiver am Markt auftreten und die Fertigungskosten senken. Außerdem steht der Dollar schlecht, das allein kostet uns rund 2 Millionen pro Jahr. Wir können nichts dafür“, versuchte er sich zu verteidigen, seine Wut auf seinen erfolgreichen Bruder konnte er dabei nicht verbergen.
Dr. Pauli lief rot an: „Ich höre immer, dass ihr nichts dafür könnt, dass die Schuld bei anderen liegt. Wofür zahle ich euch eigentlich so hohe Gehälter, wenn Ihr nie für etwas verantwortlich seid. Und der Kursverfall des Dollars: Dafür haben wir doch Sie, Herr Ceponek, Sie hätten den Kursverfall vorhersehen müssen und uns finanziell nicht so stark in den USA engagieren dürfen.“ Seine Stimme überschlug sich fast. „Außerdem haben wir schon lange nicht mehr die Preise angehoben. Sie verkaufen nur über den Preis und machen dabei den Markt kaputt. Über den Preis kann jeder verkaufen, Sie müssen aber die Stärken unserer Produkte mehr in den Vordergrund stellen.“
Jeder in der Runde wusste, dass es in dieser Situation keine Widerrede geben konnte und dass es besser war, nichts zu sagen. Auch Kramer schwieg und sah von einem zum anderen, meistens aber in die vor ihm liegenden Akten.
Natürlich war für die Besprechung eine Tagesordnung erstellt worden, aber sie würde wieder nicht behandelt werden. Eigentlich wäre es nicht notwendig, eine Tagesordnung zu erstellen, aber Pauli hatte es vor Jahren gefordert, dann aber entweder vergessen oder für unzweckmäßig gehalten. Außerdem hätte er sich dann entsprechend vorbereiten müssen, was ihm nicht besonders lag. Viel lieber mochte er das spontane Gespräch, insbesondere, wenn er dabei allen den Wind von vorne geben konnte. Nachher fühlte er sich befreit und war der Überzeugung, dass er die richtigen Dinge in die angestrebte Richtung bewegt hatte.
„Und was sollen die Berater machen und wann sollen sie mit ihrer Untersuchung beginnen?“ fragte Fritz Pauli misstrauisch.
„Am besten gleich.“
„Ist der Auftrag schon vergeben?“
„Nein, noch nicht, das werde ich aber nächste Woche tun.“
„Was kostet der Spaß?
„Etwa drei- bis vierhunderttausend Mark plus Spesen.“
Fritz Pauli war entsetzt. „Und wer soll das zahlen?“
„Die Holding“, bestimmte Dr. Pauli. „Die einzelnen Gesellschaften erhalten aber eine Kostenumlage je nach Umsatz oder Anzahl der Mitarbeiter.“
„Dann entfällt auf uns etwa die Hälfte und unser Ergebnis sinkt dieses Jahr um 250 tausend Mark,“ rechnete Fritz Pauli blitzschnell aus.
„Die kompensieren wir durch die Senkung im Personalkostenbereich.“
„Ich weiß wirklich nicht, wo wir noch Leute abbauen sollen, wir kommen so schon nicht mit der Arbeit durch“, jammerte Fritz. „Es klemmt an allen Ecken, wir haben überall Engpässe, die können die Berater auch nicht beseitigen.“
„Das sollen die Berater ja gerade feststellen, wo es klemmt, vielleicht klemmt es in der Geschäftsführung“, bemerkte Dr. Pauli sarkastisch.
Die Diskussion wurde zunehmend unsachlicher und führte zu keinem Konsens. Dr. Pauli beharrte auf seinem Standpunkt, die anderen waren sichtlich gegen eine Untersuchung insbesondere des eigenen Bereichs durch einen Unternehmensberater, wenn sie es auch nicht offen aussprachen.
Fritz Pauli wechselte das Thema, um abzulenken aber auch weil es ihn direkt betraf: „Wie weit bist du eigentlich mit den Kaufverhandlungen mit der Firma Möbius?“
„Wir werden wahrscheinlich schon in Kürze den Vertrag unterzeichnen. Dr. Johannes ist mit der Vertragsausfertigung beauftragt.
„Ist der denn dafür geeignet?“ bemerkte Oderbruch, „Soweit ich weiß, macht der doch nur Familien- und Erbschaftsrecht. Er hat der hat doch so was noch nie gemacht.“
„Kramer, Dr. Johannes und ich, wir drei machen das zusammen. So kompliziert ist das nun auch wieder nicht.“
„Das sehe ich anders, das ist nicht nur ein rechtliches Problem. Es wäre besser, wenn vorher ein Neutraler in diese Firma hineinsehen würde. Ich meine in die Kosten- und Ertragsstrukturen, Risiken und so weiter. Dafür könntest du doch Kanders nehmen oder wie die auch immer heißen mögen“, meinte Fritz Pauli.
Dr. Pauli überlegte kurz, da hatte sein Bruder einen guten Gedanken. Vielleicht sollte man doch noch vor der Vertragsunterzeichnung einen Berater einsetzen, der die Firma auf Herz und Nieren prüft, nur leider würde man dazu keine Zeit mehr