Doppel-Infarkt. Arnulf Meyer-Piening

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Doppel-Infarkt - Arnulf Meyer-Piening

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       Im Büro wartete die Sekretärin, Frau Feiner, bereits ungeduldig auf Dr. Pauli. Herr Hilbert von der German Bank hat noch mal angerufen und bittet um einen Rückruf. Ich verbinde Sie gleich.“

       Herr Hilbert gab Dr. Pauli namens des Vorstands der German Bank grünes Licht für den Börsengang, falls die Bilanz in Ordnung sei.

       Die Bilanz war bezüglich des ausgewiesenen Ergebnisses tatsächlich gut, zeigte aber eine zu geringe Eigenkapitalquote. Die wesentlichen Schwachstellen waren die hohen Warenbestände, sie machten fast 60% des Umsatzes aus. Pauli war von den Banken und auch von Herrn Schubert immer wieder auf die zu hohen Bestände aufmerksam gemacht worden, aber es gelang offenbar nicht, sie zu senken. Dazu wurde von den Geschäftsführern erklärt, die Warenbestände seien in dieser Höhe unbedingt notwendig, um die gute Lieferbereitschaft zu erhalten. Die Kunden forderten schnelle Lieferung, vor allem bei der Ersatzteilversorgung. Aber man arbeite daran und werde weiter versuchen, die Bestände abzubauen.

       Außerdem bereiteten die hohen Außenstände erhebliche Sorgen, insbesondere die Forderungen an die konzerneigenen Tochtergesellschaften im Ausland. Als Erklärung gaben die Verantwortlichen an, es handele sich um die Finanzierung langfristiger Projektgeschäfte mit staatlichen Stellen, die für ihre langsame Zahlungsweise bekannt seien. Aber die Zahlungen wären in jedem Fall gesichert. Die German Bank machte, neben anderen Banken, gute Geschäfte mit Pauli, und da die Ergebnisse seit Jahren gleichbleibend positiv waren, gab es auch keinen Grund zur Beunruhigung. Man befand sich in gutem Einvernehmen mit der Firmenleitung.

       Die Geschäftsführung genoss hohes Ansehen nicht nur bei den Banken, auch im Unternehmerverband sprach man nur mit Hochachtung von Dr. Pauli. Man hatte ihm unlängst eine herausragende Stellung in diesem für die Wirtschaft des Landes so wichtigem Verband angeboten. Da er auch zur Landesregierung, speziell zum Ministerpräsidenten, eine sehr gute Beziehung hatte, sprach alles für ihn. Pauli hatte aber stets unter Hinweis auf seine hohe Arbeitsbelastung mit Dank abgewinkt. Es hätte ihn durchaus gereizt, schmeichelte auch seinem ‘Ego‘, aber er sah keine Möglichkeit, die notwendige Zeit aufzubringen. Jeder hatte dafür Verständnis, bedauerte aber doch die Absage. Man hätte sich mal wieder einen richtigen Mittelständler in hoher Funktion gewünscht, nicht immer einen Vertreter der Großindustrie, der die Sorgen und Nöte des Mittelstandes doch nicht verstehen könnte.

       Die folgenden Verhandlungen mit den Banken über den Börsengang zogen sich über Monate hin, verliefen aber insgesamt positiv. Pauli strebte eine breite Streuung des Aktienbesitzes an. Er wollte keinesfalls einen Großaktionär, der möglicherweise später einmal durch gezielte Zukäufe von Aktien einen beherrschenden Einfluss auf seine Firma gewinnen könnte. Aus diesem Grund wurde das Kapital in namenrechtslose Vorzugsaktien und in stimmberechtigte Stammaktien geteilt. Dr. Pauli wollte unbedingt den beherrschenden Einfluss behalten, brauchte aber dringend neues Kapital.

       „Ein breiter Streubesitz ist für uns das Beste, was uns passieren kann“, sagte er immer wieder zu seinem Kollegen und seinen Geschäftsführern, „wir erschließen uns den Zugang zum Kapitalmarkt und behalten unsere Selbständigkeit.“

       In diesem Sinne verhandelte er auch mit den Banken, insbesondere mit Herrn Hilbert, und man verständigte sich dementsprechend mündlich in einem Gentlemans Agreement. Größere Aktienpakete sollten nur von Kapitalanlegern erworben und gehalten werden, die keine eigenständigen industriellen Interessen verfolgten. Versicherungsgesellschaften waren willkommen ebenso wie Banken und auch Versorgungsunternehmen, keinesfalls aber Maschinenbauer, Elektronikfirmen und Hersteller von militärischen Gütern. Dabei wurde die Sicherung des Know-hows offiziell immer besonders betont, für den Vorstand ging es aber um die Wahrung der Eigenständigkeit und Unabhängigkeit. Außerdem wollte man keinen tieferen Einblick in das interne Geschäftsgebaren gewähren.

      7.

      Schwatzhafter Vogel

      Ich hatte noch eine geraume Weile so dagesessen ohne dass sich irgendetwas von Bedeutung getan hätte. Ich starrte in die Gegend, die Kellnerin ging ihrer gewohnten Arbeit nach. Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Ein Spatz setzte sich auf meinen Tisch und pickte die Krümel, die mein Vorgänger hinterlassen hatte. Er hatte keine Angst vor mir, hätte aber auch die Freiheit davonzufliegen, wenn ich ihm zu nahegekommen wäre. Aber das tat ich nicht, denn ich freute mich über seine unaufdringliche Gesellschaft. Er wollte nichts von mir, ich nichts von ihm. Wir teilten uns ganz friedlich in diesen Tisch. Es genügt ihm, was er fand, mir genügte mein Getränk, jedenfalls für diesen Augenblick.

      Der kleine Vogel hüpfte näher zu mir heran, richtete sich auf und blickte mir in die Augen. Aufgeregt flatterte er mit den Flügeln.

      „Was willst du von mir, hast du nicht genug zum Essen bekommen?“ fragte ich ihn. Dreimal tschilpte er und schlug jedes Mal mit den Flügeln. „Ich kann dich nicht verstehen, du willst mir doch etwas sagen. Ich habe keinen Drachen getötet. Ich bin nicht Siegfried.“ Der Vogel saß noch eine kleine Weile, breitete die Flügel aus und flog davon. ‚Der will mir doch etwas sagen, aber was? Da kam mir die rettende Idee: Hatte er nicht dreimal Signal gegeben? Kannte er etwa die Signale aus der Seefahrt? Das Signal bedeutet: ‚Meine Maschine dreht rückwärts.‘ Ob es sich nun um ein Zeichen handelte oder nur ein Zufall war, ich wusste es nicht, aber ich nahm es als ein Hinweis zum Aufbruch.

      „Ich möchte gern zahlen“, sagte ich zu der Kellnerin, als sie wiederkam.

      „Macht sechs achtzig.“

      Ich gab ihr zehn Mark. „Der „Rest ist für Sie, für Ihre Freundlichkeit und für das Aspirin.“

      „War doch selbstverständlich. Kann ich Ihnen sonst irgendwie helfen?“

      „Danke, es geht schon besser, die Tablette hat mit etwas geholfen.“

      „Haben Sie es noch weit bis nach Hause?“

      Ich schüttelte den Kopf. „Ich wohne da oben auf dem Berg.“

      „Das ist aber ein gutes Stück Weg bis da oben“, meinte sie besorgt.

      „Ich werde es schon schaffen!“

      Sie zögerte. „Wenn Sie noch etwas warten, kann ich Sie im Auto mitnehmen, wir schließen in einer halben Stunde.“

      „Danke, das ist sehr freundlich von Ihnen“, lehnte ich höflich ab. Vielleicht sollte ich wirklich noch etwas bleiben, dachte ich, aber ich wollte unbedingt allein in der frischen Luft nach Hause gehen. Was ich wirklich nicht gebrauchen konnte, war eine gemeinsame Autofahrt mit einer fremden Frau, die schwatzhaft und neugierig war und vielleicht Anschluss suchte. Eigentlich wollte ich nur allein sein, mit niemanden reden müssen, von niemanden gesehen werden. Aber ich fürchtete mich auch vor dem Weg auf die Höhe bei der beginnenden Dunkelheit. Niemand würde mir helfen können, wenn ich den Weg dorthin nicht schaffen würde. Abends ging dort kaum einer hinauf. Die ersten Häuser beginnen erst kurz unterhalb der Höhe, sicher würde ich heute für den Aufstieg eine dreiviertel Stunde brauchen, während ich sonst in einer halben Stunde oben war. Heute war es weit bis dorthin, fast wie eine Reise in ein fernes Land.

      Chicago: The Great Client Award

       Der Flug von Stuttgart nach Frankfurt ging erst um 10 Uhr 50, so hatte Beyer genügend Zeit für ein ausgiebiges Frühstück. Er schlug die Zeitung auf und sah die Überschrift: ‚Ansturm auf Botschaft. In Budapest stürmen ‘DDR‘-Bürger die Deutsche Botschaft‘.

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