Doppel-Infarkt. Arnulf Meyer-Piening

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Doppel-Infarkt - Arnulf Meyer-Piening

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Das Fahrwerk fuhr mit lautem Rumpeln ein.

       Die Maschine nahm langsam Fahrt auf. La Mole Tower lag unter ihnen, dann kam das Ende der Landebahn. Nur nicht an den Hang, leichte Kurve nach rechts. – Komm schon, nimm Höhe auf, mach doch, warum steigt sie nicht? – Arnims Gedanken rasten. Die Maschine vollführte noch immer einen wilden Tanz. Mit unendlicher Langsamkeit, so kam es ihnen vor, bewegte sie sich dabei an dem gefährlichen Hang nach Süden vorbei und drehte anschließend nach Westen in das Tal Richtung Draguignan. Außer dem Lärm der auf Volllast drehenden Motoren herrschte im Cockpit gespannte Stille, die Nerven waren bis zum Zerreißen gespannt. Wird sie es schaffen, wird sie Höhe gewinnen, dachte Arnim. Wenn nicht, ist alles vorbei. Eine Wendung um 180 Grad ist in dem engen Tal nicht möglich. Sie mussten es einfach schaffen! Nach quälenden zwanzig Minuten war endlich genügend Höhe erreicht, um wenden zu können. Mit Rückenwind hatten sie dann das Tal schnell verlassen.

       Die Maschine näherte sich dem Flugplatz von Fréjus. Arnim griff zum Mikrofon und bat den Tower um Landeerlaubnis. Die Antwort kam sofort und erteilte die Landeerlaubnis allerdings verbunden mit der Warnung wegen starkem Seitenwind: “WL roger, wind is from 270 with 55 knots. Runway in use is 19! Can you make it?”

       Blitzartig schuss es Armin durch den Kopf: 90 Grad Seitenwind mit 55 Knoten! Die Maschine ist nur bis 35 Knoten Seitenwind zugelassen. Das wollte Arnim nicht riskieren.

       “May we take runway 27 grass?”

       “Negative, ground is too soft. We had a lot of rain here recently.”

       “Auch das noch. Dann muss es eben auf Landebahn 19 gehen, hoffentlich hält das Fahrwerk.“

       „WL is turning final.“

       „Have you in sight, cleared to land, runway 19.

       Mit 30 Grad Vorhaltewinkel näherte sich die Maschine langsam an die Landebahn. Endlich, die Bahn unter dem Flugzeug. Bloß auf der rechten Seite aufsetzen, dachte er, kommst sonst von der Bahn ab. Knall sie auf den Boden, sie darf nicht mehr abheben, sonst ist alles aus. Arnims geballte Aufmerksamkeit richtete sich auf die Landebahn, für Angst oder Bedenken war kein Raum mehr. Eine ruhige Entschlossenheit, diesen Flug zu einem guten Ende zu führen, hatte ihn ergriffen. Seine Hände hielten den Steuerknüppel mit sicherer Hand und zwangen die Maschine auf Kurs zu bleiben. Auch Elinors Angst war in diesem kritischen Augenblick gewichen und hatte einem fatalistischem Vertrauen Platz gemacht. Arnim wird es schaffen, dachte sie, er hat bisher jede kritische Situation gemeistert!

       Die Landebahn kam langsam näher, sie erreichten die Schwelle, mit hartem Ruck und kreischenden Reifen setzte die Maschine auf. Das Fahrwerk hatte gehalten. Die Maschine rollte nach kurzem Rollweg aus, wendete und rollte zum Vorplatz. Elinor atmete tief durch, es klang wie ein Seufzer: „Das hast du ja noch mal zum Guten gewendet, aber du hättest bei dem Seitenwind keinesfalls hier landen dürfen, du hättest nach Nizza zurückgehen müssen, wie leicht hätte das schiefgehen können, du hast das Schicksal herausgefordert!“ In ihrer Stimme klang eine Mischung aus Bewunderung und Zorn mit.

       „Das war sicher eine der schlechtesten Landungen, die es an diesem Platz je gegeben hat, aber wir sind heil und die Maschine auch, was will man mehr?“

       „Oh, einen doppelten Cognac und eine Zigarette wären jetzt der krönende Abschluss.“

       „Stimmt, beides haben wir uns redlich verdient.“ Arnim hatte die Fahrt der Maschine weiter verlangsamt und rollte sie behutsam zum Hangar: Bremsen fest, Instrumente aus, Motor aus, Hauptschalter aus. Er schloss kurz die Augen und lehnte sich im Sitz zurück, froh und dankbar, dass letztlich alles gut geendet hatte und das Flugzeug sich als stabil genug erwiesen hatte. Einer sportlichen Herausforderung stellte er sich gerne, aber er vermied unkalkulierbare Risiken. Er schaute zu Elinor, die immer noch bleich und verloren aus dem Fenster blickte. „Ich denke, wir gönnen uns erst einmal eine Zigarette.“

       Mit langsamer, mühevoll kontrollierter Bewegung reichte er ihr das Etui und gab ihr Feuer. Sie war wirklich eine tolle Frau, dachte er, und vor allem, sie hat recht, ich hätte die Landung nicht riskieren dürfen, wenn etwas schiefgegangen wäre, keine Versicherung hätte auch nur einen Pfennig bezahlt, von den anderen möglichen Konsequenzen ganz zu schweigen. Gemeinsam verließen sie die Maschine. Die Knie zitterten etwas, als ihre Füße festen Boden fühlten. Hand in Hand gingen sie zum Ankunftsgebäude.

      2.

       Unruhiger Herzrhythmus

      Mein Herzrhythmus war bei dem Gedanken an den Flug noch unruhiger geworden. Es war mir unmöglich, aufzustehen und weiterzugehen. Ich blickte starr in die Gegend. Zwei verliebte Menschen kamen Hand in Hand vorbei, sie sprachen und lachten miteinander, blieben stehen, küssten sich ungeniert unter dem Kreuz und gingen weiter. Sie nahmen keine Notiz von mir, warum auch? Sollte ich sie ansprechen, sollte ich sie um Hilfe bitten? Hilfe wofür, was fehlte mir denn, ich war doch gesund. Und doch saß ich zusammengesunken auf der Bank und traute mich nicht weiterzugehen. Du musst nur tief durchatmen, dachte ich, dann wird es schon wieder gehen.

      Am Kreuzweg begegneten sich zwei Ehepaare, sie begrüßten sich flüchtig, wahrscheinlich waren es entfernte Nachbarn:

      „Wie war Ihr Urlaub?“, fragte die Frau.

      „Wir waren in Südfrankreich, es war schön, aber viel zu kurz“, sagte der Mann im Vorbeigehen.

      „Da wollen wir auch nächstes Jahr hin.“

      „Es wird Ihnen dort bestimmt gut gefallen, einen schönen Abend noch.“

      „Danke, auch so!“

      Jeder ging seines Weges, und ich versuchte mich wieder abzulenken, dachte an die schönen Urlaubstage in Frankreich und an die für mich so folgenschwere Begegnung.

      Ja, wenn wir damals wie geplant in La Mole gelandet wären, dann hätten wir in unserem Ferienhaus ein paar ruhige Tage verlebt, aber nun war es anders gekommen. Ich machte einige Erfahrungen, auf die ich zum Teil gerne verzichtet hätte. Aber das weiß man eben erst hinterher. Jetzt lieber an etwas Anderes denken.

      Das war leichter gesagt als getan. Unaufhörlich kreisten meine Gedanken um ‘meine‘ Firma und die Schwierigkeiten, die es zu bewältigen galt. In erster Linie drehte es sich um die Trennung der beiden Betriebsteile. Es war vom Vorstand der Muttergesellschaft beschlossen worden, die mechanische Fertigung von der elektronischen zu trennen. Das hatte den Sinn gehabt, die zukunftsfähigen Teile der Elektronik-Fertigung von den traditionellen Schlosserarbeiten zu trennen, denn diese Arbeiten konnten von diversen kleineren Firmen erledigt werden. Das war kostengünstiger, schränkte aber die Flexibilität ein. Arbeiten, die früher von eigenen Monteuren erledigt wurden, mussten nun an Fremde vergeben werden. Das führte zu Spannungen innerhalb der Geschäftsführung, die in dieser Angelegenheit zwiegespalten war. Noch ausgeprägter war der Konflikt mit dem Betriebsrat, der seine Kompetenzen beschnitten sah. Man hatte sogar mit Streik gedroht, wobei die Gewerkschaft im Hintergrund ihre Fäden zog.

      Grund genug über die Zukunft besorgt zu sein.

      Begegnung mit dem Patriarchen

       Der für die Privatfliegerei reservierte Teil des Flugplatzes Fréjus-St. Raphael bestand

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