Unvergängliches Blut - Sammelband. S.C. Keidner
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Unvergängliches Blut - Sammelband - S.C. Keidner страница 5
Eigentlich wollte sie ihm freudestrahlend entgegenlaufen. Doch eine plötzliche Befangenheit hielt sie zurück. Als sie ihn das letzte Mal gesehen hatte, war er, nun ja, jung gewesen. Nun waren seine Schultern breiter, die Arme kräftiger. Es gab nichts Knabenhaftes mehr an ihm. Vor ihr stand ein Mann mit dem Blick eines Kriegers, wachsam und konzentriert.
Vidar, der Schwertmeister, trat auf Maksim zu. Sie fassten sich gegenseitig an den Ellenbogen und zogen sich in eine Umarmung. »Willkommen zurück, Maksim. Es tut gut, dich zu sehen.«
»Und dich, Vidar!«
Emese, die Älteste der Sklaven, knickste. »Willkommen zurück, junger Herr.«
»Vielen Dank, Emese. Wie geht es Vazha?«
Vazha war Emeses Sohn. »Danke, gut, junger Herr. Er begleitet den Herrn zum Treffen der Stammesfürsten. Wir erwarten sie in einigen Nächten zurück.«
Maksim nickte. »Ja, Vater hat mir eine Nachricht geschickt.« Er wandte sich an die Bewohner der Festung, die sich eilig versammelt hatten. »Danke, dass ihr mich willkommen heißt. Ich freue mich, wieder unter euch zu sein.«
Die Männer und Frauen, Vampire und Menschen, murmelten einen Gruß.
Maksims Augen wanderten über sie und blieben an Rodica hängen, musterten sie eingehend. Sie fühlte Hitze in ihre Wangen steigen.
»Du bist doch nicht etwa die kleine Rodica?«
»Willkommen zurück, junger Herr.« Sie verzog das Gesicht. »So klein bin ich nicht mehr.«
»Das sehe ich.« Er lächelte sie an. »Vielen Dank für dein Willkommen, Rodica.«
Sein Blick ruhte auf ihr, bis Emese sagte: »Wir haben in der Halle eingedeckt. Und die Blutsklaven erwarten Euch.«
»Vielen Dank, Emese. Wir werden erst einmal etwas essen.« Er nickte seinen Begleitern zu und gemeinsam gingen sie in den Wohntrakt, in dessen Erdgeschoss die Halle lag. Vidar und die Krieger schlossen sich ihnen an.
Rodica starrte hinter ihm her. Sie stellte sich die absurde Frage, wie es wäre, von diesen starken Armen gehalten zu werden. Hör auf, solchen Unsinn zu denken, wies sie sich rasch zurecht und folgte ihrer Ziehmutter, um die Gartenbeete in Erwartung des Winterschnees mit Stroh abzudecken.
Kapitel 2
Es tat gut, zu Hause zu sein.
Aufatmend sank Maksim in den mit Schaffellen ausgelegten Sessel, in der Hand einen Becher mit Wein, und sah dem Spiel der Flammen im Kamin zu. Sein Gemach war mit einer Kommode und einem Tisch mit eisernen Beinen, um den sich Holzstühle gruppierten, ausgestattet. Das Bett stand an der hinteren Wand, daneben ein Waschtisch. Auf dem Steinfußboden lagen dicke Teppiche aus Wolle. Die Wände waren weiß verputzt. An ihnen hingen einige Gemälde, Ansichten der Festung, die ein künstlerisch begabter Vorfahr geschaffen hatte.
Seine Gedanken wanderten zu den Erlebnissen bei den Arrajk’ag und zu Inam, der Tochter des Stammesfürsten Zelinkan. Sie hatten sich dem körperlichen Vergnügen den ganzen Sommer hingegeben. Er war nicht ihre einzige Eroberung. Zelinkans Krieger hatten ihm von ihr berichtet und Inam gab freimütig zu, dass ihr mit nur einem Mann langweilig würde. Zelinkan, der um die Umtriebe seiner Tochter wusste, versuchte seit geraumer Zeit, ihr einen standesgemäßen Gefährten zu verschaffen, doch sie wollte keinen der Männer, die er vorschlug. »Er versteht nicht, dass ich keinen Gefährten möchte!«, hatte sie sich einmal bei Maksim beschwert.
»Bleib standhaft! Ich verstehe dich. Ich möchte auch keine Gefährtin.«
Sie hatte gelacht und gesagt »Da sind wir uns ja einig!«, bevor sich ihre Lippen um seine Männlichkeit schlossen und er dieses Thema sehr schnell vergaß.
Ja, auch wenn er Inams Leib vermisste, gerade in einer kalten Nacht wie dieser, war es gut, wieder zu Hause zu sein, den altbekannten Weg am See entlang und den Berg hinauf zu nehmen, all die Krieger, Wächter und Sklaven wiederzusehen.
Die kleine Rodica. Er konnte kaum glauben, dass diese schöne junge Frau das schlaksige Mädchen sein sollte, das er vor vier Wintern zuletzt gesehen hatte. Oder das verstörte Kind, das Vidar und er an jenem schicksalhaften Regentag nach D’Aryun gebracht hatten. Sie hatte ihre Scheu damals rasch verloren und war ihm wie ein Welpe überallhin gefolgt, erfuhr eine Nähe zur Fürstenfamilie wie sonst kein Sklave. Er, zu der Zeit ein Knappe von vierzehn Wintern und stolz darauf, ihr Leben gerettet zu haben, hatte ihre Heldenverehrung genossen. Inzwischen hatte er Schlachten geschlagen und genug getötet, um zu wissen, dass es kein Heldentum gab.
Er nahm einen Schluck Wein. Ob sie schon Blutsklavin geworden war? Vater sah sie dafür vor, aber es war Usus bei den D’Aryun, dass nur Erwachsene Blutdienst leisteten. Sie musste jetzt siebzehn oder achtzehn Winter alt sein, also fast erwachsen. Natürlich wusste sie, was Vater mit ihr plante und hatte erlebt, wie Vampire sich nährten, was bei den D’Aryun über das Handgelenk und niemals am Hals erfolgte. Vater behandelte die Sklaven streng, aber gerecht, und verlangte, dass sie ihre Aufgaben gewissenhaft erledigten. Sie fürchteten die Vampire nicht. Bei anderen Stämmen kam es vor, dass Sklaven schlecht behandelt wurden. Vater duldete so etwas nicht.
Maksim sprang auf und begann, rastlos im Raum umherzugehen. Der Aufenthalt bei den Arrajk’ag hatte ihm viele neue Ideen vermittelt. Zelinkan schwebte das Ende des Blutsklaventums vor. Er verwies auf den uralten Brauch der Blutdienerschaft, menschliche Familien, die gegen Bezahlung mit den Vampiren lebten und sie mit Blut versorgten. Das war, bevor einige der ärmeren Stämme auf die Idee kamen, Menschen zu versklaven. Wozu für Blut zahlen, wenn man es sich einfach nehmen konnte? Mit der Sklaverei setzte die Flucht der Menschen aus den Bergen ein. Die anderen Stämme wurden gezwungen, ebenfalls zu Sklavenhaltern zu werden, um den Zugang zu Blut nicht zu verlieren. Es war ein Teufelskreis, der dazu führte, dass es immer weniger Menschen im Gebirge gab. Sie flohen in die Städte, wohin ihnen die Vampire nicht folgen konnten, ohne von der Sonne verbrannt zu werden. Die Berge wurden im Westen und Norden von den Grasländern umschlossen, die man durchqueren musste, um zu den Städten der Menschen zu gelangen. Unterschlüpfe wie Höhlen gab es in den Grasländern nicht und so waren sie ein unüberwindbares Hindernis für die Stämme. Die Vampire richteten ihr Augenmerk daher auf das Niemandsland zwischen der Westflanke des Gebirges und den Grasländern, wo es Dörfer und Weiler der Menschen gab. Aber es war mehr als fraglich, ob die Menschen dortblieben, wenn die Vampire sie jagten und versklavten.
Wie man es auch drehte und wendete, würde den Vampiren das Menschenblut ausgehen, es sei denn, sie schafften die Sklaverei ab und streckten den Menschen die Hand der Freundschaft entgegen. Taten sie dies nicht, hätte es katastrophale Folgen: Ein Gebirge voller Vampire, alle auf der verzweifelten Suche nach Blut, um ihre Unsterblichkeit zu erhalten. Ihr Organismus verlangte danach, zwang sie, es zu trinken. Bekamen sie es nicht, wurden sie wahnsinnig und starben qualvoll.
Überhaupt: Welche Stärke konnte man erreichen, wenn Vampire und Menschen gleichberechtigt waren! Ihm schwebten Menschenkrieger vor, die tagsüber kämpfen konnten. Späher, die nicht gezwungen waren, sich vor der Sonne zu verstecken. Diener, die wie früher gegen Lohn Blut gaben. Menschen und Vampire konnten sich ergänzen, die Schwächen des einen waren die Stärken des anderen.
Er blieb mit dem Rücken zum Kamin stehen, nahm den letzten Schluck Wein. Hoffentlich konnte er Vater überzeugen, der sich gute Chancen ausrechnete, zum nächsten Herrscher über die Stämme gewählt zu werden. Nachdem Zoltan Lu’sin, der bisherige