Unvergängliches Blut - Sammelband. S.C. Keidner
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Mit einem wütenden Zischen warf er die Feder auf den Tisch. Es half nichts. Er musste es sich eingestehen. Er begehrte Rodica mit jeder Faser seines Herzens.
Kapitel 7
Wenn sie sich in den folgenden Nächten begegneten, auf den Fluren oder in den Ställen, lächelten sie sich verlegen zu, sprachen jedoch nicht miteinander. Bei den Mahlzeiten in der Halle spürte sie seine dunklen Augen auf sich ruhen und auch sie konnte nicht umhin, ihn immer wieder verstohlen unter gesenkten Wimpern zu betrachten. Einmal fing er einen ihrer Blicke auf. Prompt wurden ihre Wangen heiß und sie hätte sich beinahe an einem Stück Fleisch verschluckt. Peinlich berührt floh sie vom Mitternachtstisch, sobald es möglich war.
Sie war in einem Kampf widerstreitender Gefühle gefangen. Was war in sie gefahren? Wieso hatte sie ihn bloß geküsst? Er war der junge Herr, der Erbe des Fürsten! Es schickte sich nicht für eine Sklavin, so vertraut mit ihm umzugehen! Doch dann musste sie lächeln, erinnerte sich an jedes Detail des Kusses. Noch immer spürte sie seine Haut unter ihren Lippen, meinte, seinen Duft zu riechen, eine verführerische Mischung aus Baumharzen und Gräsern. Wie ihr Körper mit diesem sinnlichen Schauder darauf reagiert, ihr Herz gepocht hatte. Der Wunsch, all dies und noch mehr zu spüren, nahm ihr den Atem und ließ ihre Begierde hell auflodern.
Die Erkenntnis kam ihr schließlich beim Ausmisten der Stallungen. Sie hatte sich in ihn verliebt. Maksim war in den letzten vier Wintern erwachsen geworden. Seine Ernsthaftigkeit und die Begeisterung für die Ideen, die ihm vermittelt worden waren, zogen sie magisch an. Ihr Herz klopfte, wenn sie an ihn dachte. Sie sehnte sich nach seiner Nähe.
Mit Andrei, dem Gärtnerjungen, hatte sie das nicht erlebt. Sie und Andrei waren aus Neugier auf die Erfahrung der Liebe zusammengekommen. Es war schön gewesen, aber sie hatte nie ein Bedürfnis nach Nähe gehabt wie jetzt bei Maksim. Sie wollte nicht ohne ihn sein.
Aber was fühlte Maksim? Seine Überraschung über den Wangenkuss war unübersehbar gewesen. Seine Verlegenheit bei ihren Begegnungen in der Festung konnte vieles bedeuten. Dass ihm ihr Verhalten peinlich war. Dass er genauso fühlte wie sie, genauso verwirrt war. Dass er über Wege nachdachte, sie von sich fernzuhalten, ohne ihr wehzutun.
Sie seufzte und warf Pferdemist mit der Holzschaufel in die Schubkarre. Selbst wenn Maksim sich in sie verlieben sollte, so war sie doch eine Sklavin, ein Mensch. Zwar verbaten die Gesetze der Vampire diese Liebesverhältnisse nicht, doch auf der Festung waren sie verpönt. Und es gab harte Gesetze, was diejenigen anging, die aus diesen Verhältnissen entstanden, die Ewigen. Es geschah nur äußerst selten, dass Ewige geboren wurden. Sie erbten die Unsterblichkeit der Vampire, ohne dafür Blut trinken zu müssen. Ansonsten waren sie wie Menschen. Mit einer Ausnahme: Ihr Blut war giftig für Vampire, was wohl der Grund war, dass die Gesetze ihre Tötung geboten. Erblickte ein Ewiger das Licht der Welt, nahm man der Mutter das Kind weg und ertränkte es. Starb ein Vampir durch das Blut eines Ewigen, verlor seine Familie alles. Seine Habseligkeiten fielen an den Herrscher über die Stämme.
Auch Emese wäre sicherlich entsetzt von einer Liebschaft mit Maksim und sie und Vazha würden versuchen, sie davon abzubringen. Sie erinnerte sich an eine schwülwarme Nacht kurz nachdem Maksim die Festung verlassen hatte, um zu dem Stamm in den Osten zu gehen. Die Krieger hatten mit nackten Oberkörpern auf dem Übungsplatz gekämpft, beobachtet von kichernden jungen Frauen, Menschen und Vampiren. Den Kriegern gefiel die Aufmerksamkeit, doch Vazha scheuchte die Menschenfrauen zurück in die Küche. »Schämt ihr euch denn nicht?«, fragte er empört. »Euch Vampiren an den Hals zu werfen? Das ist doch widerlich! Vampire!« Die jungen Frauen hatten sich in betretenem Schweigen an ihre Arbeiten gemacht.
Rodica schnaubte verächtlich, packte die Griffe der Schubkarre und schob sie aus dem Stall zum Misthaufen. Was dachte sie überhaupt über all dies nach? Sie wusste doch noch nicht einmal, was Maksim für sie empfand!
Kapitel 8
»Was?« Maksim blickte verwirrt auf.
Es war zehn Nächte nach Rodicas Kuss. Nach Rodicas Kuss, das war seine neue Zeitrechnung. Er konnte die Erinnerung an diesen Kuss nicht verbannen, und spürte jedes Mal das Brodeln des Bluts in seinen Adern, wenn er sie nur von Ferne sah.
»Ich sagte, dass ich neben Zelinkan auch Hroar Gisher in den Rat der Stämme aufnehmen werde. Als Gegenpol zu Raiden Tyr und Aibek.« Alaric runzelte die Stirn. »Was ist los mit dir? Du bist abgelenkt.«
»Entschuldige.« Maksim seufzte. »Ja, ich denke, das ist eine gute Idee. Wie wäre es noch mit der Fürstin Shazad?«
»Die ist bereits Ratsmitglied«, sagte Alaric. »Also, was ist los? Und sage jetzt nicht ›nichts‹, ich bin dein Vater, ich kenne dich.«
Maksim starrte auf die hölzerne Tischplatte zwischen ihnen. Vater würde nicht lockerlassen, bis er erzählt hatte, was ihm im Kopf umherging. Aber Rodica wollte er bestimmt nicht mit Vater besprechen. Er wusste nur zu gut, was Alaric entgegnen würde. Also war der Zeitpunkt gekommen, seine Ideen anzusprechen. »Du weißt, dass ich viel von Zelinkan gelernt habe. Er ... er hat viele gute Vorschläge gemacht, was die Zukunft der Stämme angeht.«
»Ich verstehe.« Alaric schob seinen Stuhl nach hinten und schlug die Beine übereinander, legte die Hände locker gefaltet auf die Oberschenkel. »Er hat mit dir über die Abschaffung der Sklaverei gesprochen.«
Maksim war überrascht. »Du weißt ‒?«
»Du bist nicht der Einzige, mit dem Zelinkan seine Vorstellungen für die Zukunft teilt. Auch ich habe lange Gespräche mit ihm geführt. Und ja, seine Ideen ergeben einen Sinn, aber ‒.«
»Natürlich ergeben sie einen Sinn!«, fiel Maksim eifrig ein, dankbar, dass er sich auf etwas anderes als seine verwirrenden Gefühle für Rodica konzentrieren konnte. »Ich glaube fest, dass dies der einzige Weg ist, wie wir Vampire überleben können! Wie lange wird es dauern, bis keine Menschen mehr im Gebirge oder im Niemandsland leben? Bis alle Menschen in die Städte geflohen sind? Was wird dann aus uns?«
»Ich denke nicht, dass alle Menschen vor uns fliehen«, entgegnete Alaric. »Es gibt genug, die bleiben, gerade im Niemandsland.«
»Meinst du wirklich?«, beharrte Maksim. »Werden sie nicht irgendwann der Überfälle und Entführungen müde sein?«
»Ich bin der Ansicht, dass Sklaven keinen Anreiz zur Flucht haben, wenn wir vernünftig mit ihnen umgehen. Du siehst es hier, auf der Festung. Wir haben noch nie einen Fluchtversuch erlebt. Den Menschen geht es gut. Sie fühlen sich sicher.«
Genau das hatte Rodica gesagt. Es ärgerte ihn, dass Vater denselben Einwand vorbrachte. »Weil sie nichts anderes kennen! Und ja, hier fühlen sie sich sicher, auch wenn sie Gefangene sind. Aber was ist mit Sklaven von Fürsten wie Aibek? Oder Raiden Tyr?«
»Das stimmt«, räumte Alaric ein. »Aber ist es nicht besser, bei diesen Fürsten auf eine Verbesserung der Lebensbedingungen ihrer Sklaven hinzuwirken, als auf die Abschaffung des Sklaventums zu drängen? Ein großer Teil der Stämme wird die Sklaverei nicht beenden wollen, schon allein, weil sie das teuer zu stehen käme. Blutdiener kosten Gold. Doch wenn wir vorleben, wie man mit Sklaven vernünftig umgeht, werden sie eher willens sein, über eine Veränderung nachzudenken, und sei es zunächst, dass sie ihre Sklaven besser behandeln. Vielleicht ist das sogar der Anfang vom Ende der Sklaverei, wer weiß. Mein Punkt ist, dass Zelinkans und dein Vorschlag ein rabiater