Unvergängliches Blut - Sammelband. S.C. Keidner
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Er stellte kopfschüttelnd den Becher ab. All dies waren Gedankenspiele und ohne dass sie gesprochen hatten, konnte er keine Pläne schmieden. Vater würde nicht auf alle seine Vorschläge eingehen. Er war der Sklaverei nicht abgeneigt, befand die Gesetze so, wie sie waren, für gut und setzte sie durch. Doch Maksim war sicher, dass Vater die Notwendigkeit der Änderungen im Umgang mit den Menschen einsehen würde.
Kapitel 3
Alaric D’Aryun kehrte einige Nächte später zurück. Er hieß alle Bewohner der Festung sich in der Halle, deren Decke aus dunklen Holzbohlen von geweißten Pfeilern getragen wurde, zu versammeln. In einer kurzen Ansprache teilte er ihnen mit, dass er zum Herrscher über die Stämme gewählt worden war und die Insignien der Macht, den Stab, den Ring und die Kette des Herrschers, an sich genommen hatte. Dies bedeute, dass mehr Stammesfürsten als bisher zu Besuch auf die Festung kämen und der Rat der Stämme fortan hier tagen würde. Man solle den Besuchern mit Höflichkeit begegnen und ihnen helfen, sich zurechtzufinden.
Emese schimpfte vor sich hin, als Rodica und sie sich nach der Versammlung in ihr Quartier im hinteren Teil des Wohntrakts zurückzogen. »Das bedeutet so viel mehr an Arbeit! Als ob wir nicht schon genug zu tun hätten!« Sie begann, ihren Arbeitskittel aufzuknöpfen. »Und einige dieser Fürsten sind mir nicht geheuer! Rodica, du wirst dich von ihnen fernhalten. Du arbeitest sowieso in der Küche und den Ställen, da sollte es einfach sein, ihnen aus dem Weg zu gehen.«
»Wieso soll ich mich von den Fürsten fernhalten?«, fragte Rodica erstaunt, die schon plante, sich diese Vampire genauer anzusehen.
Emese schüttelte unwillig den Kopf. »Es gibt Fürsten, die einen schlechten Ruf haben. Sie misshandeln Sklaven und zwingen Frauen, ihnen zu Willen zu sein. Ich will nicht, dass du in ihre Nähe kommst!«
»Aber ich soll doch Blutsklavin werden! Wie soll ich es da vermeiden, in ihre Nähe zu kommen?«
»Ich werde mit dem Herrn sprechen. Und ihn bitten, dass du nicht zu den Besuchern gehen sollst, nur zu Vampiren des Stammes D’Aryun. Und vielleicht können wir deine Ernennung zur Blutsklavin hinauszögern. Noch bist du nicht erwachsen!«
»Aber ‒.«
»Kein Aber. Ich werde mit dem Herrn sprechen.«
Kapitel 4
Emeses Gespräch mit Alaric war nicht von Erfolg gekrönt. Er hatte sich ihre Bedenken mit ernster Miene angehört und gesagt: »Ich verstehe dich, Emese. Aber Rodica wird Blutsklavin. Sie war vier, vielleicht fünf Winter alt, als Maksim sie fand, also ist sie jetzt alt genug, um diese Pflicht zu übernehmen. Wir müssen sicherstellen, dass genug Blutsklaven zur Verfügung stehen. Ich werde bei der ersten Sitzung des Rats aber darauf hinweisen, dass ich Belästigungen oder gar Gewalt gegenüber Sklaven nicht dulden werde. Sag Rodica, dass sie ab sofort Blut geben wird. Dann kann sie sich noch vor Ankunft der Räte an ihre neue Aufgabe gewöhnen.« So war Emese nichts anderes übrig geblieben, als Rodica zu sagen, dass sie nun eine Blutsklavin war.
Rodica war nervös, als man sie zum ersten Mal zum Blutdienst zur Schwester Alarics, Maksims Tante Delia, schickte. Es kam fast einer Enttäuschung gleich, wie schnell der Biss, von dem sie nur einen leichten Druck am Handgelenk verspürte, vorbei war.
Delia lachte über ihr erstauntes Gesicht. »Was hast du dir vorgestellt? Blut zu geben ist nicht dramatisch.«
»Es hat gar nicht wehgetan.« Rodica betrachtete die beiden punktförmigen Wunden in ihrer Haut fasziniert. »Und es blutet kaum.«
»Ja, ich sorge mit meinen Geisteskräften dafür, dass du nichts spürst. Und der Speichel eines Vampirs trägt dazu bei, dass sich die Wunden schnell schließen.« Delia runzelte die Stirn. »Ich möchte etwas mit dir besprechen. Setz dich bitte.«
Rodica nahm auf einem der Sessel Platz. Delias Wohngemach war einfach, aber gemütlich eingerichtet. Auf dem Fußboden lag ein bunter Teppich. Mehrere bequeme Sessel standen vor dem lodernden Kaminfeuer. Es gab ein Schreibpult mit einem zierlichen Stuhl davor, auf dem Delias getigerte Katze schlief. Dicke Wandbehänge verhinderten Zugluft. Öllampen spendeten Licht und das Fenster, mit Glas versehen, gab den Blick frei auf die im nächtlichen Dunkel liegenden Gebirgszüge, über denen der volle Mond stand. Delia hatte gelesen, als Rodica kam, und das in Leder gebundene Buch lag aufgeschlagen auf einem der Sessel.
»Ich habe mit Emese gesprochen.« Delia sah Rodica eindringlich an. »Sie hat Recht, wenn sie sich Sorgen um dich macht, jetzt, wo sich so viele Fremde auf der Festung einfinden werden. Versprich mir eins, Rodica: Wenn sich dir jemand ungebührlich nähert, dann sagst du mir und Emese das, verstanden?«
»Ja, Delia.« Beklommenheit stieg in ihr auf. Emeses ständige Besorgnis kannte sie zur Genüge, aber dass Delia ins selbe Horn blies, war beunruhigend. »Aber wieso sollte jemand das tun?«
»Ach, Kind.« Die Vampirin seufzte. »Du kennst nur die Bewohner der Festung. Wir haben strenge Regeln, wie miteinander umgegangen wird. Andere Stämme haben das nicht, ganz besonders nicht, was Sklaven angeht. Leider sind einige der Fürsten dieser Stämme im Rat vertreten, wie Aibek und Raiden Tyr, um nur zwei Namen zu nennen.«
Den Namen Aibek sprach sie in verächtlichem Ton aus. Der Fürst aus dem Westen des Gebirges hatte vor ein paar Wintern seine Gefährtin verloren und Alaric um die Hand Delias gebeten. Als Alaric Delia beim Mitternachtsmahl von der Anfrage erzählte, war sie wütend geworden. Sie nannte Aibek ›pervertiert‹, ›krank‹ und ›anormal‹ und benutzte dann Worte, von denen Emese hinterher sagte, dass eine Dame sie niemals in den Mund nehme. Auch wenn Delia recht habe und all dies auf Aibek zutreffe. Aibeks Bote war mit einer abschlägigen Antwort fortgeschickt worden.
»Es ist möglich, dass diesen Leuten unsere Regeln nicht klar sind«, fuhr Delia fort. »Mein Bruder wird sie natürlich darauf hinweisen, aber ... falls sie sich nicht entsprechend verhalten sollten, dann will ich das wissen.«
»In Ordnung.«
»Danke, Rodica. Du bist entlassen.«
Rodica sprang auf und verließ das Gemach. Ihre Gedanken wirbelten, als sie den zugigen Gang hinunterlief. Ihr war nie klar gewesen, dass das Leben bei den anderen Stämmen so verschieden von dem bei den D’Aryun war. Sicher, ihre Eltern waren von Wajaren ermordet worden und sie hatte Geschichten über Gewalttaten gegenüber Sklaven gehört, hatte dies aber auf einzelne Vampire bezogen. Es erschien ihr ungeheuerlich, dass ganze Stämme bewusst Grausamkeiten begingen.
So tief war sie in ihre Überlegungen versunken, dass sie nicht aufpasste, als sie um die Ecke des Flurs bog, und prompt in eine warme feste Mauer aus Leder und Eisen prallte. Verwirrt blieb sie stehen.
»Wohin so eilig, Rodica?«
»Oh, Maksim. Entschuldige.« Sie trat hastig einen Schritt zurück. Ihm so nahe zu sein, fühlte sich gut und zugleich sonderbar verstörend an. Sie spürte, wie sie errötete. »Ich war in Gedanken.«
»Das habe ich bemerkt.« Er grinste, wurde jedoch ernst, als er ihren Gesichtsausdruck sah. »Was ist passiert?«
»Es ist nichts passiert. Es ist nur ‒.« Sie sammelte sich. »Ich war bei Delia und sie hat mich vor den Fremden, den Fürsten, gewarnt, das ist alles.«
Maksim runzelte die Stirn. »Verstehe. Hör zu, ich muss jetzt zum Kampfplatz.