Böse Jungs dringend gesucht. Mira Schwarz

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Böse Jungs dringend gesucht - Mira Schwarz страница 4

Автор:
Серия:
Издательство:
Böse Jungs dringend gesucht - Mira Schwarz

Скачать книгу

sie lachend. „Du hast aber heute wirklich ein explosives Temperament. Ich weiß, dass du nicht auf Chris stehst. Ich meine, wie oft sind wir damals bei ihm auf dem Dachboden reingeplatzt, wenn er gerade dabei war, an sich herumzuspielen.“

      Jenny hielt sich die Ohren zu. „Sei still, das will ich gar nicht hören. Außerdem stimmt das gar nicht.“

      „Oder diese ganzen Groupies, die er abgeschleppt hat“, redete Anouk ungerührt weiter. „Nee, Frau Doktor, du mit deinem geordneten Lebenswandel und mein chaotischer Stiefbruder, das wäre sicher lustig, aber wahrscheinlich nur für mich.“ Sie ließ ein wenig Sand durch ihre Hand rieseln. „Aber du hast das Wesentliche noch nicht bedacht - wenn Chris mitkommt, rastet Florian bestimmt aus. Er war schon immer eifersüchtig auf ihn.“ Sie streckte die Beine von sich und machte ein wohliges Geräusch. „Der Urlaub wird auf jeden Fall viel lustiger, als ich gedacht habe.“

      Als Jenny diese Worte hörte, wurde ihr mulmig im Bauch.

      Gut, das war leicht übertrieben, man könnte sagen, dass mehrere Kampfjets ihre Übungen in ihrem Unterleib absolvierten. Und das betrunken.

      Trotzdem zwang sie sich ein Lächeln ab und versuchte gleichgültig zu wirken. „Wenn du meinst.“

      ***

      In Jennys Kopf herrschte nichts als Chaos, als sie sich schließlich auf den Weg nach Hause machte. Fast hätte sie ihre Bushaltestelle verpasst, so vernebelt war ihr Kopf. Der einzige Gedanke, der sich deutlich herauskristallisieren ließ, war: Bitte, lieber Gott! Mach, dass Chris mitkommt.

      Vergessen waren Florian und seine neue Freundin, vergessen ihre Eifersucht und die Frage, ob sie ihren Ex-Freund zurück wollte. Jetzt war sie in Gedanken nur noch mit einem Mann beschäftigt: Einem unnahbaren Musiker, der Deutschland seit Jahren den Rücken gekehrt hatte. Einem einundreißigjährigen Gitarristen mit verstrubbelten, blonden Haaren, der zu viel trank und zu wenig redete, seit sie ihm vor fast sechzehn Jahren das erste Mal begegnet war.

      Mit aller Kraft versuchte Jenny, das Bild von Chris aus ihrem Kopf zu vertreiben. Aber immer wieder tauchte sein Gesicht vor ihrem inneren Auge auf. Er war das perfekte männliche Gegenstück zu Anouk. Ebenfalls blond, mit ebenmäßigen, fast schon zu gleichmäßigen Gesichtszügen und einer raubkatzenhaften Geschmeidigkeit. Während Anouk jedoch zierlich und schmal war, war ihr Stiefbruder groß und breitschultrig. Beide kamen aus reichen Künstlerfamilien, beide hatten erschreckend wenig mit normal Sterblichen wie Jenny gemein. Man hätte sie wirklich für Geschwister halten können, dabei waren Anouk und Chris keineswegs blutsverwandt.

      Anouks Mutter, eine erfolgreiche Schauspielerin, hatte Chris Vater kennengelernt, als die beiden schon Teenager waren. Chris hatte jedes zweite Wochenende in der Hamburger Luxusvilla verbracht, in der Anouk aufgewachsen war. Dort hatte auch Jenny ihn kennengelernt: einen coolen Fünfzehnjährigen, der regelmäßig mit einer Gitarre in der Hand und einer Sporttasche über dem Arm vor der Tür stand.

      Schluss!, befahl sich Jenny streng und konnte gerade noch einem Auto ausweichen, als sie eine Straße überquerte. Diese Träumerei führte zu nichts. Chris würde sicher nicht mit einem Haufen Normalos in ein Bauernhaus in der Pampa fahren. Sie würde ihn nicht zu Gesicht bekommen, sondern sich nur stundenlang Geschichten über ihn von Anouk anhören und dabei vor Sehnsucht zerfließen.

      Und genau das würde sie natürlich niemals, nie-ma-ls zugeben.

      Jenny hatte Chris seit Jahren nicht gesehen. Jedes Jahr kündigte Anouk an, dass ihr Stiefbruder irgendwo aufkreuzen wollte. Aber er tat es nie. Jenny hatte Jahre gebraucht, um sich Chris aus dem Kopf zu schlagen. Jetzt würde sie nicht wieder damit anfangen, von ihm zu träumen. Sie war verdammt noch mal kein dummes Schulmädchen mehr, sondern eine ausgebildete Ärztin!

      Chris gehörte so wenig in ihr Leben wie Designerklamotten und Filmstars. Das war die Welt von Anouk, nicht ihre.

      Jenny atmete tief ein und aus und verbot sich jeden weiteren Gedanken an Chris. Als ob es nichts Wichtigeres gäbe! Sie musste sich auf ihren Job konzentrieren. Die nächste Woche in der Klinik würde besonders heftig werden: Jenny hatte drei Nachtdienste und es war verdammt stressig, zehn lange Nachtstunden die Verantwortung für die ganze Kinderstation alleine zu tragen. Sie musste allein entscheiden, was zu tun war, wenn ein Kind einen Fieberkrampf bekam oder plötzlich apathisch wurde.

      Aber wenn sie diese Woche geschafft hatte, lag endlich der Urlaub vor ihr - und den würde sie sich nicht kaputt machen lassen. Nicht von Ex-Freunden mit ihren blöden, neuen Flammen und schon gar nicht von Gitarristen, die nicht mal auftauchten. Ein Gutes hatte Anouks Ankündigung von Chris‘ Anreise auf jeden Fall: Jenny war es auf einmal vollkommen egal, ob ihr Ex-Freund Florian mit seiner neuen Freundin oder einem Yeti in dem alten Bauernhaus auftauchen würde.

      ***

      In ihrer Wohnung angekommen riss Jenny alle Fenster auf, um die Abendluft herein zu lassen. Dann ließ sie sich aufs Sofa fallen und schaltete den Fernseher ein. Ohne richtig hinzusehen zappte sie fahrig durch die Kanäle. Es war wie verhext.

      Egal, welches Programm sie wählte, sie sah überall blonde Männer, E-Gitarren oder britische Bands. Alles schien sie an Chris zu erinnern. Wütend schaltete sie den Fernseher wieder aus.

      Dann hörte sie auf, gegen sich selbst anzukämpfen. Sie ging zu ihrer Musikanlage und zog eine CD aus dem Stapel, der darauf lag. Sekunden später war der Raum von melancholischen Akkorden erfüllt und eine leicht kratzige Männerstimme sang von bittersüßen Erinnerungen und verpassten Chancen.

      Jenny nahm die CD-Hülle und ließ sich wieder auf die Couch fallen. Sie hörte den Song vom ersten Akkord bis zum letzten Klang und starrte dabei auf das kleine Cover, das fünf Männer im Post-Grunge-Look zeigte. Aber Jenny hatte nur Augen für den Blonden mit der Gitarre in der Hand. Christoph Emanuel Safier.

      Es war nicht seine Stimme, die sie hörte – schließlich war er nicht der Sänger der Band. Trotzdem hatte Jenny das Gefühl, dass dieses Lied nur für sie geschrieben worden war.

      „Peppermint Nights“, murmelte sie leise den Songtitel vor sich hin, um den Klang der Worte zu hören. Es erinnerte sie an den Geschmack von Mentos und den Geruch von Lavendel in einer längst vergessenen, fernen Nacht.

      Ihr Blick wanderte wieder zu dem Foto von Chris. Er war älter geworden, aber er sah auf jeden Fall genauso aus, wie sie ihn in Erinnerung hatte. Er trug die blonden Haare immer noch im Beckham-Look der neunziger Jahre – mit Strähnen, die ihm in die Stirn fielen und im Nacken so lang, dass sie sich ein wenig kräuselten. Seine Augen sahen leicht zusammengekniffen und konzentriert in die Kamera.

      Jenny schloss die Augen und ließ den Kopf an die Sofalehne sinken. Chris. Was wäre, wenn sie ihn wirklich wiedersehen würde? Würde sie jetzt immun sein - gegen seine blöden Sprüche, seine Überheblichkeit und seine blauen Augen?

      Er fährt sowieso nicht mit, erinnerte sie sich.

      Richtig. War auch besser so.

      Sie stand auf, stellte resolut die Musik aus und holte die Wäsche aus dem Trockner. Dann schaltete sie die Abendnachrichten an und faltete Handtücher. Sie hatte weder die Zeit noch die Energie sich in so eine dumme Sache hineinzusteigern. Sie würde sich keine falschen Hoffnungen machen.

      Diesmal nicht.

      Kapitel 2 – Ernste Gespräche

      Es

Скачать книгу