Böse Jungs dringend gesucht. Mira Schwarz

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Böse Jungs dringend gesucht - Mira Schwarz

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meisterte ihre Nachtdienste mit Bravour und schon war ihr letzter Arbeitstag vor dem Urlaub geschafft und sie stand vor ihrem Kleiderschrank, um ihre Tasche zu packen.

      Als sie ein kurzes Strandkleid aus dem Schrank zog, musste sie daran denken, wie sie vor einem Jahr für die Juni-Reise gepackt hatte. Florian hatte auf ihrem Bett gesessen und auf seinem Tablet irgendeine Wissenschaftsdoku gesehen. Sie sah ihn förmlich vor sich. Seine schwarzen, kurzen Locken in die Hand gestützt, seine Augen konzentriert hinter der schwarzen Brille. Die Haare waren ein Erbe seiner Großmutter mütterlicherseits. Einer Brasilianerin, die ihrer großen Liebe nach Deutschland gefolgt war. Auch Florians Schwester Sophie und ihrer Tochter Emilia hatten die dunklen Locken geerbt.

      Jenny hatte Florian leicht rütteln müssen, um seine Aufmerksamkeit zu erregen. Dann hatte sie ihm das Minikleidchen hingehalten und gefragt, ob sie es mitnehmen solle. Er hatte gelacht und gesagt, wenn sie nicht irgendwelche Typen aufreißen wolle, würde sie es nicht brauchen.

      Florian war nie ein eifersüchtiger Freund gewesen. Schon vor ihrer Trennung hatten er und Jenny nicht allzu viel Zeit miteinander verbracht. Sie waren keines dieser Pärchen gewesen, die fortwährend zusammen sein mussten. Seit sie die Uni verlassen hatten, hatten sie sich nur noch an den Wochenenden gesehen. Ihre Berufe ließen es kaum zu, sich abends zu verabreden. Jenny war mit ihrem Job als Assistenzärztin eigentlich ständig überlastet und Florian musste für seine Pharmafirma neben seiner normalen Arbeit eine Fortbildung nach der anderen besuchen.

      Aber Anouk hatte Recht, sobald die Rede auf Chris gekommen war, hatte Florian immer ungewöhnlich heftig reagiert. Dabei hatten sich die beiden Männer nur zweimal getroffen.

      Auf einer Silvesterparty und bei einer Galerieeröffnung, die Anouk organisiert hatte. Florian hatte kein gutes Haar an Chris gelassen und sich furchtbar über seine schlechten Manieren aufgeregt. Jenny hatte Chris verteidigt und sie hatten einen Riesen-Krach deshalb gehabt.

      Jenny legte seufzend das Kleid in den Schrank zurück und suchte ihr Schwimmzeug heraus. In der Nähe des Bauernhauses lag ein wunderschöner Badesee. Eigentlich war es noch zu kalt zum Schwimmen, aber zum Sonnen war es sicher schon warm genug. Dann steckte sie noch die üblichen Jeans und Shirts ein und zog den Reißverschluss der Tasche zu.

      Jenny hatte die Hoffnung in den letzten Tagen fast aufgegeben, dass Chris tatsächlich auftauchen würde. Anouk hatte ihn nicht mehr erwähnt. Die Freundinnen hatten sich seit dem Abend in der Spreebar nicht mehr gesehen. Immerhin hatte Anouk schon Urlaub und war für ein paar Tage zu ihrer Familie nach Hamburg gefahren. Durch Jennys Nachtdienste hatten die beiden kaum Gelegenheit gehabt, miteinander zu telefonieren.

      Da Anouk kein Auto hatte, wollte Jenny ihre Freundin auf dem Weg zum Bauernhaus am Schweriner Bahnhof abholen. Der Rest der Gang würde erst einen Tag später kommen - ihr Ex Florian und seiner Freundin Kessy ebenfalls mit dem Auto, die anderen mit dem Zug.

      Jenny fühlte sich seltsam, als sie wenig später mit ihrer Tasche in ihr Auto stieg. Einerseits konnte das natürlich daran liegen, dass sie in der Woche so unregelmäßig geschlafen hatte. Aber wenn Jenny ehrlich war, gab es dafür nur einen Grund: die minimale Möglichkeit, dass Chris gleich mit Anouk am Bahnhof stehen würde.

      Deshalb hatte Jenny ihren ganzen Kleiderschrank auf den Kopf gestellt, um die passenden Klamotten für die Autofahrt zu finden. Am liebsten hätte sie einfach ihren weißen Ärztekittel angezogen. Sie liebte diese weißen Baumwollmäntelchen, die einem jede modische Entscheidung komplett abnahmen. Da der Kittel als Freizeit-Outfit aber nicht in Frage kam, hatte sich Jenny für ein schwarzes Tanktop und eine lindgrüne Cargohose und Sandalen entschieden. Ihre glatten Haare hatte sie so lange mit dem Lockenstab bearbeitet, bis sie sich über ihre Schultern wellten, als hätte die Natur es so vorgesehen. In der Sonne schimmerten sie goldbraun. Ihre Augen waren dezent schwarz umrandet, die Augenlider glänzten in mattiertem Silber.

      Bei ihrem Aufbruch war Jenny noch zufrieden mit ihrem Aussehen gewesen, aber je näher Schwerin rückte, desto mehr verfluchte sie ihren Look. Sah sie nicht eher aus, als würde sie einen Wandertrip durch die Berge machen? Sie wollte sich gar nicht ausmalen, was Anouk für die Reise anziehen würde.

      Aber egal. Chris würde ja doch nicht da sein, beruhigte sie sich.

      Als Jenny an der Ausfahrt Schwerin-Zentrum den Blinker ihres lila Fiat Pandas setzte, hätte sie sich am liebsten an der nächsten Tankstelle umgezogen. Nur der Umstand, dass sie ohnehin nichts Besseres in ihrer Tasche hatte, hielt sie ab. Als sie den Bahnhof am Ende der Straße auftauchen sah, spielte ihr Herz komplett verrückt. Sie brauchte Chris nicht erst zu sehen.

      Sie wusste plötzlich, dass sie gleich ihrer Jugendliebe gegenüberstehen würde.

      ***

      Jennys Herz hatte sich nicht getäuscht. Anouk und Chris standen auf dem Bahnhofsvorplatz in der Sonne. Sie hatten ihre Taschen abgestellt, hielten jeder einen Kaffeebecher in der Hand und lachten über irgendetwas, als Jenny auf den Haltestreifen fuhr. Sie war zwanzig Meter von ihnen entfernt und die beiden hatten noch keine Notiz von ihrem Auto genommen. Das gab Jenny einen Moment Zeit, sich von ihrem Gefühlscocktail aus Schock und überschäumender Freude zu erholen.

      Sie griff mit zitternden Fingern nach ihrer Sonnenbrille – die würde ihr wenigstens einen gewissen Schutz geben. Dann betrachtete sie die beiden Stiefgeschwister, bevor sie ausstieg. Anouk trug ein kurzes Sixties-Kleid mit schwarz-weißen Karos und dazu wie so oft hochhackige Riemchensandalen. Ihr Gesicht wurde von einer großen, schwarzen Sonnenbrille verdeckt, die ihren platinblonden Kurzhaarschnitt nur noch mehr betonte. Ihre Lippen waren das einzig farbige an ihr: glutrot leuchteten sie in der Sonne. Erst dann wanderte Jennys Blick verstohlen zu Chris. Er sah genauso aus, wie auf dem Cover der CD. Ausgeblichene Jeans, dazu ein schwarzes T-Shirt mit buntem Aufdruck - wahrscheinlich von irgendeiner coolen Band, von der Jenny noch nie gehört hatte. Seine von der Sonne gebleichten Haare fielen ihm in die Stirn. Die beiden sahen aus, als hätten sie gerade einen Calvin-Klein-Werbespot abgedreht. Jennys Selbstbewusstsein schnurrte zusammen wie ein Ballon, dem die Luft entweicht. Innerhalb von Minuten war sie wieder die unsichere Dreizehnjährige, die alles dafür gegeben hätte, einmal so cool zu sein wie diese beiden.

      Sie sah wie in Zeitlupe, dass Anouks Kopf sich drehte. Die Schonzeit war vorbei. Anouk hatte ihr Auto entdeckt und die beiden griffen nach ihren Taschen und kamen auf sie zugeschlendert. Mit weichen Knien stieg Jenny aus ihrem Auto.

      „Na, da bist du ja endlich“, begrüßte Anouk ihre Freundin und umarmte sie, als sie bei ihr angekommen war. „Sonst bist du doch immer oberpünktlich. Wir dachten schon, du lässt uns sitzen.“

      Jetzt hatte auch Chris den Haltestreifen erreicht und blieb vor Jenny stehen, unschlüssig, ob er sie ebenfalls umarmen sollte. „Hi.“

      „Hey, trauriger Cowboy“, sagte sie mit einem kleinen Lächeln.

      Er gab sich einen Ruck und zog Jenny kurz an sich. „Hallo, Frau Doktor Bergmann.“

      Ein absurdes Glücksgefühl breitete sich in Jenny aus, weil er ihren Nachnamen noch wusste. Außerdem hatte er mitbekommen, dass sie ihr Studium erfolgreich abgeschlossen hatte. Jenny war einen knappen Kopf kleiner als Chris und sie konnte kurz sein raues Kinn an ihrer Stirn spüren, als sie sich voneinander lösten. Er roch nach Duschgel und Kaffee.

      Es war schon fünf Uhr nachmittags. Wenn sie vor Anbruch der Dunkelheit bei ihrem Häuschen sein wollten, mussten sie sich beeilen. Jenny öffnete den Kofferraum und Anouk und Chris warfen ihre Taschen und Jacken hinein.

      „Ist richtig warm in Deutschland“, stellte Chris fest.

      „Ja“,

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