Die Seelenlicht Chroniken. Katrin Gindele
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Читать онлайн книгу Die Seelenlicht Chroniken - Katrin Gindele страница 3
»Natürlich.« Ich ließ mir nicht anmerken, wie frustriert ich war. »Wie wäre es morgen gegen siebzehn Uhr?«, schlug ich vor und trug die Uhrzeit in meinen Kalender ein, nachdem die Dame zugestimmt hatte. »Soll ich bei der Gelegenheit die Firma kommen lassen, damit sie sich das Dach ansieht?«
Die Dame wechselte einen ratlosen Blick mit ihrem Mann.
»Tun Sie das«, antwortete dieser nach einigen Sekunden mit einem Lächeln.
»In Ordnung.« Hastig machte ich mir hinter dem Termin eine Notiz, dann begleitete ich das Pärchen nach draußen und schloss die Haustür ab. »Dann sehen wir uns morgen«, verabschiedete ich mich. »Einen schönen Tag noch.«
Die Dame winkte mir kurz zu, ehe sie im Inneren ihres Wagens verschwand.
Ich seufzte leise und machte mich auf den Weg zur Bushaltestelle, um Signore Russo über die Lage zu informieren. Ein Auto konnten Mom und ich uns nicht leisten.
Das Gespräch mit meinem Chef dauerte viel länger, als es eigentlich sollte. Er zeigte mir einige neue Objekte, weil er meine Meinung hören wollte. Dadurch blieb mir kaum noch eine halbe Stunde Zeit, bis meine Schicht an der Tankstelle begann.
Der Bus, mit dem ich eigentlich nach Hause fahren wollte, hatte Verspätung. Natürlich. Nun blieb mir nicht einmal mehr die Zeit, um mich vorher umzuziehen, was mich zwar tierisch nervte, aber sich nun nicht mehr ändern ließ.
»Auch das noch«, schimpfte ich leise vor mich hin, als ich völlig durchgeschwitzt die Tankstelle betrat. Dank meiner Verspätung war ich nun gezwungen, meinen zweiten Job in der Arbeitskleidung meines ersten Jobs anzutreten.
»Bist du nicht ein bisschen zu schick angezogen?«, begrüßte mich Patrizia mit hochgezogener Augenbraue.
Ich nahm meine Arbeitskollegin und beste Freundin in den Arm und küsste sie auf beide Wangen, so wie es hier Brauch war. Dabei schlüpfte ich aus meinen Pumps und zog die Spange aus meinen Haaren. »Mein Chef hat mir noch ein paar Häuser gezeigt, und der Bus hatte auch schon wieder Verspätung«, beschwerte ich mich. »Du hast nicht zufällig einen zweiten Haargummi dabei?«
Patrizia war eine hochgewachsene Schönheit, mit langen dunklen Haaren und haselnussbraunen Augen. Ihre Haut war das ganze Jahr über sonnengebräunt, was mich furchtbar neidisch machte, denn meine schneeweiße Haut wollte einfach keine Farbe annehmen, und das, obwohl ich nun schon so lange in Italien lebte. Ich wurde höchstens knallrot.
»Nimm den hier«, bot sie an und zog den Haargummi aus ihrem Pferdeschwanz.
Schnell band ich meine Haare zusammen, streifte meinen Blazer ab und zog die weiße Bluse aus meinem Rock, damit mein Outfit nicht ganz so streng wirkte. Das graue Kostüm, welches ich trug, war eindeutig viel zu schick, aber was sollte ich machen?
»Besser so?«
Ihre Augen wanderten an mir herunter. »Willst du meine ehrliche Meinung hören?«, grinste sie.
Ich stöhnte innerlich. »So schlimm?«
Patrizia winkte ab. »Du siehst bezaubernd aus, genauso wie die Tussis, die für meinen Vater arbeiten.«
»Na, vielen Dank auch.«
Ihr Dad besaß ein Autohaus für Nobelkarossen, dort gab es tatsächlich einige Damen, die den ganzen Tag über in solch einem Kostüm herumstolzierten.
Warum Patrizia dennoch für ein paar Stunden pro Woche an einer Tankstelle aushalf, obwohl ihre Familie über ein sehr großes Vermögen verfügte, entzog sich meinem Verständnis. Einmal hatte ich sie darauf angesprochen, aber sie meinte nur, sie tue es gern.
»Du hast gesagt, ich soll immer ehrlich zu dir sein«, neckte sie mich augenzwinkernd. »Das ist die Wahrheit.«
Ich nickte, dankbar für ihre Ehrlichkeit. »Das muss für heute reichen. Die paar Stunden schaffe ich schon, außerdem ist Donnerstag, da ist sowieso nicht viel los.«
Mit einem Tritt beförderte ich meine Pumps unter den Tresen, quetschte den Blazer in meine Handtasche und machte mich barfuß daran, das Wechselgeld in der Kasse nachzuzählen, was eigentlich nicht nötig war, weil Patrizia nie einen Fehler machte.
»Kann ich dir etwas erzählen?«, fragte sie mich, während sie an einer Flasche Wasser nippte.
»Klar«, nickte ich und drückte die Schublade an der Kasse zu. »Schieß los, was gibt’s?«
Patrizia ließ die Flasche sinken. »Ich bin schwanger.«
Meine Augen wurden riesengroß. »Echt? Und?«
Sie zögerte keine Minute mit ihrer Antwort. »Was denkst du denn«, schmunzelte sie. »Marcello wird ausflippen. Er liebt Kinder und will eine große Familie.«
Marcello war ihr Verlobter und ein ganz lieber Kerl, der Patrizia auf Händen trug.
»O Mann, das ist ja krass«, jauchzte ich und fiel meiner Freundin um den Hals. Dann trat ich einen Schritt zurück und verschränkte gespielt beleidigt die Arme. »Und was wird nun aus unserem wöchentlichen Cocktailabend?«
Dank Patrizia, die ich gleich an meinem ersten Abend in der Tankstelle kennengelernt hatte, durfte ich mich inzwischen über einen großen Freundeskreis freuen. Ihre Freunde hatten mich allesamt mit offenen Armen empfangen, wofür ich ihr heute noch unendlich dankbar war.
»Unseren Samstagabend gibt es auch weiterhin«, versicherte sie mir. »Zumindest noch so lange, wie ich in meine Kleider passe. Alkoholfreie Cocktails sollen gar nicht so übel schmecken, hab ich gehört.« Sie verzog das Gesicht, als ich sie zweifelnd anblickte. »Sind ja nur ein paar Monate, das werde ich schon überleben.«
»Ich freue mich so für dich«, sagte ich und drückte sie noch einmal fest an mich. »Herzlichen Glückwunsch.«
»Meine Mutter wird ausflippen«, prophezeite sie, nachdem ich sie losgelassen hatte. »Seit zwei Jahren liegt sie mir damit in den Ohren, dass wir endlich heiraten sollen, weil sie Enkelkinder will. Ich meine, hallo, ich bin sechsundzwanzig. Ist ja nicht so, als wären meine Eierstöcke schon vertrocknet.«
Trotz der sieben Jahre Altersunterschied verstanden wir uns prächtig. Patrizia war für mich wie die große Schwester, die ich nie gehabt hatte. Nach meiner Mom war sie die engste Vertraute in meinem Leben, worüber ich unendlich froh war.
»Dann werde ich mal gehen«, sagte sie und griff nach ihrer Handtasche. »Ich werde für Marcello kochen und ihm dann die freudige Nachricht überbringen.«
»Viel Glück«, rief ich ihr hinterher, obwohl wir beide wussten, dass es überhaupt nicht nötig war. Marcello würde sich riesig freuen, davon war ich überzeugt.
Nach zwanzig Minuten kam die erste Kundin zum Tanken. Zusätzlich kaufte sie eine Zeitschrift und zwei Flaschen Cola. Mein Italienisch war inzwischen so perfekt, dass ich beinahe ohne Akzent sprach. Sprachen lernen, das war mir schon immer sehr leicht gefallen. Zum Glück, sonst hätte ich wahrscheinlich nicht jedes Mal so schnell Anschluss gefunden.
»Ti auguro una buona serata«, verabschiedete ich die Kundin. Ich wünsche Ihnen einen schönen Abend.