Die Seelenlicht Chroniken. Katrin Gindele
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Читать онлайн книгу Die Seelenlicht Chroniken - Katrin Gindele страница 5
Während ich den Computer wieder hochfuhr, um die Bestellung einzugeben, beobachtete er mich aufmerksam.
»Was für einen brauchst du?«, fragte ich kühl, ohne aufzusehen. Der sollte bloß nicht denken, er könne mich behandeln wie irgendeine blöde Tussi, nur weil ich im Businesskostüm hinter dem Tresen stand.
»120/70 ZR17 von Bridgestone.«
Ich nickte. »BT 015 M?«
Er zog eine Augenbraue hoch und nickte perplex.
Eins zu null für mich, dachte ich schmunzelnd. Schließlich hatte ich meinem Bruder oft genug über die Schulter geschaut, daher wusste ich ganz genau, welchen Typ Reifen er für diese Maschine brauchte.
»Mindestens eine Woche«, gab ich die Antwort des Herstellers an ihn weiter. »Bei anderen Anbietern dauert es noch länger.«
»Eine Woche?«, wiederholte er entgeistert. »Soll das ein schlechter Witz sein?«
In Italien dauerte alles ein wenig länger, das war eigentlich kein Geheimnis.
Ich räusperte mich. »Soll ich nun bestellen oder nicht?«
Nachdem einige Sekunden verstrichen waren, nickte er schließlich mit grimmiger Miene.
»Okay«, stimmte ich zu und brachte die Bestellung zum Abschluss. »Dann bräuchte ich noch deine Nummer, damit ich dich erreichen kann, wenn die Lieferung eintrifft«, erklärte ich.
Er zögerte und ich verschränkte die Arme vor der Brust.
»Was glaubst du, was ich mit deiner Handynummer vorhabe? Auf Flyer drucken und in der Stadt verteilen?«
So ein Idiot!
Statt mir zu antworten, fragte er: »Gibt es hier in der Nähe irgendwo ein Hotel?«
Hotels gab es natürlich reichlich, allerdings würde er dort kein Zimmer bekommen. »Wir haben Hauptsaison«, klärte ich ihn auf. »Ich glaube nicht, dass es noch freie Zimmer gibt.«
Sein intensiver Blick erfasste mich, er kniff die Augen zusammen. »Du hast nicht zufällig eine freie Couch übrig?« Bevor ich ablehnen konnte, fügte er hastig hinzu: »Selbstverständlich würde ich dafür bezahlen. Sagen wir … fünfhundert?« Er grinste, offenbar war ihm nicht entgangen, dass ich ihn abwimmeln wollte.
»Fünfhundert?«, japste ich. Meine Augen wurden riesengroß.
»Pro Nacht«, nickte er.
Beinahe wäre mein Herz stehen geblieben. Fünfhundert pro Nacht. Um so viel Geld zu verdienen, müsste ich wochenlang Doppelschichten schieben.
Obwohl sich alles in mir dagegen sträubte – der Typ war an Unfreundlichkeit und Arroganz kaum zu übertreffen –, musste ich mir eingestehen, dass wir das Geld sehr gut gebrauchen konnten.
»Ähm …« Ich musste verrückt sein, auf solch ein Angebot einzugehen. »Okay«, stimmte ich zu, auch wenn mir meine eigene Antwort gewaltig gegen den Strich ging.
Seine Miene erhellte sich schlagartig. »Kann ich mein Motorrad hier irgendwo unterstellen?«, fragte er mit einem Blick auf seine Maschine.
Zögernd deutete ich zum Ausgang. »Rechts neben der Tankstelle ist ein kleiner Schuppen.«
Er machte auf dem Absatz kehrt und marschierte nach draußen. Vor seinem Motorrad ging er in die Hocke und fummelte kurz unterhalb des Sitzes herum, wo er mehrere Gurte löste, die eine lange schmale Tasche hielten. Kurzerhand nahm er die Tasche mit dem Ledergurt und warf sie sich über die Schulter, dann schob er das Motorrad zum Schuppen.
Ich sammelte meine Sachen ein, machte die Musik sowie alle Lichter aus und aktivierte die Alarmanlage. Dann schloss ich die Ladentür ab und steckte den Schlüssel in meine Handtasche.
»Wo steht dein Auto?«, fragte er, kaum dass ich alles erledigt hatte.
»Ich habe kein Auto«, gab ich ihm zu verstehen. »Von hier aus ist es aber nicht sehr weit. Etwa zwanzig Minuten zu Fuß.«
Meine Antwort schien ihn zu verblüffen. Verstohlen musterte er mich aus den Augenwinkeln.
Tja, mein Freund, dachte ich innerlich grinsend. Die Schickimicki-Tussi parkte nun mal keinen Ferrari hinter der Tankstelle, er musste wohl oder übel laufen.
Eilig schlüpfte ich in meine Pumps und setzte mich in Bewegung. Er folgte mir.
»Wie heißt du eigentlich?«, fragte er nach einer Weile und musterte mich prüfend.
Gleichgültig zuckte ich mit den Schultern, weil ich noch immer sauer auf ihn war. »Ich hatte mich bereits vorgestellt, aber du warst nicht sonderlich daran interessiert, irgendwelche Höflichkeiten auszutauschen.«
Seine Mundwinkel zuckten ein wenig, als ich zu ihm spähte, offensichtlich hatte er nicht mit so einer frechen Antwort gerechnet.
»Hannah«, sagte er plötzlich. »Dein Name ist Hannah.«
Überrascht drehte ich den Kopf zur Seite und schaute ihn geradewegs an. Gegen meinen Willen musste ich zugeben, dass ich es irgendwie mochte, wie mein Name klang, wenn er ihn aussprach. Der Typ verfügte über ein bemerkenswertes Aussehen, das war mir gleich aufgefallen, nachdem er den Helm abgesetzt hatte.
Ich schluckte hart und richtete den Blick wieder streng nach vorne. Seine strahlend blauen Augen faszinierten mich auf eine Weise, die ich mir nicht erklären konnte. Sein Blick war aufmerksam und sehr wachsam, ihm schien nichts zu entgehen.
»Hast du auch einen Namen?«, brachte ich mühsam hervor. Dann atmete ich tief durch, hob den Kopf und begegnete seinem durchdringenden Blick erneut. »Oder soll ich dich lieber mit Hey, du ansprechen?« Bevor er etwas erwidern konnte, fügte ich hastig hinzu: »Da ich so großzügig bin und dir für die nächsten Tage eine Bleibe zur Verfügung stelle, solltest du wenigstens versuchen, etwas freundlicher zu sein, meinst du nicht?«
Mit einem Blick nach links und rechts überquerte ich eilig die Straße und bog anschließend in die kleine Promenade ein, ungeachtet dessen, ob er mit mir Schritt halten konnte. Doch er blieb mühelos an meiner Seite.
Diese fesselnden blauen Augen schauten mich an, musterten mich eingehend. Mir wurde ganz flau im Magen.
»Mickal«, sagte er, ohne das Tempo zu verlangsamen. »Und danke dafür, dass ich bei dir wohnen darf.«
Ich nickte nur, weil ich mich auf den Verkehr an der nächsten Kreuzung konzentrieren musste. Die Straße wurde schmaler, bog nach links ab und wand sich dann bis zur Kuppe eines Hügels hinauf. Dort stand unser Haus, eine kleine Finca, umgeben von herrlich blühenden Rhododendronbüschen. Erschöpft seufzte ich leise, als das Haus in Sichtweite kam.
»Ich lebe nicht allein«, setzte ich ihn in Kenntnis. »Sondern zusammen mit meiner Mutter. Sie ist …« Ich kam ins Stocken, weil ich keine Ahnung hatte, wie ich ihren Zustand einem Fremden gegenüber beschreiben sollte. »Sie … hütet das Bett«, begann ich zögerlich. »Seit dem Unfalltod meines Vaters ist sie nicht mehr dieselbe. Sie isst kaum noch etwas und will nicht mehr aufstehen.«