Handbuch Betreuungsrecht. Sybille M. Meier
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(. . .) Sowohl das Amtsgericht als auch das Oberlandesgericht haben sich für die zuerst genannte Auffassung entschieden, ohne dies näher zu begründen. Sie haben sich darauf beschränkt, auf Gutachten und Ergänzungsgutachten des gerichtlich bestellten Sachverständigen zu verweisen und diese sich, weil ,überzeugend‘ (so das Amtsgericht), zu eigen gemacht. Warum die Gerichte zu dieser Entscheidung gelangt sind, ist den Entscheidungsgründen ihrer Urteile, auch unter Zuhilfenahme der genannten Gutachten, nicht zu entnehmen (. . .).
(. . .) die unkritische Übernahme des (. . .) Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen legt die Annahme nahe, dass Amtsgericht und Oberlandesgericht den gegenteiligen Standpunkt des Beschwerdeführers nicht zur Kenntnis genommen, ihn jedenfalls nicht in Erwägung gezogen haben.
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Hieraus folgt, dass Sachverständigengutachten durch die Gerichte nicht kritiklos übernommen werden dürfen, sondern dass der Richter aufgerufen ist, sich eine eigene Überzeugung zu bilden. Stützt das Gericht die Betreuerbestellung auf das eingeholte Sachverständigengutachten, reicht eine diesbezügliche pauschale Bezugnahme in den Entscheidungsgründen nicht aus. Es ist vielmehr aufzuzeigen, warum das Gericht sich den Ausführungen des Sachverständigen anschließt.[9]
Anmerkungen
BVerfG NJW 1982, 1759; NJW 1893, 2762; erneut BVerfG BtPrax 2010, 173 = FamRZ 2010, 1145.
BGH NJW 1997, 2524; BayObLG BtPrax 2002, 121.
BVerfG Urt. v. 12.1.2011, 1 BvR 2539/10, NJW 2011, 1275.
BayObLG FamRZ 1995, 695; BGH NJW 2014, 1596.
BayObLG FamRZ 1994, 1602.
BayObLG FamRZ 1994, 318, 319.
BVerfG FamRZ 1992, 1043.
BVerfG FamRZ 1997, 151/152.
BGH FamRZ 2012, 1796.
B. Das gerichtliche Verfahren bis zur Bestellung eines Betreuers › IV. Der Amtsermittlungsgrundsatz › 3. Haftung
3. Haftung
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Jeder Amtsträger hat die Amtspflicht, die Rechtsprechung zu beachten. Amtspflichten ergeben sich darüber hinaus aus dem Gesetz, Rechtsverordnungen, Satzungen etc.
Ein Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs stellt sich als ein wesentlicher Verfahrensmangel und damit als Amtspflichtverletzung dar, unabhängig davon, ob das Gericht hierfür ein Verschulden trifft oder nicht. Dieser Verfahrensmangel kann allerdings in der Beschwerdeinstanz geheilt werden durch Nachholung der versäumten Verfahrenshandlung. Amtspflichtwidrig handelt der Richter, der ungenügend die Voraussetzungen einer Betreuerbestellung bzw. einer Unterbringung ermittelt. Dasselbe gilt für einen Rechtspfleger, der z.B. im Rahmen einer Wohnungsauflösung (§ 1907 Abs. 1 BGB) mangelhaft den Sachverhalt aufklärt.[1] Auf die Ausführungen zur gerichtlichen Haftung nach § 839 BGB/Art. 34 GG wird ergänzend verwiesen.
Anmerkungen
OLG Frankfurt/Main FamRZ 2006, 1875; Meier Zur gerichtlichen Haftung in Betreuungssachen, BtPrax 2005 S. 131.
B. Das gerichtliche Verfahren bis zur Bestellung eines Betreuers › IV. Der Amtsermittlungsgrundsatz › 4. Rechtsprechung
4. Rechtsprechung
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1. | BVerfG – 3. Kammer des 1. Senats, Beschl. v. 2.8.2001:[1] |
Die gerichtliche Bestellung eines Betreuers (§§ 1896 BGB) stellt für den unter Betreuung Gestellten einen solchen gewichtigen Grundrechtseingriff dar. Der Betreute wird in seiner Entscheidungsfreiheit aus Art. 2 I GG ganz oder teilweise in den vom Gericht bestimmten Angelegenheiten eingeschränkt. An seiner Stelle und für ihn entscheidet in den vom Gericht angeordneten Aufgabenkreisen der Betreuer, der den Wünschen des Betreuten nur insoweit zu entsprechen hat, als dies dessen Wohl nicht entgegensteht (§ 1901 II und III BGB). Auch in höchstpersönlichen Angelegenheiten kann es deshalb zu Entscheidungen gegen den ausdrücklichen Willen des Betreuten kommen.
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2. | BVerfG – 1. Kammer des 1. Senats, Beschl. vom 24.4.1992:[2] |
Das Recht auf Gehör gebietet auch in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit, einen Sachverständigen persönlich anzuhören, um einem Beteiligten auf Antrag Gelegenheit zu geben, Einwendungen gegen das Gutachten vorzubringen und Ergänzungsfragen zu stellen.
Das Gebot des rechtlichen Gehörs als Prozessgrundrecht, das auch in einem dem Untersuchungsgrundsatz unterliegenden Verfahren der freiwilligen