Handbuch Betreuungsrecht. Sybille M. Meier

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Handbuch Betreuungsrecht - Sybille M. Meier Betreuungsrecht

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die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und bei ihrer Entscheidung in Erwägung zu ziehen. Daraus folgt allerdings nicht, dass sie auch verpflichtet wären, jedes Vorbringen der Beteiligten in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu bescheiden. Lediglich die wesentlichen, der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung dienenden Tatsachenbehauptungen müssen in den Gründen verarbeitet werden. Geht ein Gericht auf den wesentlichen Kern des Tatsachenvortrages einer Partei zu einer Frage, die für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist, in den Entscheidungsgründen nicht ein, so lässt sich auf die Nichtberücksichtigung des Vortrages schließen, sofern er nicht nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts unerheblich oder offensichtlich unsubstantiiert war.

      (. . .) Sowohl das Amtsgericht als auch das Oberlandesgericht haben sich für die zuerst genannte Auffassung entschieden, ohne dies näher zu begründen. Sie haben sich darauf beschränkt, auf Gutachten und Ergänzungsgutachten des gerichtlich bestellten Sachverständigen zu verweisen und diese sich, weil ,überzeugend‘ (so das Amtsgericht), zu eigen gemacht. Warum die Gerichte zu dieser Entscheidung gelangt sind, ist den Entscheidungsgründen ihrer Urteile, auch unter Zuhilfenahme der genannten Gutachten, nicht zu entnehmen (. . .).

      (. . .) die unkritische Übernahme des (. . .) Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen legt die Annahme nahe, dass Amtsgericht und Oberlandesgericht den gegenteiligen Standpunkt des Beschwerdeführers nicht zur Kenntnis genommen, ihn jedenfalls nicht in Erwägung gezogen haben.

      123

      Anmerkungen

       [1]

      BVerfG NJW 1982, 1759; NJW 1893, 2762; erneut BVerfG BtPrax 2010, 173 = FamRZ 2010, 1145.

       [2]

      BGH NJW 1997, 2524; BayObLG BtPrax 2002, 121.

       [3]

      BVerfG Urt. v. 12.1.2011, 1 BvR 2539/10, NJW 2011, 1275.

       [4]

      BayObLG FamRZ 1995, 695; BGH NJW 2014, 1596.

       [5]

      BayObLG FamRZ 1994, 1602.

       [6]

      BayObLG FamRZ 1994, 318, 319.

       [7]

      BVerfG FamRZ 1992, 1043.

       [8]

      BVerfG FamRZ 1997, 151/152.

       [9]

      BGH FamRZ 2012, 1796.

      B. Das gerichtliche Verfahren bis zur Bestellung eines BetreuersIV. Der Amtsermittlungsgrundsatz › 3. Haftung

      124

      Jeder Amtsträger hat die Amtspflicht, die Rechtsprechung zu beachten. Amtspflichten ergeben sich darüber hinaus aus dem Gesetz, Rechtsverordnungen, Satzungen etc.

      Anmerkungen

       [1]

      OLG Frankfurt/Main FamRZ 2006, 1875; Meier Zur gerichtlichen Haftung in Betreuungssachen, BtPrax 2005 S. 131.

      B. Das gerichtliche Verfahren bis zur Bestellung eines BetreuersIV. Der Amtsermittlungsgrundsatz › 4. Rechtsprechung

      125

1.

      Die gerichtliche Bestellung eines Betreuers (§§ 1896 BGB) stellt für den unter Betreuung Gestellten einen solchen gewichtigen Grundrechtseingriff dar. Der Betreute wird in seiner Entscheidungsfreiheit aus Art. 2 I GG ganz oder teilweise in den vom Gericht bestimmten Angelegenheiten eingeschränkt. An seiner Stelle und für ihn entscheidet in den vom Gericht angeordneten Aufgabenkreisen der Betreuer, der den Wünschen des Betreuten nur insoweit zu entsprechen hat, als dies dessen Wohl nicht entgegensteht (§ 1901 II und III BGB). Auch in höchstpersönlichen Angelegenheiten kann es deshalb zu Entscheidungen gegen den ausdrücklichen Willen des Betreuten kommen.

      126

2.

      Das Recht auf Gehör gebietet auch in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit, einen Sachverständigen persönlich anzuhören, um einem Beteiligten auf Antrag Gelegenheit zu geben, Einwendungen gegen das Gutachten vorzubringen und Ergänzungsfragen zu stellen.

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