Handbuch der Europäischen Aktiengesellschaft - Societas Europaea. Hans-Peter Schwintowski
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2.3.2 Barabfindungsangebot
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Soll die Holding-SE ihren Sitz im Ausland haben oder ist sie ihrerseits abhängig i. S. d. § 17 AktG, hat jede deutsche Gründungsgesellschaft in der Rechtsform einer AG[343] nach § 9 Abs. 1 SEAG im Gründungsplan jedem ihrer Aktionäre, der gegen den Zustimmungsbeschluss zum Gründungsplan Widerspruch zur Niederschrift erklärt, den Erwerb seiner Aktien gegen eine angemessene Barabfindung anzubieten.[344] Dem Widerspruch zur Niederschrift stehen nach § 9 Abs. 1 S. 5 SEAG die in § 29 Abs. 2 UmwG genannten Fälle gleich. Anders als bei der baren Zuzahlung gem. § 11 SEAG können das Barabfindungsangebot also nur solche Aktionäre annehmen, die dem Zustimmungsbeschluss selbst widersprochen haben; diese Einschränkung rechtfertigt sich daraus, dass ein Anspruch auf Barabfindung denknotwendig das Ausscheiden aus der Gesellschaft voraussetzt. Im Unterschied zur Verschmelzung erwirbt nicht die Holding-SE, sondern die Gründungsgesellschaft die Aktien, weil bei der Holdinggründung die Gründungsgesellschaften bestehen bleiben und eine Gesamtrechtsnachfolge durch die SE nicht stattfindet.
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Da das Ausscheiden gegen Barabfindung zur Übernahme von Aktien durch die Gründungsgesellschaft führt, handelt es sich aus ihrer Sicht um einen Erwerb eigener Aktien. § 9 Abs. 1 S. 2 SEAG verweist deshalb – mit Einschränkungen – auf die entsprechenden Regelungen in §§ 71 ff. AktG. Der Erwerb eigener Aktien zum Zwecke der Abfindung ist nach § 71 Abs. 1 Nr. 3 AktG im Falle einer Verschmelzung nach deutschem Recht grundsätzlich zulässig; diese Vorschrift ist auf die Holdinggründung analog anzuwenden. Da sich der Erwerb eigener Aktien im Rahmen des § 71 Abs. 2 AktG halten muss, hat die Holdinggründung zu unterbleiben, wenn sich bereits vor Beschlussfassung abzeichnet, dass diese Grenze nicht eingehalten werden kann.[345] Ein trotzdem gefasster Beschluss ist anfechtbar,[346] der Aktienerwerb ist jedoch in jedem Falle schuldrechtlich[347] und dinglich wirksam.[348]
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Die Barabfindung, die die Verhältnisse der Gründungsgesellschaft im Zeitpunkt des Zustimmungsbeschlusses berücksichtigen muss, ist gem. §§ 7 Abs. 2, 9 Abs. 2 SEAG nach Ablauf des Tages, an dem die Holding-SE in ihrem Sitzstaat eingetragen und bekannt gemacht worden ist, mit jährlich 2 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen. Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen. Die Angemessenheit der anzubietenden Barabfindung ist nach §§ 7 Abs. 3, 9 Abs. 2 SEAG durch Holdingprüfer entsprechend §§ 10–12 UmwG zu prüfen, sofern die Berechtigten nicht auf die Prüfung oder den Prüfungsbericht in notariell beurkundeter Form verzichten.
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Die widersprechenden Aktionäre können nach §§ 7 Abs. 4, 9 Abs. 2 SEAG das Barabfindungsangebot nur binnen zwei Monaten nach Eintragung und Bekanntmachung der Holding-SE annehmen. Im Falle eines Spruchverfahrens läuft die Annahmefrist zwei Monate nach der Bekanntmachung der Entscheidung im Bundesanzeiger ab. Die Frist ist eine Ausschlussfrist. Das Barabfindungsangebot kann formlos angenommen werden. Die Übertragung der Aktien erfolgt Zug um Zug gegen Erhalt der Abfindung zwischen dem widersprechenden Aktionär und der Gründungsgesellschaft. Möchte der Aktionär seine Aktien zwischen Fassung des Zustimmungsbeschlusses und Ablauf der Annahmefrist anderweitig veräußern, setzt die Regelung in §§ 7 Abs. 6, 9 Abs. 2 SEAG etwaige Verfügungsbeschränkungen bei der Gründungsgesellschaft außer Kraft.
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Die Regelung in §§ 7 Abs. 7, 9 Abs. 2 SEAG stellt die Verbindung zwischen dem Anspruch auf Barabfindung und einem Spruchverfahren zur Bestimmung einer angemessenen Barabfindung her. Dies gilt auch für den Fall, dass eine Barabfindung nicht oder nicht ordnungsgemäß angeboten worden ist. Das Spruchverfahren richtet sich nach dem SpruchG. Zuständig für das Spruchverfahren ist nach § 2 Abs. 1 SpruchG das Landgericht, in dessen Bezirk die Gründungsgesellschaft ihren Sitz hat, deren Aktionäre antragsberechtigt sind, im Falle mehrerer zuständiger Landgerichte dasjenige, das zuerst in der Sache tätig geworden ist.[349]
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Dieses Spruchverfahren zur Überprüfung der Abfindung von Minderheitsaktionären findet nach Art. 25 Abs. 3 S. 1 SE-VO – wie das Verfahren zur Verbesserung des Umtauschverhältnisses – nur dann Anwendung, wenn die übrigen Gründungsgesellschaften entweder in ihrem jeweiligen Sitzstaat ein entsprechendes Verfahren haben oder anderenfalls bei der Zustimmung zum Gründungsplan gem. Art. 32 Abs. 6 SE-VO durch ausdrücklichen Beschluss akzeptieren, dass die Aktionäre der deutschen Gründungsgesellschaften auf dieses Verfahren zurückgreifen können. In diesem Falle kann nach §§ 7 Abs. 5, 9 Abs. 2 SEAG eine Klage gegen die Wirksamkeit des Zustimmungsbeschlusses nicht darauf gestützt werden, dass das Barabfindungsangebot zu niedrig bemessen oder dass die Barabfindung im Gründungsplan nicht oder nicht ordnungsgemäß angeboten worden ist.[350] Anderenfalls bleibt es bei der Anfechtungsmöglichkeit.
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Nach §§ 7 Abs. 7 S. 3, 9 Abs. 2 SEAG können auch Gesellschafter einer ausländischen Gründungsgesellschaft unter den Voraussetzungen des Art. 25 Abs. 3 S. 1 SE-VO ein Spruchverfahren vor einem deutschen Gericht einleiten, wenn ihr nationales Recht ebenfalls ein derartiges Verfahren vorsieht und zudem die internationale Zuständigkeit des deutschen Gerichts gegeben ist. Gesellschafter einer Gründungsgesellschaft in einem Mitgliedstaat, der ein Spruchverfahren nicht kennt, können sich an dem deutschen Spruchverfahren nicht direkt beteiligen. Ihre wirtschaftlichen Interessen werden dadurch geschützt, dass sie nach § 6a SpruchG durch einen gemeinsamen Vertreter am Spruchverfahren beteiligt werden, der durch das Gericht auf Antrag bestellt wird.
3. Tochter-SE
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Das Verfahren zur Gründung einer Tochter-SE i. S. d. Art. 2 Abs. 3 SE-VO[351] ist in der SE-VO im Detail nicht geregelt. Art. 36 SE-VO verweist für die Gründer auf die nationalen Vorschriften über eine Beteiligung an der Gründung einer Tochtergesellschaft in Form einer AG. Für die Gründung der Tochter-SE selbst ist wiederum die Verweisung des Art. 15 Abs. 1 SE-VO auf das nationale Aktienrecht des Sitzstaates einschlägig. Es ist weder ein Gründungsplan noch eine Mitwirkung der Gesellschafterversammlungen der an der Gründung beteiligten Gründungsgesellschaften vorgesehen.[352] Vielmehr handelt es sich, soweit die Tochter-SE ihren Sitz in Deutschland hat, um eine klassische Bar- oder Sachgründung nach deutschem Aktienrecht. Möglich ist auch eine gemischte Bar- und Sachgründung, bei der ein Teil der Aktien gegen Bareinlagen und der andere Teil gegen Sacheinlagen übernommen werden (gemischte Einlagen). Soweit Sacheinlagen zu leisten sind, sind die besonderen Sachgründungsvorschriften des Aktienrechts zu beachten.
3.1.1 Vereinbarung eines Plans zur Gründung einer Tochter-SE