Handbuch der Europäischen Aktiengesellschaft - Societas Europaea. Hans-Peter Schwintowski
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3.1.2 Beteiligung der Arbeitnehmer nach dem SEBG
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Nach § 4 Abs. 2 SEBG haben die Leitungs- bzw. Verwaltungsorgane[354] der Gründer, soweit sie selbst oder die künftige Tochter-SE ihren Sitz in Deutschland haben,[355] unverzüglich nach Abschluss der Vereinbarung eines Plans zur Gründung einer Tochter-SE die Arbeitnehmervertretungen in ihren Gesellschaften und in ihren Tochtergesellschaften und Betrieben, soweit diese in die Tochter-SE eingebracht werden sollen,[356] über das Gründungsvorhaben zu informieren. Besteht keine Arbeitnehmervertretung, erfolgt diese Information gegenüber den Arbeitnehmern. Der Mindestinhalt der Information umfasst nach § 4 Abs. 3 SEBG:
– | die Identität und Struktur der Gründer und ihrer in die Tochter-SE einzubringenden Tochtergesellschaften und Betriebe und deren Verteilung auf die Mitgliedstaaten; |
– | die in diesen Gesellschaften und Betrieben bestehenden Arbeitnehmervertretungen; |
– | die Zahl der in diesen Gesellschaften und Betrieben jeweils beschäftigten Arbeitnehmer sowie die daraus zu errechnende Gesamtzahl der in einem Mitgliedstaat beschäftigten Arbeitnehmer; |
– | die Zahl der Arbeitnehmer, denen Mitbestimmungsrechte in den Organen dieser Gesellschaften zustehen. |
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Gleichzeitig sind die Arbeitnehmervertretungen bzw. Arbeitnehmer schriftlich aufzufordern, das besondere Verhandlungsgremium nach §§ 5 ff. SEBG zu bilden.[357] Ziel dieser Information und Aufforderung ist es, dessen Bildung möglichst kurzfristig vorzunehmen und zügig in die Verhandlungen zur Arbeitnehmerbeteiligung nach §§ 11 ff. SEBG einzutreten.[358]
3.2.1 Gründungsurkunde
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Nach Art. 15 Abs. 1 SE-VO i. V. m. § 23 AktG wird die Tochter-SE mittels notariell beurkundetem Gründungsprotokoll errichtet. Diese Gründungsurkunde ist wesentliche Grundlage der Gründung. Sie ist von einem deutschen Notar zu beurkunden.[359] Nach § 23 AktG muss die Gründungsurkunde einen bestimmten Mindestinhalt aufweisen.
3.2.1.1 Gründer
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Die Gründungsurkunde muss die Gründer der Tochter-SE namentlich ausweisen.[360] Nach § 28 AktG sind Gründer diejenigen Gesellschaften, die die Satzung in der Gründungsurkunde feststellen und Aktien der Tochter-SE übernehmen.[361] Nach § 23 Abs. 1 S. 2 AktG ist bei dem Gründungsakt eine rechtsgeschäftliche Vertretung aufgrund notariell beglaubigter Vollmacht zulässig.
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Obwohl nach deutschem Aktienrecht auch eine Einmanngründung zulässig ist,[362] ist diese Möglichkeit für die Gründung einer Tochter-SE wegen der Mehrstaatlichkeits-Anforderungen gem. Art. 2 Abs. 3 SE-VO nicht eröffnet.[363]
3.2.1.2 Übernahme der Aktien
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In der Gründungsurkunde müssen die Gründer sämtliche Aktien übernehmen. Dabei ist im einzelnen anzugeben, welche Aktien jeder Gründer übernimmt. Die Gründungsurkunde muss insoweit für jeden Gründer bei Nennbetragsaktien den Nennbetrag der Aktien und bei Stückaktien die Zahl der Aktien sowie den Ausgabebetrag und – im Falle mehrerer Gattungen – die Aktiengattung spezifizieren.[364]
3.2.1.3 Einzahlung der Einlagen
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Da zum Zeitpunkt der Errichtung der Gründungsurkunde regelmäßig noch keine Einzahlungen auf das Grundkapital erfolgt sind, sollte in der Gründungsurkunde festgelegt werden, wann und in welchem Umfang die übernommenen Einlagen zu zahlen sind.[365] Der entsprechende Einzahlungsnachweis ist bei der Anmeldung der Gesellschaft beizufügen.
3.2.1.4 Feststellung der Satzung
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Im Rahmen der Gründungsurkunde wird die Satzung der Tochter-SE festgestellt und beurkundet. Sie ist das Kernstück der Gründungsurkunde. Neben dem in § 23 Abs. 3, 4 AktG normierten Mindestinhalt muss sie jeden einem einzelnen Aktionär oder einem Dritten eingeräumten Sondervorteil[366] und den von der Gesellschaft zu tragenden Gründungsaufwand[367] ausweisen.
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Soweit eine Sachgründung vorliegt, müssen in der Satzung nach § 27 Abs. 1 AktG zusätzlich der Gegenstand der Sacheinlage, die Person des Gründers, der die Sacheinlage leistet, und der Nennbetrag bzw. die Zahl der dafür zu gewährenden Aktien festgesetzt werden.
3.2.2 Bestellung der Organmitglieder und des Abschlussprüfers
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Da die Tochter-SE neu gegründet wird, sind die Mitglieder des ersten Aufsichtsrats der dualistisch strukturierten SE bzw. des ersten Verwaltungsrats der monistisch strukturierten SE zu bestellen. Den ersten Aufsichtsrat bzw. Verwaltungsrat haben nach Art. 15 Abs. 1 SE-VO i. V. m. § 30 Abs. 1 AktG[368] die Gründer zu bestellen. Nach Art. 40 Abs. 2 S. 2, 43 Abs. 3 S. 2 SE-VO können sie diese Bestellung durch die Satzung vornehmen; in diesem Zusammenhang kann hiermit nur die Gründungsurkunde[369] gemeint sein. Die Organbestellung in die Gründungsurkunde aufzunehmen, ist zwar nicht notwendig, aber – im Hinblick auf das Beurkundungserfordernis des § 30 Abs. 1 S. 2 AktG[370] – jedenfalls zweckmäßig. Die Vorschriften der §§ 30 Abs. 3, 31 AktG finden auf die SE keine – auch keine entsprechende – Anwendung.[371] Soweit zum Zeitpunkt der Gründung die Verhandlungen über die Arbeitnehmerbeteiligung noch nicht abgeschlossen sind, wird der erste Aufsichtsrat bzw. Verwaltungsrat konsequenterweise noch ohne Arbeitnehmervertreter in Übereinstimmung mit den satzungsmäßigen Vorgaben zusammengesetzt;[372] falls diese Verhandlungen ein Mitbestimmungsmodell zum Ergebnis haben, hat nach Eintragung der SE eine Bekanntmachung nach § 97 Abs. 1 AktG bzw. § 25 Abs. 1 SEAG zu erfolgen und ist der Aufsichtsrat bzw. Verwaltungsrat nach §§ 97 ff. AktG bzw. §§ 25 ff. SEAG – gegebenenfalls im Rahmen eines gerichtlichen Statusverfahrens – neu zu besetzen. Soweit zum Zeitpunkt der Gründung die Verhandlungen über die Arbeitnehmerbeteiligung bereits abgeschlossen sind, kann schon der erste Aufsichtsrat bzw. Verwaltungsrat entsprechend dem Verhandlungsergebnis zusammengesetzt werden, wobei die Arbeitnehmervertreter erst nach Eintragung der SE hinzu gewählt werden.[373]
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Im Anschluss an die Bestellung des ersten Aufsichtsrats